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Die vom UN-
Sicherheitsrat verabschiedete Resolution 1701 organisiert die Nachkriegsphase im Libanon und setzt die
einseitige Parteinahme fort.
Für die Tätigkeit der UNO war der
Libanon in den letzten Jahren ein privilegiertes Terrain. Das Ende des sehr spezifischen Systems des
"Gleichgewichts der Kräfte", das sich die beiden Supermächte seit dem Beginn des Kalten
Krieges bis 1990 gegenseitig aufgezwungen hatten, hat dies noch begünstigt. Die 2004 zum Libanon
verabschiedete Resolution 1559 des UN-Sicherheitsrats stellt eine krasse Verletzung der UNO-Charta und ein
Monument der Heuchelei dar.
Sie bekennt sich zur Souveränität
des Libanon und mischt sich zugleich in dessen innere Angelegenheiten; dabei verstößt sie gegen
Artikel 2 Absatz 7 der UNO-Charta. Diese verbietet jede Einmischung "in Angelegenheiten, die im
Wesentlichen in die nationale Kompetenz eines Staates fallen". Es braucht schon eine gewaltige Dosis
Naivität, um auch nur einen Augenblick zu glauben, die ständigen Mitglieder im Sicherheitsrat
bekennten sich zu einer anderen Sicherheit und Souveränität als der eigenen. Die Resolution 1559
steht offensichtlich im Zusammenhang mit dem Vorgehen der USA gegen den Iran unmittelbar nach der Besetzung
des Irak und richtet sich gegen zwei Verbündete Teherans: das syrische Regime und die Hizbollah
dass sie 2004 verabschiedet wurde, ist kein Zufall.
Die Resolution 1706 vom 11.August 2006
steht ebenso offensichtlich im selben Zusammenhang. Ihre Ungerechtigkeit springt ins Auge: sie sieht von
jeder Verurteilung der kriminellen Aggression Israels ab und verweist nur auf "den Angriff der
Hizbollah gegen Israel" und die "Feindseligkeiten im Libanon und in Israel [sic]". Sie ist
offenkundig heuchlerisch, wenn sie von Israel die Einstellung seiner "offensiven militärischen
Operationen" verlangt, ohne auch nur die Aufhebung der israelischen Blockade gegen den Libanon zu
fordern als ob eine Blockade keine außerordentlich offensive militärische Operation sei.
Offenkundig ungerecht ist ebenso, dass von
der neuen UNIFIL die bemerkenswerterweise nur auf dem Gebiet des besetzten Landes stationiert wird
verlangt wird zu verhindern, dass es in ihrer Aufmarschzone "zu Feindseligkeiten gleich welcher
Art" kommt. Die Resolution 1701 sagt kein Wort über den Schutz des libanesischen Territoriums vor
der wiederholten Aggression Israels, das 18 Jahre lang Besatzungsmacht im Libanon war (nicht zu reden von
dem libanesischen Teil des seit 1967 besetzten Gebiets).
Um sich ein Bild von der Art und Weise zu
machen, wie das UNIFIL-Mandat konzipiert ist, braucht man nur das Interview lesen, das Jean-Marie
Guéhenno, Chef der UNO-Operationen zur Bewahrung des Friedens, der Tageszeitung Le Monde (31.8.2006)
gab. Ein Kommentar erübrigt sich:
"Könnten Sie Gewalt gegen die
Hizbollah anwenden müssen?"
"Wir können gezwungen sein, dies
gegen jedes Elements zu tun, das unsere Bewegungsfreiheit behindert oder eine Bedrohung für die
Bevölkerung oder den Frieden darstellt..."
"Was würde die UNIFIL im Falle
eines Überfalls der israelischen Armee auf den Libanon tun?"
"Leider hat es seit der Einstellung
der Feindseligkeiten mehr israelische Verstöße gegeben als Verstöße von bewaffneten
libanesischen Elementen..."
"Könnten Sie gezwungen sein, in
einem solchen Fall Gewalt gegen Israel anzuwenden?"
