SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Mai 2006, Seite 04

BND-Affären

Eine unendliche Geschichte?

von HANS PEIFFER

Seit mehr als vier Jahren ist der deutsch-türkische Staatsbürger Murat Kurnaz im US-Gefangenenlager Guantánamo den üblichen Schikanen und Folter ausgesetzt. Kurnaz wurde 2001 in Pakistan festgenommen und Anfang 2002 in das berüchtigte Lager überstellt. Aus den Unterlagen des Geheimdienstes CIA und des BND geht hervor, dass den Behörden schon 2002 die Unschuld von Murat Kurnaz bekannt war. Er ist noch immer in US-Haft, die Verantwortung dafür liegt allein bei den deutschen Geheimdiensten und der Berliner Regierung. Im November 2002 beabsichtigten die US- Behörden die Rückführung von Kurnaz. Der damalige BND-Boss August Hanning, heute Staatssekretär im Innenministerium, hatte massiv interveniert und die Verfassungsschützer ließen den CIA wissen, dass "aus deutscher Sicht" kein Interesse an einer Rückführung bestehe.
Bei ihrem jüngsten USA-Besuch soll Frau Merkel bei George W. Bush den Fall angesprochen und die deutsche Botschaft gebeten haben, sich für eine Freilassung einzusetzen. Das ist lächerlich! Seit wann bittet eine Regierungschefin die eigene Botschaft? Sie hätte anweisen müssen. Genau so lachhaft ist der Einwand des Grünen Christian Ströbele, der nicht ausschließen will, dass 2002 für die rot-grüne Regierung ernstzunehmende juristische Gründe bestanden, die gegen eine Rückführung von Kurnaz sprachen. Die wirklichen Hintergründe der menschenverachtenden und illegalen Praktiken der Geheimdienste, deren Opfer jeder Bürger werden kann, wird auch der Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der BND und CIA-Aktivitäten nicht klären, noch vergleichbares in Zukunft verhindern.
Immer wieder beschäftigen Vorgänge um die "Dienste" die Öffentlichkeit. Der jüngste Fall: Gegen einen Mann wird in der BRD wegen des Verdachts auf Unterstützung einer terroristischen Vereinigung ermittelt. Sein Schwager, ein deutscher Lehrer, unternimmt eine Reise nach Syrien. Überraschenderweise wird er dort für 14 Tage ins Gefängnis gesteckt. Das BKA hatte seine Reisedaten an die syrischen Behörden weiter geleitet. Bis jetzt gibt es zu diesem Fall keine Stellungnahme des BKA.
Die Geheimdienste sind mächtige Apparate, die unabhängig und bar jeglicher Kontrolle operieren, Staat im Staat. Sie stellen eine Gefahr für die politische Kultur und Demokratie dar. Zunehmend bestimmen sie politische Prozesse, beeinflussen Entscheidungen über Krieg und Frieden. Daran ändert auch das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) nichts. Das sind ein paar Gurus der Parlamentsparteien, die zudem noch als Geheimniskrämer agieren. Die Wahrheit ist nicht für alle Abgeordneten da, für das Volk schon gar nicht. Weg mit Geheimdiplomatie und Geheimdiensten! Der Sumpf muss trocken gelegt werden. Die Geheimdienste der BRD sind ersatzlos aufzulösen, geheimdienstliche Tätigkeiten auf dem Boden der Bundesrepublik muss verboten werden, das gilt auch für die deutschen diplomatischen Vertretungen.

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