SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Juni 2006, Seite 11

Interview mit Edith Bartelmus-Scholich

"Das Projekt WASG ist gefährdet

Edith Bartelmus-Scholich ist Landesvorstandsmitglied der WASG-Nordrhein- Westfalen und Mitorganisatorin des netzwerk-linke- opposition.

Du hast nach dem WASG-Bundesparteitag davon gesprochen, dass sich der Charakter der Partei nun gewandelt hat. Was meinst du damit?

Die WASG sollte eine Sammlungsbewegung aller Gegnerinnen und Gegner neoliberaler Politik wie Agenda 2010 und Hartz-Gesetze sein. Ganz ausdrücklich sollte sie sich ebenso auf die neuen sozialen Bewegungen wie auf die Gewerkschaften beziehen. Sie sollte offen für alle demokratischen Linken, also auch für Sozialisten und Kommunisten sein. Eine solche pluralistische Partei ist auch notwendig, um die Kräfte gegen den Neoliberalismus zu bündeln und die unterschiedlichen Ansprüche von Erwerbstätigen und Erwerbslosen aufzunehmen. Dabei wird es immer auch unterschiedliche Auffassungen zu vielen Fragen geben. Diese Unterschiede müssen alle aushalten.
Es ist deswegen verderblich, in einer solchen Partei mit administrativen Mitteln gegen andere politische Auffassungen vorzugehen. Von Oskar Lafontaine und der Bundesvorstandsmehrheit wurde unter der Parole "Klarheit statt Einheit" operiert. Ohne Kompromisse auszuloten wurden Maximalforderungen mit denkbar knapper Mehrheit durchgesetzt. Gleichzeitig wurde deutlich gemacht, dass, wer die Linie nicht mittragen wolle, die Partei doch verlassen möge.
Dazu passt, dass Lafontaine in seiner Rede die Forderungen der Gewerkschaften in den Mittelpunkt stellte und stark auf den Parlamentarismus orientierte. Am Ende des Parteitags zeichneten sich die Konturen einer linkssozialdemokratischen Partei klassischen Typs ab. Dies schlug sich auch in den Personalentscheidungen nieder. Ausgeschieden aus dem Bundesvorstand sind Vertretern der sozialen Bewegungen und der gesellschaftlichen Linken, nachgewählt wurden überwiegend hauptamtliche Gewerkschafter.

Du warst mit an der Organisation des Kasseler Ratschlages beteiligt, auf dem sich vor wenigen Tagen eine organisierte linke Opposition in der WASG gebildet hat. Worum geht es und welche Ziele verfolgt ihr damit?

Durch die Beschlüsse in Ludwigshafen und den Stil, in dem sie durchgedrückt wurden, sieht eine große Minderheit in der WASG das Projekt einer demokratischen, pluralistischen WASG und einer zukünftigen pluralistischen Linken gefährdet. In Kassel haben sich WASG-Mitglieder getroffen, die dieses Konzept nicht einfach aufgeben wollen. Sie haben beraten, wie wir gemeinsam doch noch zu einer Partei kommen, die allen Gegnern neoliberaler Politik Raum bietet, die die Forderungen der neuen sozialen Bewegungen und der Gewerkschaften gleichermaßen aufnimmt und in der auch systemsprengende Ansätze Platz finden. Natürlich gab es auch ein Bedürfnis angesichts der in der WASG bestehenden Demokratiedefizite über Möglichkeiten zu sprechen, mehr Transparenz und innerparteiliche Demokratie herzustellen. Die Arbeitsgruppe zu diesem Thema wurde von mehr als 50 Teilnehmenden besucht.

In welchem Verhältnis steht diese Gründung zur Gründung einer Antikapitalistischen Linken in der LPDS?

Den Aufruf "Für eine antikapitalistische Linke" haben auch viele WASG-Mitglieder, die in Kassel dabei waren, unterzeichnet. Vor allem in NRW gibt es seit Sommer letzten Jahres eine gute Zusammenarbeit von WASG-Linken mit Linken aus der LPDS. In Kassel haben Funktionsträger der Linkspartei im Eröffnungspodium und in Arbeitsgruppen Beiträge gehalten, die viel Zustimmung fanden. Die Konferenz hat einstimmig beschlossen, das Treffen der antikapitalistischen Linken der LPDS am 10.Juni zu unterstützen und die Zusammenarbeit mit den Linken in der LPDS auszubauen.

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