SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Juni 2006, Seite 04

Steinbrücks Steuerreform

Kontinuitäten

von ROLF EULER

Das Kabinett Merkel-Müntefering hat die Steuerreform 2007 beschlossen. Die vor der Wahl "Merkel-Steuer" genannte Mehrwertsteuer steigt von 16 auf 19%. Die Lohnsteuerzahler werden stärker zur Kasse gebeten, Sparerfreibeträge und die Absetzbarkeit von Fahrtkosten werden gesenkt. Das Defizit in den öffentlichen Kassen soll damit aber nicht abgebaut werden, sondern es wird Spielraum geschaffen für eine weitere Unternehmensteuerreform, die spätestens ab 2008 eine erneute Senkung der Steuersätze für Kapitalgesellschaften bringen soll. Finanzminister Steinbrück setzt also konsequent die steuerliche Umverteilung von unten nach oben fort, die unter Kohl und Schröder ständig zu sinkenden Belastungen der Unternehmen, massiven Gewinnsteigerungen und Arbeitsplatzvernichtung beigetragen hat.
Selbstverständlich hat die SPD im Wahlkampf mehrere der Argumente, die gegen eine Mehrwertsteuererhöhung sprechen, selber vorgebracht.
Selbstverständlich trifft die Erhöhung der Mehrwertsteuer vor allem diejenigen, deren Einkommen zum größten Teil für Konsumzwecke ausgegeben werden muss, die also kaum Geld anlegen können. Insbesondere Rentnerinnen und Rentner, Geringverdienende, Arbeitslose und Studierende müssen die Steuererhöhung tragen, deren Einkommen in den letzten Jahren sowieso nicht gestiegen ist. Und insbesondere Unternehmer und Gutverdienende können sich den steigenden Steuersatz auf Konsum leisten, während ihr Vermögen und ihre Aktien ungeschoren bleiben.
Selbstverständlich sinkt erneut die Binnennachfrage — was immer das für die wirtschaftliche Entwicklung bedeuten mag.
Und selbstverständlich gelten diese Argumente weiter. Doch das Kapital hat sich durchgesetzt, und von "Gerechtigkeit" und "Umverteilung" redet nur noch ein kleiner Teil der SPD-Basis, die sich schon einen Politiker wie Clement vor die Nase gewählt hat.
Die politische Wirkung wird von den Medien und der Öffentlichkeit erneut verdrängt. Es geht dabei nicht nur darum, dass den Menschen 20, 30, 40 Euro mehr im Monat fehlen — was für Hartz-IV-Empfänger oder in Niedriglohnbereichen zu weiterer Verarmung beiträgt —, sondern dass die Politik in Berlin sich über alle Bestrebungen hinwegsetzt, die Verhältnisse zugunsten der Beschäftigten zu ändern. Stattdessen werden den Unternehmen weitere Steuergeschenke ankündigt und für längere Arbeitszeiten im öffentlichen Dienst gesorgt. Und schließlich werden — nur ein Beispiel — die Betriebsprüfungen in Konzernen so lasch gehandhabt, dass rund ein Drittel aller Gewinne gar nicht versteuert werden.
Müntefering und Merkel steuern eine weitere Koalition der Umverteilung und Verachtung großer Teile der Bevölkerung, und Wahlen haben daran bisher nichts Wesentliches geändert. Es wird Zeit, dass sich was dreht.

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