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Der Internationale Währungsfonds (IWF) steckt derzeit in einer dreifachen Krise: eine
Krise der Legitimität, eine Haushaltskrise und eine Krise seines Selbstverständnisses. Für die Kritiker des
IWF ist dies Anlass, ihrer Forderung nach radikaler Schrumpfung und Entmachtung, wenn nicht gar Auflösung dieser
Institution stärker Gehör zu verschaffen. Sie muss genutzt werden, sonst wird der IWF gerettet und gestärkt
aus der Krise hervorgehen.
Vor zehn Jahren war der IWF im Höhenflug und arrogant in seiner Selbstgewissheit, er wisse was für die sich
entwickelnden Länder am Besten sei. Heute versteckt er sich in Washington DC in seinen vier Wänden, wird von allen
Seiten belagert und ist unfähig, der wachsenden Zahl der Kritiken etwas entgegen zu halten.
Sein Stern begann zu sinken, als Asien im Sommer und Herbst 1997 von der Finanzkrise erschüttert wurde, die die
berüchtigten Tiger zu Fall brachten. Die Asienkrise war das "Stalingrad" des IWF, er konnte sich nie mehr
davon erholen. So sagte Dennis de Tray, ein früherer Funktionär beim IWF, der zur Zeit der Krise für die
Weltbank in Jakarta arbeitete: "Damals verlor der Fonds seine Glaubwürdigkeit und hat sie nie mehr
zurückgewonnen."
Damals in der Krise traf den Fonds ein dreifacher Schlag. Er
wurde verantwortlich gemacht für die Beseitigung der Kapitalverkehrskontrollen ein Ratschlag, den viele
ostasiatische Regierungen in den Jahren 19931997 befolgt hatten. Damit lockten sie Milliarden Dollar
Spekulationskapital an; gleichzeitig sorgten diese Maßnahmen aber auch dafür, dass dem Kapitalabfluss im
Paniksommer 1997 keine Schranken gesetzt werden konnten und über 100 Milliarden US-Dollar sich in wenigen Wochen aus
Indonesien, den Philippinen, Thailand, Malaysia und Südkorea absetzten.
Der zweite Schlag war die verbreitete Wahrnehmung, dass das
milliardenschwere Hilfspaket, das der IWF für die betroffenen Länder geschnürt hatte, nicht in den
Wiederaufbau ihrer Wirtschaft floss, sondern in die Taschen ausländischer Gläubiger und Spekulanten. So verlor die
Citibank, obwohl sie in Asien überaus exponiert war, keinen Cent in der Krise. Dieser Skandal verschärfte die
Kritik am IWF, selbst seitens solcher Parteigänger des Freihandels wie George Shultz, der einmal Außenminister
unter Richard Nixon war und der dem Fonds vorwarf, er begünstige "moralisches Glücksspiel" und sollte
deshalb abgeschafft werden.
Der dritte Schlag gegen den Fonds waren die Folgewirkungen
der Stabilisierungsprogramme, die er den notleidenden Ökonomien aufnötigte. Mit ihrer falschen Betonung auf der
Kürzung der staatlichen Haushaltsausgaben, um die Inflation einzudämmen, beschleunigten diese Programme den Weg in
die Rezession.
Das Debakel der Asienkrise führte zu einer anhaltenden
Überprüfung der Strukturanpassungsprogramme, die der IWF zusammen mit der Weltbank seit 1980 über mehr als 90
Länder verhängt hatte: Entwicklungsländer ebenso wie Übergangsökonomien. Nur wenigen war es
gelungen, das Wachstum, die Reduzierung der Ungleichheit und den Rückgang der Armut zuwege zu bringen, die ihnen mit
Hilfe dieses Programms versprochen worden war. Dafür stieß die "Schocktherapie" des IWF in den 90er
Jahren Millionen Menschen in Russland und in Osteuropa in die Armut. So bedrückend waren die Ergebnisse, dass die
Strukturanpassungsprogramme umbenannt werden mussten: in Programme zur "Senkung der Armut und Förderung des
Wachstums".
Dann, im Jahr 2002 der Fonds suchte noch immer, sich
von den Folgen der Asienkrise zu erholen brach Argentinien zusammen und blieb 100 von 140 Milliarden US-Dollar
Außenschulden schuldig. Mehr als jedes andere Land der Welt hatte es die neoliberale Rezepte des IWF bis zum letzten i-
Tüpfelchen befolgt einschließlich radikaler Deregulierung, radikaler Liberalisierung des Handels und der
Finanzmärkte. Der Fonds war auch der energischste Unterstützer der argentinischen Notenbank, die eine
Wechselkursparität zwischen US-Dollar und Peso durchsetzte. Als diese Politik 2001 und 2002 zusammenbrach, begrub sie
auch die Glaubwürdigkeit des IWF unter sich, denn dieser hatte Milliarden Dollar in Stabilisierungskredite zur
Unterstützung dieses Kurses gepumpt.