"Ich denke, dass Israel, dem daran
liegt, dass das Völkerrecht gewahrt wird und dass Verantwortlichkeit und Souveränität im
Libanon Hand in Hand gehen, seiner Verantwortung bezüglich des Völkerrechts nachkommen
wird."
Die Resolution 1701 steckt voller bewusst
zweideutiger Formulierungen. Sie erlaubt eine Interpretation im Sinne eines Kampfauftrags die
fällt de facto in die Zuständigkeit von Kapitel VII der Charta, auf das sich Washington und Paris
in ihrem Resolutionsentwurf vom 5.August beriefen, der von der Hizbollah und der libanesischen Regierung
abgelehnt wurde. Angesichts ihrer Einwände gaben Washington und Paris die Idee einer neuen
internationalen Streitmacht auf und hielten an der vor Ort schon vorhandenen UNIFIL fest. Deren Mandat
wurde jedoch grundlegend geändert, nicht nur im oben angegebenen Sinn, sondern auch hinsichtlich ihrer
Aktivitätszone. Die UNIFIL II ist autorisiert, entlang der libanesisch-syrischen Grenze
aufzumarschieren und den Zugang zum Libanon aus der Luft und vom Meer zu kontrollieren.
Alles in allem ist der Geist dieser
Resolution so, als ob der Libanon der Aggressor gewesen wäre! Sie zeugt vom Versuch, den israelischen
Krieg im Libanon mit anderen Mitteln fortzusetzen, dazu können kurz- und mittelfristige
militärische Operationen gehören. Aus diesem Grund muss sie von allen entschieden abgelehnt und
angeprangert werden, denen an der Charta der Vereinten Nationen gelegen ist.
Es geht nicht darum, UNIFIL-Einheiten
entlang der libanesisch-israelischen Grenze abzulehnen. Die UNIFIL steht seit 1978 dort und wird von allen
politischen Kräften im Libanon akzeptiert. Obwohl offensichtlich ineffizient in Bezug auf den Schutz
des Libanon gegen israelische Angriffe auf seine Souveränität und obwohl sie gegenüber der
israelischen Invasion des Libanon 1982 und die darauf folgende 18 Jahre währende Besetzung des
südlichen Libanon untätig blieb, ist sie ein wertvoller Zeuge dieser Verletzungen der
Souveränität. Es geht um:
1. die Ablehnung der weitgehenden und
gefährlichen Änderung des Mandats der UNIFIL durch die Resolution 1701;
2. Opposition gegen die Verwendung der
UNIFIL II und des Deckmantels der UNO zur Fortsetzung des Krieges im Libanon im Namen der Ziele, die
Israel, Washington und Paris gemeinsam verfolgen.
Was hier ausgeheckt wird, ist die
Wiederholung einer für die neue Zeit symptomatischen Praxis: die Verwendung der UNO als Feigenblatt
für militärische Operationen Washingtons im Einklang mit der NATO und anderen Verbündeten
wie seit Dezember 2001 in Afghanistan.
Logischerweise müssten Eingreiftruppen
von neutralen Ländern gestellt werden. Nun sind aber Washington und Paris im libanesischen Konflikt
keinesfalls neutral. Keine mit Washington verbündete Kraft kann als neutral gelten in einem Konflikt,
der einen der wichtigsten Verbündeten Washingtons und einen anderen Staat gegenüberstellt. Das
gilt für alle Mitgliedstaaten der NATO, die auch nur formal mit den USA verbündet sind.
Aus diesem Grund müssen alle, denen am
Frieden im Nahen Osten gelegen ist und die über die Pläne der USA in diesem Teil der Welt
beunruhigt sind, gegen die Entsendung und die Präsenz von Truppen aus NATO-Mitgliedstaaten sein
umso mehr als Israel sich das Recht anmaßt, die Beteiligung von Ländern, die ihm nicht genehm
sind, an der UNIFIL abzulehnen.
Gilbert Achcar
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