SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Juni 2006, Seite 19

Gegenmacht und Übergang

Aller guten Dinge sind drei

Unter dem Thema "Gegenmacht schaffen" fand so nach Marburg und Frankfurt am Main am 13.Mai 2006 im Leipziger Liebknechthaus eine weitere Konferenz zum 100.Geburtstag des marxistischen Sozialisten und Kommunisten Wolfgang Abendroth statt, dem wohl strategisch klügsten politischen Denker der marxistischen Linken in Deutschland nach Rosa Luxemburg.
Ausgangspunkt und roter Faden der Debatte war das Konzept einer auf progressive Gesellschaftsveränderung gerichteten wissenschaftlichen Politik. Dabei gehe es insbesondere darum, die Kluft zwischen gesellschaftlicher Wirklichkeit und gesellschaftlicher Möglichkeit zu überbrücken, Gegenmacht gegen die kapitalistischen Produktionsverhältnisse zu entfalten, um diese Verhältnisse einzuschränken und am Ende die Möglichkeit sozialistischer Gesellschaft zu verwirklichen — es galt "das jeweils der Situation angepasste Kettenglied zu ergreifen und dazu anzuhalten, aus der Verteidigung gegenwärtiger Positionen die Möglichkeiten der Vorbereitung einer Offensive zu entwickeln" (Abendroth).
"Theorien der Hoffnungslosigkeit" hielt Abendroth stets für verfehlt. Einheitsfrontpolitik bedeutete für ihn, der sich niemals auf Spontaneität verließ, Parteibildung der Arbeiterklasse selbst.
Abendroth war Theoretiker und Klassenkämpfer. Wie die Referenten deutlich machten, warnte er vor einer praxisfernen Übertheoretisierung des Marxismus, steht aber vor allem für die Position, dass es nichts Praktischeres gibt als eine gute Theorie.
Friedrich-Martin Balzer berichtete darüber, wie Wolfgang Abendroth mit dem griechischen Widerstand zusammenarbeitete und sich ihm angeschlossen hat. Peter Römer wandte sich gegen die Tendenz nicht zuletzt von Vertretern der LPDS, Abendroth für illusionäre Politikkonzepte zu vereinnahmen. Es bestehe die Gefahr, dass er so das gleiche Schicksal erleiden könne, wie einst Rosa Luxemburg. Einer Uminterpretation abendrothscher "Sozialstaatsauffassung" zur Stabilisierung kapitalistischer Verhältnisse unter Umgehung der Eigentumsfrage müsse entgegengetreten werden.
Ekkehard Lieberam unterbreitete einen Acht- Punkte-Vorschlag für die Diskussion, das Gegenmachtkonzept Abendroths als programmatisches, d.h. handlungsorientierendes Transformationskonzept zu fassen. Damit waren auch Anknüpfungspunkte für Ingo Wagner gegeben, der sich mit dem Problem eines zeitgemäßen Übergangsprogramms beschäftigte.
Die Debatte zu den Vorträgen war offenherzig, engagiert und zielgerichtet. Gerade die Übergangsproblematik, zu der auch Michael Mäde, Wolfram Triller und Dieter Götze sprachen, löste eine lebhafte Debatte aus.

Herbert Münchow

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