Die Nachwehen der Krise brachten noch größeren
Schaden. Als Nestor Kirchner 2003 zum Staatspräsidenten Argentiniens gewählt wurde, erklärte er, seine
Regierung werde privaten Gläubigern die Schulden zurückzahlen, aber nur zum Kurs von 25 Cent pro Dollar.
Aufgebrachte Gläubiger bedrangen den IWF, er solle Kirchner in die Schranken weisen, aber davor schreckte der Fonds
zurück, denn sein Ruf war ruiniert und sein Einfluss untergraben. Argentiniens Präsident erreichte somit eine
radikale Abschreibung der argentinischen Staatsschuld an internationale private Finanziers.
Argentiniens nächster Schritt war zusammen mit
Brasilien die Tilgung der gesamten Restschuld beim IWF beide Länder konnten sich nunmehr von einer
Institution unabhängig erklären, die in Lateinamerika zutiefst verhasst ist. Dies jedoch erschütterte das
Image des IWF als unverzichtbarer "letzter Kreditgeber".
Die Legimitätskrise hatte für den Fonds finanzielle Konsequenzen. Im Jahr 2003 erklärte die
thailändische Regierung ihre Schulden beim IWF für fast gänzlich abbezahlt: sie werde bald finanziell
unabhängig von ihm sein. Indonesien beendete 2003 den Kreditvertrag mit dem Fonds und hat vor kurzem die Absicht
erklärt, seine mehrere Milliarden US-Dollar schwere Schuld innerhalb von zwei Jahren zurückzuzahlen. Mehrere andere
große Kreditnehmer in Asien sind, eingedenk der verheerenden Folgen der IWF-Politik, davor zurückgeschreckt, den
Fonds um neues Geld anzugehen. Darunter sind die Philippinen, Indien und China. Nun ist dieser Trend durch die Entscheidungen
Brasiliens und Argentiniens noch verschärft worden mit ihrer Entscheidung, alle Schulden zurückzuzahlen und
ihre finanzielle Unabhängigkeit zu erklären, haben sie implizit deutlich gemacht, dass sie keine weiteren Kredite
aufzunehmen wünschen.
Was faktisch ein Boykott seitens der größten
Kreditnehmer ist, verwandelt sich für den IWF in eine Haushaltskrise. Denn in den letzten beiden Jahrzehnten hat sich
der IWF zunehmend aus der Rückzahlung der Schulden der sich entwickelnden Länder finanziert und weniger aus den
Beiträgen der reichen Länder des Nordens, die die Last des Unterhalts der Institution auf die Schuldner abgeladen
hat. Das Fazit ist, dass die Zahlungen von Zins und Tilgung laut Haushaltsplan des IWF um über die Hälfte
zurückgeht von 3,19 Milliarden US-Dollar 2005 auf 1,39 Milliarden US-Dollar 2006; für 2009 rechnet er nur
noch mit 635 Millionen Dollar.
Das schafft "eine gewaltige Haushaltsklemme", sagt
Ngaire Woods, IWF-Spezialist an der Universtät Oxford dazu.
Die Rolle des IWF als Zuchtmeister verschuldeter Länder und Erzwinger von Strukturanpassungsprogrammen ist
unterminiert; händeringend sucht er eine neue Rolle. Die G7 (die sieben größten westlichen
Wirtschaftsmächte der Welt, einschließlich Japans) haben versucht, den IWF zum Dreh- und Angelpunkt einer
"neuen globalen Finanzarchitektur" zu machen, indem er ihm die Verwaltung eines "Eventualkredits"
zugesprochen wird, den Länder, die in Finanznot geraten sind, in Anspruch nehmen können, wenn sie die
makroökonomischen Programme des IWF erfüllen. Sie haben diesen Plan jedoch fallengelassen, als ruchbar wurde, dass
eine Regierung, die Zugang zu dieser Kreditlinie sucht, allein dadurch die Panik auslösen könnte, die sie zu
vermeiden sucht.
Ein anderer Vorschlag war, dem IWF das
"Schuldenrestrukturierungsverfahren" für souveräne Schuldner zu übertragen eine
internationale Version von Kapitel 11 des Konkursverfahrens, das Länder vor Gläubigern schützen würde,
wenn sie einen Restrukturierungsplan vorlegen. Dagegen opponierten jedoch Länder des Südens, aber auch die USA, die
befürchteten, die Handlungsfreiheit der US-Banken würde dadurch eingeschränkt.
