SoZ - Sozialistische Zeitung |
Von der
Öffentlichkeit kaum wahrgenommen und in den Berichterstattungen der Medien so gut wie tot geschwiegen
stellt die Macht des Lobbyismus ein wirkungsvolles Instrument zur Durchsetzung der Interessen von
Konzernen, Wirtschaftsverbänden, Industriezweigen dar. Eigentlich unvorstellbar und doch real, sie
haben sich eingenistet in Ministerien, in politische Entscheidungsgremien, in Parlamenten und Parteien. Als
sog. "Leiharbeiter" haben sie in Berlin eigene Büros neben denen von Regierungsbeamten und
Angestellten, und in den Bundesministerien sitzen sie an verantwortlichen Stellen. Maßgeblichen
Einfluss haben diese Vertreter der Wirtschaft bei Entscheidungen über alle relevanten Aufgaben der
Ministerien, bei der Bearbeitung von Grundsatzfragen und Formulierungen bei Gesetzestexten und deren
Inhalten.
Wen kann es da verwundern, dass bei der
Neuregelung der Gesetze zur Stromdurchleitung die Formulierungen von RWE wörtlich im Gesetzestext zu
finden sind, haben doch bei der Ausarbeitung der Gesetze von der Strombranche bezahlte Leute im Ministerium
gesessen. Ein weiteres Beispiel: Im Bundesverkehrsministerium sitzt eine Angestellte, die vier Tage in der
Woche für den Hauptverband der Deutschen Bauindustrie tätig ist, den fünften Tag arbeitet
sie für das Bundesverkehrsministerium. Ein Vertreter der Bauwirtschaft sagte dazu: "Das ist
für uns wesentlich effizienter. Wir haben einen Arbeitsvertrag mit dem Ministerium, die Mitarbeiterin
arbeitet im Interesse der Bundesrepublik Deutschland." So einfach ist das.
In diesem Ministerium sitzt ebenfalls seit
Jahren ein Vertreter der Fraport AG (Betreiber des Frankfurter Großflughafens). Der sorgte dafür,
dass die Interessen von Fraport im Gegensatz zu den Interessen der lärmgeplagten Bürger per
Gesetz durchgesetzt wurden. So geht es immer weiter: Im Finanzministerium agiert zur Zeit ein Vertreter der
Deutschen Börse und ein Manager der Nordbank. Im Wirtschaftsministerium waren bis vor kurzem
DaimlerChrysler und der Chemiekonzern Lanxess aktiv. All das sind keine Einzelfälle.
Der direkte Einfluss durch Lobbyisten, PR-
und Beraterfirmen auf Gesetzgebung und politische Entscheidungen ist mittlerweile ein ausgeklügeltes
System in diesem Land und auch in der EU. Über das Ausmaß dieser von der Wirtschaft bezahlten
Agenten in Bund, Ländern und Gemeinden kann man nur Vermutungen anstellen. Bei der EU in Brüssel
sind etwa 15000 Interessenvertreter, darunter zwei der weltgrößten PR-Firmen. Die eine, Hill
& Knowlton, wurde durch ihre 1990 erstellten Gräuelberichte vom angeblichen Wüten irakischer
Truppen in Kuwait zur Rechtfertigung des ersten US-Golfkriegs bekannt; die andere, Burson-Marsteller, ist
berüchtigt wegen ihrer "Tarnorganisationen" zur Durchsetzung der Interessen ihrer
Auftraggeber.
Dort, wo der Lobbyismus blüht,
sprudelt auch die Schmiergeldquelle, davon hören wir täglich in den Medien. Die Interessen der
Bürgerinnen und Bürger bleiben auf der Strecke. "In unserer Demokratie regiert ja nicht das
Volk, sondern die Wirtschaftsverbände, also könnte die Regierung sagen, warum nehmen wir nicht
gleich die Vertreter der Wirtschaft in die Ministerien", meint Oskar Lafontaine. Recht hat er.
Auf diese Art der
"Interessenvertretung" können wir verzichten. Dieses Unwesen kann nur durch politische
Kontrolle von unten beseitigt werden.
Informationen und Meinungen sollten keine Waren sein. Und Geld ist ein Fetisch.
Dennoch und ganz praktisch: Die Online-SoZ sieht nur umsonst aus. Wir brauchen Eure Euros.
Spendet steuerlich abzugsfähig!
VsP, Postbank Köln, BLZ 370100 50,
Kontonummer 603 95 04