SoZ - Sozialistische Zeitung |
Zivilgesellschaftliche Organisationen aus beiden Kontinenten geben sich vom
10. bis 13.Mai 2006 in Wien ein Stelldichein, bei dem ein "Tribunal der Völker" gegen
europäische transnationale Unternehmungen ebenso geplant ist wie fünf Foren und 40 Seminare, ein
reichhaltiges Kulturprogramm und eine Podiumsdiskussion mit Hugo Chávez und Evo Morales.
Im Rahmen der EU-Präsidentschaft Österreichs findet am 12.Mai 2006 das 4.Gipfeltreffen
der Staats- und Regierungschefs Lateinamerikas und der Karibik mit ihren Amtskollegen aus der EU. Etwa 60
Präsidenten und Premiers werden anreisen. Ein Grund zum Feiern? Keineswegs!
Entgegen allen schönen Worten des
ersten Entwurfs der offiziellen Schlusserklärung soll bei diesem offiziellen Gipfel keine
"Partnerschaft" gestärkt, sondern die Abhängigkeit des südlichen Teils des
amerikanischen Kontinents von der EU fortgeschrieben werden. Beispiele dafür sind die Bemühungen
der EU bei dem Wiener Präsidentengipfel, die multilateralen Verträge zwischen der EU und
Zentralamerika und der EU und den Andenstaaten voranzutreiben, nachdem der Verhandlungsprozess eines
Abkommens zwischen der EU und dem MERCOSUR in Stocken geraten ist. Die bereits bestehenden Abkommen
zwischen der EU und Mexiko sowie zwischen der EU und den AKP-Staaten der Karibik zeigen nur allzu deutlich,
dass die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen den beiden Kontinenten in einem hohen Ausmaß von
den internationalen Konzernen bestimmt werden.
Diese sind nicht nur in Lateinamerika,
sondern auch in Europa für eine Entwicklung verantwortlich, die die Bevölkerungsmehrheiten immer
mehr belastet und zu immer größeren Kapitalkonzentrationen führt. Fast ist es schon zur
Regel geworden: je mehr Beschäftigten ein Konzern kündigt, desto höher steigen seine Aktien
an den Börsen. Nur wenige wissen, dass europäische Firmen größere Nutznießer der
seit den 90er Jahren über ganz Lateinamerika hereingebrochenen Privatisierungswelle sind als US-
Firmen.
Aus diesem Grund haben sich Dutzende
zivilgesellschaftliche und globalisierungskritische Organisationen und Netzwerke aus Lateinamerika und
Europa zusammengetan, um die Wunden, Missstände und Ungerechtigkeiten in den Wirtschafts- und
Handelsbeziehungen zwischen Europa und Lateinamerika offen zu legen und andere, gerechtere Beziehungsformen
aufzuzeigen.
Ein Koordinationskomitee, bestehend aus den
wichtigsten Organisationen der Kampagne gegen die lateinamerikanische Freihandelszone ALCA und den mit
Lateinamerika befassten Organisationen innerhalb des Europäischen Sozialforums, das sich
ursprünglich beim letzten Präsidentengipfel 2002 in Guadalajara, Mexiko gebildet hat, bereitet
deshalb unter dem Namen Enlazando Alternativas (Alternativen verknüpfen) den sog.
"Alternativengipfel Lateinamerika/Karibik und Europa" vor. Vom 10. bis 13.Mai wird ein
internationales Forum mit Vertretern von sozialen Netzwerken sowie mit Kulturschaffenden und
Wissenschaftern aus beiden Kontinenten ebenso stattfinden wie ein Tribunal, das die menschenverachtenden
Praktiken von europäischen transnationalen Unternehmen aufzeigen soll, die in Lateinamerika tätig
sind.
Einer der Höhepunkte des
"Alternativengipfels" wird eine öffentliche Veranstaltung sein, bei der u.a. die
Präsidenten Hugo Chávez von Venezuela und Evo Morales von Bolivien aufgefordert werden, die
Anliegen der versammelten zivilgesellschaftlichen Netzwerke während des Präsidentengipfels
einzubringen. Ein reichhaltiges Kulturprogramm soll schließlich zeigen, wie in den transatlantischen
Beziehungen nicht die an Profiten orientierte Wirtschaft, sondern die Menschen in den Mittelpunkt
gerückt werden können.
Leo Gabriel
Informationen und Meinungen sollten keine Waren sein. Und Geld ist ein Fetisch.
Dennoch und ganz praktisch: Die Online-SoZ sieht nur umsonst aus. Wir brauchen Eure Euros.
Spendet steuerlich abzugsfähig!
VsP, Postbank Köln, BLZ 370100 50,
Kontonummer 603 95 04