Auf dem Frühjahrstreffen des IWF 2006 wurde der Fonds
beauftragt, die Beziehungen zwischen Ländern mit großen makroökonomischen Ungleichgewichten z.B.
massiven Handelsüberschüssen oder -defiziten zu überwachen, aber das Mandat blieb extrem vage.
Bestenfalls spiegelte sich darin der verzweifelte Versuch der G7, für eine internationale Wirtschaftsbürokratie
eine Aufgabe zu suchen, die überflüssig und belanglos geworden ist.
Jetzt, wo der IWF wegen seiner dreifachen Krise so verwundbar ist, ist der beste Augenblick, eine Kampagne zu seiner
Entmachtung wenn nicht zu seiner Abwicklung zu starten.
Es gibt drei Faktoren, die für den Erfolg dieser
Kampagne wirken könnten.
An erster Stelle steht die Tatsache, dass die Großkunden
des IWF unter den sich entwickelnden Ländern die Nase voll haben und sich von ihm lösen wollen.
Zweitens ist die US-Elite mehr denn je über den Fonds
gespalten ein bedeutender Teil der Konservativen will ihn schließen. Das letzte Mal, als der Fonds den US-
Kongress 1998 um die Wiederauffüllung seiner Geldmittel anging, konnte der Antrag nur mit Ach und Krach durchgebracht
werden. Es ist zweifelhaft, ob er heute passieren würde.
Drittens gibt es Differenzen zwischen den USA und wichtigen
EU-Ländern über ihre Politik gegenüber dem IWF. Wichtige EU-Regierungen z.B. wollen den IWF dazu einsetzen,
Argentinien zu zwingen, dass es die größten europäischen Wertpapierinhaber auszahlt. Die Bush-Regierung zeigte
sich diesem Ansinnen gegenüber reserviert, aus Angst europäische Spekulanten könnten mit IWF-Mitteln zum
Ausstieg ermuntert werden. Die europäischen Regierungen haben positiv auf das
"Schuldenrestrukturierungsverfahren" reagiert, die USA torpedieren es.
Kurzum, die drei Säulen, auf denen der IWF über 60
Jahre fest stand der Glaube der sich entwickelnden Länder in seine Unverzichtbarkeit, ein
"internationalistischer Konsens" innerhalb der US-Elite und ein "transatlantischer Konsens" zwischen den
europäischen und den US-Eliten sind erheblich ins Wanken geraten, und das eröffnet reale Möglichkeiten
für eine Kampagne der globalen Zivilgesellschaft, um den Fonds zu entmachten oder abzuwickeln.
Während eine wachsende Zahl von Personen und Organisationen, die zum IWF arbeiten, darin übereinstimmt, dass der
Fonds zunehmend dysfunktional wird, zögern einige, seine Schließung zu fordern, weil sie meinen, es bräuchte
immer noch einen "letzten Kreditgeber" für die sich entwickelnden Länder. Aber das kann nicht mehr die
Rolle des IWF sein.
Für viele Länder in Asien ist eine regionale
Institution, die die komplexen Vorgänge in der Region besser versteht als der IWF und ihre Auflagen weniger pauschal
formuliert, eine angemessenere Lösung. Ein Asiatischer Währungsfonds (AWF) hätte während der Asienkrise
diese Rolle erfüllt dagegen legten Washington und der IWF selber jedoch ein Veto ein. Mit dem "ASEAN-plus-
drei"-Abkommen bewegen sich die ostasiatischen Staaten jetzt möglicherweise in diese Richtung.
Auch in Lateinamerika gibt es Bewegung in Richtung auf ein
regionales Institut, das als Kreditgeber und "letzter Kreditgeber" funktioniert: es ist ALBA, die von Venezuela,
Bolivien und Kuba betriebene bolivarianische Alternative zur panamerikanischen Freihandelszone ALCA.
Bleibt ein Einwand: Ostasien und Lateinamerika haben
genügend eigene Kapitalressourcen, um einen regionalen überstaatlichen Kreditgeber damit zu füttern. Aber was
ist mit dem kapitalarmen Afrika? Deshalb zögern viele afrikanische Regierungen, auf Distanz zum IWF zu gehen.
