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Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Januar 2006, Seite 4

Folter und Krieg

Deutschland ist dabei

von CHRISTOPH JÜNKE

Wir foltern nicht», sagt der christliche Präsident der USA, George Bush. Wer‘s glaubt, wird selig. Ist Bush also ein Lügner? Nicht unbedingt. Seit vielen Jahren versuchen gerade führende US-Ideologen, die international geltenden Definitionen dessen, was als Folter zu verstehen ist, aufzuweichen und nur noch als illegitim anzusehen, was Menschen «schwer» oder «dauerhaft» verletzt oder entwürdigt. So wird, was dem einen ein Akt von Folter, dem anderen die beste Form im «Krieg gegen Terror». Rechtsfragen sind eben auch Machtfragen. Doch Fakt bleibt: Sei es Amnesty International, sei es das Rote Kreuz oder Human Rights Watch, sie alle sind zum Schluss gekommen, dass die USA die UN-Konvention gegen Folter wie die Genfer Konventionen über die Behandlung von Kriegsgefangenen verletzen.
«Wir», d.h. Deutschland, beteiligen uns nicht am Krieg der USA, sagen unsere Regierenden. Auch dies ist eine Frage der Definition. Doch nun wurden sie ertappt. Die US-Krieger benutzen für ihre Kriegsstrategien nicht nur seit langem Militärflughäfen in Frankfurt, Berlin und Ramstein, sie benutzen diese Militärflughäfen auch für ihre Geheimflüge, mit denen sie Terrorverdächtige von einem Land ins andere, von einem geheimen Sondergefängnis ins andere bringen, um sie dort auf eine Weise zu verhören, wie es ihnen die US-Behörden nicht erlauben würden. Gelegentlich wurden so auch Menschen mit einem deutschen Pass «entführt». Ex-Innenminister Schily hat nun eingeräumt, dass er von dieser Praxis wusste, und sich als Staatsmann a.D. profiliert, denn Schröder und Fischer hat er damit, mehr oder weniger gekonnt, aus dem Schussfeld gezogen. Doch auch hier gilt: Wer‘s glaubt, wird selig.
Wer nicht für uns ist, ist gegen uns, sagte US-Präsident Bush nach dem 11.September. Umgekehrt wird ein Schuh draus. Wer nicht aktiv gegen den Krieg ist, ist faktisch für ihn. Das gilt für Deutschlands Antikriegsposition heute mehr denn je. Sie war schon bald nach Schröders und Fischers Nein zum Irakkrieg nachhaltig aufgeweicht. Zunehmend halten «wir» den US-Truppen ihr unruhiges Hinterland frei, damit sie den vermeintlichen Stier bei seinen vermeintlichen Hörnern packen können. Über 20 Tote in Afghanistan, die erste entführte Deutsche im Irak — das sind nur die Anfänge einer zunehmenden Verstrickung.
Konsequenz: wer aktiv gegen den Krieg sein möchte, kommt nicht darum herum, Deutschlands noch immer bestehende Mitgliedschaft in der Gemeinschaft des «Kriegs gegen den Terror» zu kündigen, den US-Amerikanern die Nutzungsrechte ihrer Militärflughäfen zu untersagen und seine eigenen Hilfstruppen aus den Brandherden des Kriegs gegen den Terror, d.h. vom Balkan, vom Horn von Afrika und aus Afghanistan zurückzuziehen. Es wird schließlich auch keine Neuformierung der deutschen Linken geben, wenn Linke meinen, sich vor dem Kampf für eine radikale Entmilitarisierung drücken oder den herrschenden «Krieg gegen den Terror» gar «zivilisatorisch» unterstützen zu können

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