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In seinem Geschäftsbericht traf Klaus Ernst die Stimmung der Delegierten
auf dem WASG-Parteitag am 18./19.November in Geseke-Eringerfeld: Es gehe darum, mit der neuen Linkspartei
etwas wirklich Neues zu schaffen etwas Neues im Westen.
Ebenso wie Thomas Händel betonte er
die projektierte Ost-West-Quotierung als den entscheidenden Punkt des ausgehandelten Satzungsentwurfs. Und
wer den Westen repräsentieren würde, schien den Delegierten klar. Zu ihrer gefühlten
Stärke trug bei, dass der Kollege Ernst einen Beschluss des IG-Metall-Vorstands verkünden konnte,
wonach die Gewerkschaft im Januar zu Protesten gegen die Rente mit 67 aufrufen will. Seit an Seit mit der
Organisation der deutschen Facharbeiter, so wollten sich viele schon lange einmal sehen.
Zu diesem Zeitpunkt Sonnabendmittag
hatte der Bundesvorstand bereits eine entscheidende Abstimmung nach sehr kurzer Debatte gewonnen.
Noch vor Bestätigung der Tagesordnung wurde ein Antrag angenommen, mit dem die Trennung von Amt und
Mandat auf den St.Nimmerleinstag, sprich: auf die neue Partei vertagt wurde.
Lautstarke Kritik gegen die Fortsetzung der
SPD-PDS-Koalition in Berlin wurde in der Generaldebatte regelmäßig durch die Bemerkung
ergänzt, man wolle an der Berliner Aufhebung des Ladenschlusses aber nicht das Projekt scheitern
lassen. Ungeachtet aller Widersprüche stellte sich die Mehrheit auf den Standpunkt, dass die
Parteifusion vielleicht nicht alles sei aber ohne sie sei alles nichts. Selbst die Formulierung von
eher vorsichtigen Bedingungen an die neue Partei, wie sie der Aufruf "Für eine attraktive
Linke" versuchte, sah diese Mehrheit als Gefährdung der linken Einheit und damit der eigenen
Ziele.
Anders als in Ludwigshafen war ein
Eingreifen von Oskar Lafontaine zur Verteidigung des Bundesvorstands überflüssig. "Oskar und
Gregor" konnten sich auf allgemeine Erläuterungen beschränken, die auch unter erklärten
Linken vielfach auf Zustimmung stießen. Ganz selbstverständlich kündigte Oskar dabei an, er
wolle 2008 im Saarland die Regierung bilden. Mancher Delegierte stutzte bei diesem Satz, die Mehrheit
applaudierte ungestört.
Potenzielle Störfaktoren wurden klug
entschärft. Eine verbal kritische Resolution zur Berliner Regierungspolitik stand vor der Beratung
notwendiger Satzungsänderungen zur Fusionsvorbereitung. Noch vor der Diskussion des Leitantrags begann
der Sonntag mit den Wahlen zum Bundesvorstand, die den alten geschäftsführenden Bundesvorstand
komplett bestätigten. In den folgenden Auszählungspausen entschied sich der Parteitag für
einige Verbesserungen des Leitantrags. Gleichzeitig gelang es im zweiten Wahlgang nur gerade so, mit Thies
Gleiss und Lucy Redler zwei Vertreter einer fusionskritischen Sicht in den Parteivorstand zu bringen.
Rainer Spilker scheiterte knapp. Gerade ihm war die Solidarität mit anderen Linken heftig vorgeworfen
worden.
Nach diesem Parteitag ist klar, dass das
Projekt einer Parteifusion zweier Regionalparteien der WASG-West und der LPDS-Ost nur noch an
den eigenen inneren Widersprüchen scheitern kann. Zwar werden die expliziten Kritiker der Fusion in
Westdeutschland trotz ihrer Bedenken vielfach in die neue Partei eintreten. Doch unter den Mitgliedern
werden viele diesen Schritt nicht nachvollziehen. Und in Ostdeutschland ist die Chance eines linken
Neuanfangs von unten zugunsten des Linsengerichts einer gestärkten LPDS gänzlich vertan.
Schon bald werden viele Pragmatiker merken,
dass ihren schlauen Kompromissen in der Frage der Trennung von Amt und Mandat ganz unrealistische
Vorstellungen über die Kontrollierbarkeit des Parteiapparats zugrunde lagen. Schon heute
verselbstständigt sich die Führung der kleinen WASG offen: Einen Parteitagsbeschluss über
die Übernahme der Fahrtkosten zum Parteitag für ALG-II-Empfänger werden sie nicht umsetzen,
erklärten Klaus Ernst und Thomas Händel unumwunden. Es sei kein Geld dafür da.
Sebastian Gerhardt
Informationen und Meinungen sollten keine Waren sein. Und Geld ist ein Fetisch.
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