Die vorrangigste Notwendigkeit für die afrikanischen
Länder südlich der Sahara ist, wie für die meisten Länder des Südens, die bedingungslose Streichung
ihrer Schulden nicht so ein Schwindel wie die HIPC-Initiative, die eng an Auflagen im Stil des IWF gebunden ist. Auch
die Schulden, die die afrikanischen Ländern beim IWF selber haben, müssen gestrichen werden da stellt sich
der Fonds immer wieder quer. Damit ist noch nicht die Frage geklärt, wer als letzter Kreditgeber für Afrika in
Frage käme, aber etwas Besseres als der IWF findet sich allemal. Afrika entwickelt sich derzeit zum Refugium für
politische Rezepte, die anderswo gescheitert sind, und diese werden noch von einem IWF-Personal umgesetzt, das weniger
Erfahrung hat und weniger qualifiziert ist.
Afrikanische Regierungen könnten eher die Zusammenarbeit
mit relativ kapitalreichen Regierungen des Südens wie China, Venezuela, Indien oder Südafrika suchen und den
Versuch unternehmen, mit deren Hilfe eine eigene regionale Institution zu schaffen. Sie sollten dabei jedoch aus ihren
Erfahrungen mit dem Norden und dem IWF lernen und auf gerechten, sie nicht erdrosselnden Abkommen mit diesen Regierungen
bestehen. Das wird nicht einfach sein, denn einige von ihnen sind ebenso ausbeuterisch wie die Länder des Nordens.
Afrika hat nur die Wahl, die Kontrolle über den
ressourcenreichen Kontinent zurückzuerlangen entweder durch Streichung oder Nichtzahlung der Schulden, oder durch
Bündnisse mit potenziellen Verbündeten, die ihre Verbindungen zum IWF bereits gekappt haben. Diese Ressourcen
müssen für die eigene wirtschaftliche Entwicklung eingesetzt werden und dürfen nicht länger an große
Gläubiger in anderen Teilen der Welt abfließen.
Der IWF ist derzeit schwer angeschlagen, aber seine Fähigkeit, sich wieder aufzurichten, darf nicht unterschätzt
werden. Unvorhersehbare Ereignisse können die USA und die europäischen Länder wieder veranlassen, ihre Reihen
zu schließen und der Institution neues Leben einzuhauchen. Oder die USA können sie auch als finanzieller Arm einer
unilateralen Politik Washingtons am Leben erhalten, z.B. um China zu zwingen, den Renminbi aufzuwerten und damit das Problem
der US-Handelsbilanz zu lösen.
Wir können uns nicht den Luxus leisten, beiseite zu
stehen und zuzuschauen, wie der Fonds in den letzten Zuckungen liegt. Wir müssen handeln, damit ihm das Schicksal zuteil
wird, das er so sehr verdient.
Um das strategische Ziel der Entmachtung des IWF zu
erreichen, sollte die Kampagne Regierungen der Südens drängen, keine neuen Kredite beim IWF aufzunehmen.
Sie sollte sie auch drängen, Schulden beim IWF einseitig
aufzukündigen.
Länder, die Schuldenerleichterungsprogramme vom Typ HIPC
unterzeichnet haben, die vom IWF und der Weltbank überwacht werden, sollten diese Programme kündigen.
Die Kampagne sollte Länder, die sog.
Armutssenkungsprogramme des IWF unterzeichnet haben, ermutigen, diese zu kündigen und die Verpflichtungen, die sie
eingegangen sind, zu überprüfen. Wichtig dafür ist die systematische Aufdeckung der negativen Wirkung der
Auflagen von IWF und Weltbank für Produktion, Arbeitsplätze, Löhne, Einkommen, Geschlechtergleichheit,
Gesundheit, öffentliche Dienste und die Umwelt. Das IWF-Programm "Senkung der Armut und Förderung des
Wachstums" scheint hier besondere Schwächen zu haben, und eine gezielte Kampagne, es zu begraben, hätte eine
Aussicht auf Erfolg, was dann wiederum Mut für andere Initiativen geben würde.
Parlamentarische Kontrollverfahren und
Rechnungsprüfungen sollten genutzt werden, um in allen Ländern Anhörungen und Prüfverfahren über den
IWF einzuberufen. Die Kündigung der Mitgliedschaft beim IWF könnte ein Vorschlag sein, der unter Regierungsbeamten
wie auch in der Zivilgesellschaft zur Diskussion reizt. Die Durchführung eines Forums über diesen Gegenstand, z.B.
in Argentinien, könnte weitere Foren dieser Art in anderen Ländern nach sich ziehen. Es könnten
Volksabstimmungen über die Mitgliedschaft im IWF angestrengt werden wie die, die 2002 in Brasilien über
dessen Mitgliedschaft in der FTAA durchgeführt wurde. Wo dies Erfolg verspricht, kann auch im Parlament ein Antrag
über die Kündigung der Mitgliedschaft im IWF eingebracht werden.
