SoZ - Sozialistische Zeitung |
Von AEG Nürnberg bis Gate Gourmet in Düsseldorf, von Philips Aachen
bis zur Telekom und dem öffentlichen Dienst: Es kommt was in Bewegung in diesem Land. Die Zuspitzung
der sozialen und gewerkschaftlichen Kämpfe hat eine gemeinsame Ursache. Sie liegt in der Politik von
Kapital und Regierung, welche die Menschen zunehmend als reaktionär erkennen. Gegen diese neoliberale
Politik, bei der nur noch Kosten, Profit und Renditeerhöhung zählen, formiert sich Widerstand.
Kapital und Kabinett verordnen immer wieder
dieselben Rezepte. Lohnsenkung, Arbeitszeitverlängerung, Rentenkürzung und Hartz IV. Im Ergebnis
hat diese Politik eine Massenarbeitslosigkeit von über fünf Millionen Menschen zu verantworten.
Lohnzurückhaltung und die Senkung der Sozialausgaben bei Bund, Ländern und Gemeinden haben zu
einem dramatischen Rückgang der Massenkaufkraft geführt. In dieser Situation wollen die
Arbeitgeber im öffentlichen Dienst ihre Haushalte durch weitere Stellenstreichungen sanieren. Dabei
bedienen sie sich der Argumente der Arbeitgeberverbände, denen die Verkürzung der Arbeitszeit
seit jeher ein Dorn im Auge war.
Durch den Generalangriff der
öffentlichen Arbeitgeber, die Arbeitszeit von 38,5 Stunden auf 40 bis 42 Stunden erhöhen zu
wollen, rückt die Arbeitszeit erneut in den Mittelpunkt gewerkschaftlichen Handelns. Dabei ist die
Ausgangsbedingung für eine breite Streikbewegung im öffentlichen Dienst kompliziert. Während
die Beschäftigten der Kommunen in NRW noch in der «Friedenspflicht» sind, stehen die
kommunalen Beschäftigten in Baden-Württemberg schon im Streik. Das hängt damit zusammen,
dass der Kommunale Arbeitgeberverband in Nordrhein-Westfalen die Arbeitszeitbestimmungen (noch) nicht
gekündigt hat. Was auf den ersten Blick wie ein Nachteil aussieht, führt jedoch gleichzeitig zu
einer Streiktaktik, die flexibel und erfolgreich ist.
Seit dem Jahre 2001 nicht mehr in der
Friedenpflicht sind hingegen die sechs Universitätskliniken in NRW. Das Land NRW gliederte sie aus und
flüchtete aus dem Tarifvertrag. Was lange gärt, wird endlich Wut: alle sechs
Universitätskliniken in NRW sind seit dem 13.Februar im Streik. Das Urabstimmungsergebnis war
eindeutig. Die Streikbeteiligung nimmt täglich zu und die Gewerkschaft Ver.di verzeichnet
Masseneintritte. «Zum Verzichten brauche ich keine Gewerkschaft» war in den letzten Jahren des
öfteren zu hören zum Kämpfen aber eben doch.
Nein, der derzeitige Arbeitskampf im
öffentlichen Dienst ist keines der in der Vergangenheit üblichen Tarifrituale. Es geht auch
nicht, wie von den in solchen Fällen weitgehend gleichgeschalteten Medien behauptet, um 18 Minuten am
Tag. Zigtausend Arbeitsplätze stehen durch die unbezahlte Mehrarbeit auf dem Spiel. Allein in den
Kommunen sind es fast 20000 Stellen. Und es geht auch um die Macht im Staat. Können Politiker und
Unternehmer selbstherrlich und ungestraft ein Tarifdiktat verordnen? Oder können die Gewerkschaften
Gegenmacht entwickeln?
Die Arbeitgeber und ihre Verbündeten
führen die Auseinandersetzung mit harten Bandagen. Nicht nur Bild hetzt: «Was soll der Müll,
Herr Bsirske?», und lässt Arbeitslose erklären, sie würden nur allzu gerne 15 Stunden
am Tag arbeiten. Doch damit nicht genug. Öffentliche Arbeitgeber nutzen alle legalen und illegalen
Möglichkeiten, um die Streiks zu sabotieren. So werden ABMler, Leiharbeiter und selbst 1-Euro-
Kräfte zum Streikbruch mobilisiert. Im niedersächsischen Osnabrück prügelten Polizisten
dem mit Streikbrechern besetzten Müllwagen den Weg frei.
Deshalb wird der Kampf im öffentlichen
Dienst nicht nur gegen Arbeitszeitverlängerung und gegen Lohn und Sozialabbau geführt. Es geht
auch um die Selbstachtung der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften. Dabei muss es zu einer weiteren
Politisierung der Gewerkschaften kommen. Ob Rente mit 67 oder Hartz lV und die Willkür der
Arbeitsagenturen: Die sozialen und politischen Kämpfe müssen zusammengeführt und
gebündelt werden. Deshalb brauchen wir ein DGB-Aktionsprogramm des Widerstandes, um den Akteuren in
den Parlamenten und Nebenparlamenten deutlich zu machen, dass wir eine Wirtschaftsordnung wollen, in der
der Mensch im Mittelpunkt steht.
Informationen und Meinungen sollten keine Waren sein. Und Geld ist ein Fetisch.
Dennoch und ganz praktisch: Die Online-SoZ sieht nur umsonst aus. Wir brauchen Eure Euros.
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