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Die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen (bGE) wird von sehr
unterschiedlichen Personenkreisen erhoben: Ursprünglich kommt die Forderung aus Kreisen der Liberalen
(negative Einkommensteuer), in den 80er Jahren konnte sie sich unter Erwerbslosen ein gewisses Gehör
verschaffen (Existenzgeld), dann wurde sie von der sozialliberalen Intelligenz aufgegriffen (Opielka,
Liebermann u.a.). Heute erfreut sie sich bei wachsendem Arbeitszwang und Zerfall des Sozialstaats einer
größeren Beliebtheit bei gut qualifizierten ALG-II-Beziehenden und prekären kleinen
Selbstständigen.
Dass ich in die bGE-Debatte mit einem
Streit mit einem Exponenten der Unternehmerseite eingestiegen bin, hat seinen Grund darin, dass alle
Verfechter des bGE bestimmte liberale Grundannahmen teilen wie die, dass der Industriegesellschaft
"die Arbeit" ausgeht, wobei "die Arbeit" ineinsgesetzt wird mit der Waren herstellenden
Arbeit und es nicht für nötig halten, sich von den Liberalen abzusetzen. Sie reagieren
immer sehr ungehalten, wenn man sie auf ihre merkwürdigen Bündnispartner hinweist. Deshalb war es
wichtig einmal aufzufächern, dass es selbst einem Menschenfreund wie Götz Werner nicht in erster
Linie um das Menschenrecht auf Einkommen geht, sondern um die Entlastung der Unternehmer von den
Lohnnebenkosten, und zwar radikal.
Eine Kritik der linken Befürwortung
des bGE muss natürlich andere Aspekte aufspießen als die der rechten. Die Hauptkritik ist die,
dass man meint, mit dem bGE eine Wünschelrute gefunden zu haben, die das eherne Gesetz des
Kapitalismus die maximale Ausbeutung des Menschen um des privaten Profits willen außer
Kraft setzt, ohne die Grundlagen, nämlich die private Verfügungsgewalt über Menschen und
Maschinen in Frage zu stellen.
Das bGE stellt das System der Lohnarbeit
nicht in Frage; es existiert parallel neben ihm und seine Verteidiger hoffen, dass es hoch genug ausfallen
wird, damit diejenigen, die keine Lust haben, sich ausbeuten zu lassen, sich diesem Zwang entziehen
können. Das aber hieße, den Klassengegner für dumm zu verkaufen. Als würde er nicht
merken, dass er seine diktatorische Stellung mit einem bGE unterminiert und auf die Sirenentöne von
Kaufkraft, sozialem Zusammenhalt und Kreativität hereinfällt.
Götz Werner ist kein Gegenbeispiel: Er
stellt die Höhe des auszahlbaren Grundeinkommens unter den Vorbehalt, dass die Belastungen für
Unternehmer und Staat drastisch sinken, nicht dass sie steigen. Wenn es so niedrig ist, dass es zum Leben
nicht reicht, dann gibt unser Wohlstand halt nicht mehr her; wenn wir uns mehr leisten können, umso
besser. Wer aber entscheidet darüber was wir uns leisten können?
Es ist ein linker Irrglaube zu meinen,
"bedingungslos" hieße in dem Zusammenhang, dass der Arbeitszwang aufgehoben wäre, nur
weil das Grundeinkommen an alle ausgezahlt wird. Auch mit einem Grundeinkommen von 300 Euro im Monat
herrscht noch Arbeitszwang, weil man davon nicht leben kann. Ein bedingungsloses Grundeinkommen bezeichnet
deshalb in der Optik derer, die den Kapitalismus überwinden wollen, kein Menschenrecht auf Einkommen,
sondern eine sozial ungerechte (weil nicht an der Bedürftigkeit orientierte) niedrigschwellige
Grundalimentierung, die den Sozialstaat abschafft, ohne die Bedürftigkeit zu überwinden.
Damit besteht der Arbeitszwang weiter und
der eigentlichen Frage, wie denn die Arbeit so verteilt werden kann, dass alle daran teilhaben und alle
davon leben können, sind wir keinen Schritt näher gekommen. Nur jene, die den Kapitalismus
abschaffen wollen, versteifen sich darauf, eine bestimmte Höhe einzufordern das sind die mit
dem Existenzgeld von 1200 Euro, aber die gelten auch im Netzwerk Grundeinkommen als randständig.
Leider ist es so, dass der Kapitalismus den
vielen "Überflüssigen" weder Arbeit noch Geld geben will, sondern gerade soviel zum
Leben, dass sie nicht verhungern. Ganz deutlich wird das an Figuren wie dem thüringischen
Ministerpräsidenten Dieter Althaus, der das bGE propagiert und zugleich den Arbeitszwang
verschärfen will.
Es hilft nichts: Wollen wir den
Arbeitszwang abschaffen, müssen wir dafür sorgen, dass die Arbeit auf alle umverteilt wird (die
Arbeitslosigkeit abgeschafft wird) und die abhängig Beschäftigten in die Lage versetzt werden,
die Arbeitsbedingungen auf allen Ebenen tatsächlich zu beeinflussen. Es sind die Arbeitsbeziehungen,
die sich ändern müssen, soll sich an der Gesellschaft etwas ändern.
Angela Klein
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