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In New Orleans hat sich die Entwicklung der Arbeit, die sich im Lande die
letzten 15 Jahre abspielte, in sechs Monaten verdichtet, sagt Saket Soni, ein Organisator der New Orleans
Coalition for Labor Justice, einer von mehreren Gruppen, die den Arbeitern der Stadt seit der Flut die Hand
reichen. Um den Arbeitern im Rekonstruktionsprozess eine Stimme zu geben, sagt er, müsse die Koalition
neue Latinoimmigranten mit vertriebenen Einwohnern von New Orleans, zumeist afroamerikanischer Herkunft,
zusammenbringen, die noch immer um ihre Rückkehr in die Stadt kämpfen.
Bevor die Deiche brachen, stellten Latinos
3% der Bevölkerung von New Orleans. Heute ist ihr Anteil auf 20% angewachsen, weil Immigranten aus
anderen Städten der USA und von südlich der Grenze nach Arbeit im Abriss- und Wiederaufbaugewerbe
suchen. Eine Studie der Universitäten Tulane und Berkely hat herausgefunden, dass fast die Hälfte
aller Wiederaufbauarbeiter der Gegend Latinos sind.
Wie im Rest des Landes reden die beiden
Gruppen auch hier zumeist nicht miteinander. Einem neuen Bericht des mit der Koalition eng
zusammenarbeitenden Entwicklungsprojekts zufolge ergaben die Gespräche mit mehr als 700 Arbeitern,
dass die allgemeine Wahrnehmung noch immer sei, "dass die farbigen Arbeiter um die Jobs konkurrieren.
Die Realität ist jedoch, dass die Unternehmer um die billigste Arbeitskraft konkurrieren." Sowohl
Gewerkschaften wie soziale Unterstützungsorganisationen sagen, dass sie bei ihrer Arbeit mit
ausgesprochen trennenden Stereotypen konfrontiert werden.
Unternehmer haben die Immigranten
willkommen geheißen, weil sie einfacher auszubeuten sind. Ana Mendes bspw., die über Arkansas aus
Guatemala kam, arbeitete vier Wochen ohne Lohn, bis sie und ein Dutzend anderer den Arbeitgeber in seinem
Haus aufspürten. In der Zwischenzeit wurden die vertriebenen schwarzen Einwohner zwei Drittel
der Bevölkerung New Orleans vor der Flut aus einer Stadt verdrängt, in der Wohnraum
Mangelware ist und die Mieten sich verdoppelt und verdreifacht haben. Deren Probleme wurzeln zum Teil in
jener Armut, die sich bereits vor der Flut in der vierthöchsten Arbeitslosenrate des Landes und dem
schlechtesten Schulsystem ausdrückten. Zehntausende Einwohner lebten vom Tagelohn einer
Dienstleistungsindustrie. "Ohne auf jene zu schauen, die bereits vor dem Sturm in ungerechten
Verhältnissen leben mussten", so einer der Hilfsorganisatoren, "kannst du nicht über
gerechte Hilfsmaßnahmen reden."
An der größten Ecke für
Tagelöhner gibt sich ein Schwarzer ängstlich und ärgerlich über die Mexikaner, die
nicht hierher gehörten, und droht ihnen Prügel an. Debra Campbell, eine schwarze
Hauseigentümerin, die nun in Houston lebt und an der Rückkehr arbeitet, sagt, die Mexikaner
"tun wirklich gute Wiederaufbauarbeit. Sie holen aber ihre Familien nach und mieten sich die
Häuser, weil sie das Geld dazu haben. Lasst unsere Jugend das Handwerk lernen, sodass sie die Arbeit
machen können." Und Ana Mendes, die bisher im Putzgewerbe gearbeitet hat, sagt: "Wenn wir
arbeiten, arbeiten wir. Wenn wir Pause machen, machen wir Pause. Die [die schwarzen Arbeiter] sind mehr
wie..." sie mimt einen genüsslichen Zug an der Zigarette.
Um den durch solche Wahrnehmungen
verursachten Graben zu überbrücken, arbeitet die Coalition for Labor Justice sowohl mit
afroamerikanischen Organisationen als auch mit erfahrenen Organisatoren der Latinotagelöhner zusammen.
In einigen Fällen ist es ihr erfolgreich gelungen, die Unternehmer unter Druck zu setzen, ausstehende
Löhne auszuzahlen. Koalitionsmitglieder arbeiten auch an kreativen Wegen, die ethnischen Gruppen
zusammenzubringen bspw. mit einem Fest- und Feiertag für Frieden und Würde, bei deren Planung sie
führende Vertreter der Gruppen beteiligt haben.
Während diese
Graswurzelaktivitäten versuchen, einen Fuß in die zerstörte Stadt zu bekommen, kommen die
nationalen Gewerkschaften mit ambitionierten Programmen in ein New Orleans, das traditionell eine
Nichtgewerkschaftsstadt gewesen ist. Im Juli startete die Laborers Union Kurse für die Grundlagen der
Wiederaufbauarbeit, ab September bietet die Service Employees International Union (SEIU) Kurse für
Kinder- und Krankenpflege und häusliche Gesundheitspflege. Die Gewerkschaften setzen auf einen
Wiederaufbauboom, sobald die Regierung die Bundesmittel zur Unterstützung der Hauseigentümer
freigibt.
Der Gewerkschaftsdachverband AFL-CIO
nähert sich dem Jobproblem von einer anderen Seite. Zwei, von gewerkschaftlichen Pensionsfonds
gestützte, Investmentfonds wollen 700 Millionen Dollar in die Errichtung von Appartements, Hotels und
Krankenhäuser pumpen. Das sei laut AFL-CIO die erste große Infusion privaten Kapitals in die
Golfküste nach der Flut. "Wenn die Gemeinden und ethnischen Gruppen sehen, dass die Gewerkschaft
ihnen in ihrem Kampf um Rückkehr und Wiederaufbau beisteht", so die Koordinatorin Arlene Holt
Baker, "werden sie erkennen, dass eine starke Arbeiterbewegung allen zugute kommt. Diese Stadt wird
nicht über Nacht zur Gewerkschaftsstadt. Aber wir legen die Grundlagen."
Doch wer bekommt die zu schaffenden Jobs?
Obwohl beide Gewerkschaften ihre Offenheit betonen, sind die Programme an ehemalige Bewohner der
Golfküste gerichtet. Die Absolventen der ersten Kurse sind alles Afroamerikaner.
"Wir müssen die
Auseinandersetzungen hinter uns lassen, indem wir zur Kenntnis nehmen, dass wir nicht für einen 6-
Dollar-Job kämpfen, der darin besteht, die Bettlaken anderer Leute Hotels zu wechseln", sagt
Tracie Washington: "Der Kampf geht darum, aus dem Job einen 10-Dollar-Job zu machen und das Hotel
letztendlich selbst zu besitzen."
Jane Slaughter
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