Im Jahr 2007 sollte eine größere Konferenz
über Alternativen zum IWF als "letzter Kreditgeber" einberufen werden dazu müssten 2006
umfangreiche vorbereitende Forschungsarbeiten geleistet werden. Als Aufschlag für eine solche Konferenz sollte die
Kampagne ein Tagesseminar zu diesem Thema anlässlich der kommenden Herbsttagung des IWF in Singapur durchführen.
Ein Verfahrensgrundsatz der Kampagne sollte sein, den an ihr
teilnehmenden Organisationen die Möglichkeit einzuräumen, dies "auf ihrem Niveau" zu tun. Vielleicht sind
einige Regierungen und Organisationen nicht bereit, einen Aufruf zum Rückzug aus dem IWF zu unterzeichnen, würden
aber das Armutssenkungsprogramm kündigen oder fordern, dass das Programm "Senkung der Armut und Förderung des
Wachstums" geschlossen wird.
In seinem Klassiker Die Struktur wissenschaftlicher
Revolutionen weist Thomas Kuhn nach, wie Paradigmen, die einst einen Quantensprung in der Erkenntnis darstellten, zu
Hindernissen für die weitere Entwicklung der Wissenschaft werden können. So hat sich der IWF von einer vitalen
Institution, die in den zwei Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg für globales Wachstum und Stabilität gesorgt
hat, zu einem 800-Pfund-Gorilla gemausert, der in den letzten dreißig Jahren Millionen Armen in der Welt den Weg zur
nachhaltigen Entwicklung versperrt hat.
Wäre diese überholte Institution anlässlich
ihres 50.Geburtstags im Jahr 1994 geschlossen worden, wären 22 Millionen Indonesier und eine Million Thai davor bewahrt
worden, unter die Armutsgrenze zu fallen; Argentinien wäre die Tragödie erspart worden, dass über die
Hälfte seiner Bevölkerung erwerbslos ist und in Armut lebt; in Malawi wären Tausende vor dem Hungertod und vor
Unterernährung gerettet worden; hundert Millionen Menschen in Russland und in Osteuropa wäre der freie Fall in die
Armut erspart geblieben. Sie alle wurde Opfer der Programme und Auflagen des IWF.
Globale Wirtschaftssteuerung ist wichtig, aber dazu bedarf es
eines Systems, in dem der Fonds, so wie er derzeit ist, keine positive Rolle mehr spielen kann. Die vorgeblich
stabilisierende Funktion des IWF in der unbeständigen Welt unregulierter globaler Finanzen wird von seinem
größten Mitglied, den USA, systematisch torpediert; seine Rolle als letzter Kreditgeber von den Auflagen
unterminiert, die er den Schuldnern auferlegt, da sie Armut und Ungleichheit auf die Spitze treiben und wirtschaftliche
Stagnation institutionalisieren.
Die Entmachtung des Fonds wird nicht zu dem globalen Finanz-
und Steuerchaos führen, das die Wall Street gern an die Wand malt. Im Gegenteil, die Entmachtung des Fonds ist die
Voraussetzung für die Schaffung eines wirklich gerechten, rationalen und effektiven globalen Finanzsystems. Die Auflagen
der IWF treiben die sich entwickelnden Länder in Krisen und noch tiefere Armut. Die "Hilfsprogramme" des IWF
entschädigen nur die großen Gläubiger, während die Schuldner Stabilisierungsprogramme verpasst bekommen,
die sie in die Rezession treiben. Der IWF hat kein Interesse daran, die Macht der großen Spekulanten anzugreifen, und
solange er irgendeine Macht ausüben kann, wird er auf Geheiß der Wall Street die notwendige Reform des
internationalen Finanzsystems blockieren so wird es mehr Finanzkrisen, mehr Unsicherheit für die Menschen und
weniger Pflicht zur Rechenschaftslegung durch das Finanzkapital geben.
Der IWF ist gefährlich wie veraltete Atomreaktoren,
deshalb muss er aus dem Verkehr gezogen werden. Die optimale Lösung für solche Dinos wäre ihre Abwicklung.
Solange dies nicht möglich ist, müssen seine Fähigkeit, Schaden anzurichten, und sein Einfluss drastisch
verringert werden.
Informationen und Meinungen sollten keine Waren sein. Und Geld ist ein Fetisch.
Dennoch und ganz praktisch: Die Online-SoZ sieht nur umsonst aus. Wir brauchen Eure Euros.
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