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Körperverletzung und Beamtenbeleidigung wirft die Staatsanwaltschaft
München 1 dem langjährigen Friedensaktivisten (und gelegentlichen SoZ-Autor) Tobias Pflüger
vor. Nichts Neues für den parteilosen Abgeordneten, der im Juni 2004 auf der Liste der Linkspartei ins
Europaparlament gewählt wurde: Schon fast rituell ermittelt diese Staatsanwaltschaft gegen ihn.
Beinahe jedes Jahr, wenn er im Februar an
den Protesten gegen die NATO-Sicherheitstagung in München teilgenommen hat, leitet sie ein
Ermittlungsverfahren ein. Und sie ermittelt bisher ohne Erfolg: Einmal kam es zu einem Freispruch, in zwei
anderen Fällen wurden die Ermittlungen eingestellt.
Um gegen Pflüger auch in diesem Jahr
vorgehen zu können, hat die Staatsanwaltschaft über das Bundesjustizministerium die Aufhebung der
Immunität des EU-Abgeordneten erwirkt. Ein geschickter Schachzug, denn die Immunität von
Abgeordneten ist seit jeher eine umstrittene Angelegenheit, weil sie häufig missbraucht wird. In der
Vergangenheit haben FDP-Minister und CSU-Politiker ihre Immunität benutzt, um sich Strafverfolgungen
wegen Bestechung und Verkehrsdelikten zu entziehen.
Aber bei Tobias Pflüger liegt der Fall
anders. Die Mehrheit der Europaparlamentarier stimmte am 16.Mai dem Bericht des Abgeordneten Francesco
Speroni, Mitglied der rechtspopulistischen Lega Nord, zu, Pflügers Immunität aufzuheben.
"Weder im Sachverhalt der bestrittenen
Straftat noch im Verfahren der zuständigen Behörden lassen sich … Hinweise erkennen, die
die Vermutung stützen würden, es liege eine mögliche Strafverfolgungsabsicht oder eine
Verbissenheit der Justiz gegenüber seiner Person vor", schlussfolgerte der Berichterstatter des
Rechtsausschusses.
Dabei waren dem Rechtsausschuss die vielen
Versuche der Münchner Staatsanwaltschaft durchaus bekannt, Pflüger anlässlich seiner
prominenten Teilnahme am Protest gegen die NATO-Sicherheitskonferenz zu kriminalisieren. Dennoch folgten
auch die Grünen und Sozialdemokraten im Europaparlament mehrheitlich der Auffassung des
Berichterstatters von der Lega Nord. "Tendenziöse Verfolgung" durch die
Ermittlungsbehörden liege im Fall Pflüger nicht vor. Dabei gibt es auch in diesen Kreisen
Abgeordnete, die es "politisch auffällig" finden, dass die Anträge auf Strafverfolgung
sechs Monate nach der NATO-Sicherheitskonferenz erfolgten.
Tobias Pflüger ist ein unbequemer
Zeitgenosse in der Stadt München, wenn er die NATO-Sicherheitskonferenz geißelt, wo
Militärs, Rüstungslobbyisten und Politiker Geschäfte verabreden und Kriegsstrategien
austüfteln, oder im EU-Parlament, wenn er gegen die EU-Verteidigungsagentur, den Kongo-Einsatz und die
EU-Kampftruppen argumentiert. Allesamt sind dies Projekte, die auch von Grünen und Sozialdemokraten
mitgetragen werden, weil auch sie die EU nicht nur als wirtschaftliche, sondern auch militärische
Weltmacht entwickeln wollen.
Dass nun seine Immunität aufgehoben
worden ist, sieht er selbst als Akt gegen "missliebige Auffassungen". Ein Paradigmenwechsel habe
im Europaparlament stattgefunden, denn bisher habe es "in der Grundtendenz die Immunität von
Mitgliedern des Europäischen Parlaments in politischen Angelegenheiten nicht" aufgehoben.
"Die Aushöhlung von Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Deutschland und der EU geht immer
weiter, da ist dieser Fall nur einer von vielen", sagt er und kündigt an, auch im nächsten
Jahr wieder mit gegen die NATO-Sicherheitskonferenz zu protestieren. Und dem Gerichtsverfahren sehe er
gelassen entgegen, denn er habe sich nichts vorzuwerfen.
Gerhard Klas
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