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Alle zwei Jahre präsentiert der Kölner Filmclub "FilmInitiativ" neue
Filme aus Afrika. FilmInitiativ wurde 1988 gegründet "und hat sich zum Ziel gesetzt, mit Programmreihen,
Vorträgen und Seminaren Interesse für die Filmkunst zu wecken und vor allem solchen Filmen ein Forum zu bieten,
die in den Spielplänen gewerblicher Kinos nicht vertreten sind. Dazu gehören u.a. filmhistorische Angebote,
aber auch filmkulturelle Programmreihen, die das Filmschaffen außereuropäischer FilmemacherInnen
dokumentieren" (www.filminitiativ.de/ sddt.html). 1992 veranstaltete FilmInitiativ zum ersten Mal eine Reihe mit
afrikanischen Filmen. In diesem Bereich entwickelte die Gruppe ihre größte Kontinuität und zeigte in
diesem Jahr zum neunten Mal Filme aus Afrika.
Zur Vorbereitung des kleinen Festivals waren Mitglieder
der Gruppe im Februar 2005 zum panafrikanischen Filmfestival FESPACO nach Ouagadougou (siehe SoZ 5/05), der Hauptstadt
Burkina Fasos (ehemals Obervolta), und im November desselben Jahres zum "World Cinema Festival" ins
südafrikanische Kapstadt gereist. Damit trug FilmInitiativ der wachsenden Bedeutung des südafrikanischen Kinos
Rechnung. Waren früher Produktionen aus dem frankophonen Westafrika dominant, hat sich Südafrika zum
abgesehen von Ägypten größten Filmproduktionsland in Afrika entwickelt. Das schlägt sich
mittlerweile auch bei großen Festivals nieder. 2005 gewann die südafrikanische Produktion Drum (siehe SoZ
12/05) den Hauptpreis beim FESPACO, im gleichen Jahr holte der Film U-Carmen e-Khayelitsha den Goldenen Bären bei
der Berlinale, und 2006 war Tsotsi (siehe SoZ 6/06) bei der Oscar-Verleihung in der Kategorie "bester nicht
englischsprachiger Film" erfolgreich.
Dieser Entwicklung trug FilmInitiativ mit einer kleinen
Südafrikareihe in Köln im Oktober 2005 Rechnung. Auch bei "Jenseits von Europa IX" war Südafrika
stärker vertreten als sonst. Aber die Reihe hat weiter das Ziel, einen Querschnitt durch das gesamte afrikanische
Filmschaffen zu bieten. So gab es auch keine Dominanz von südafrikanischen Filmen. Andere Länder wie Burkina
Faso, Senegal, Niger, DR Kongo, Angola, Marokko und Madagaskar waren angemessen vertreten. Insgesamt präsentierte
die Reihe in sieben Tagen 16 Filme sowie ein musikalisches und kulinarisches Begleitprogramm. Vier afrikanische
Regisseure fanden als Gäste des Festivals den Weg nach Köln: Rahmatou Keďta aus dem Niger, Zéka Laplaine
aus der DR Kongo und Raymond Rajaonarivelo aus Madagaskar, die in Paris leben, sowie Zézé Gamboa aus Angola,
der in Lissabon eine zweite Heimat gefunden hat.
Neben dem geografischen Schwerpunkt Südafrika gab es
inhaltliche Fokusse. Die Filme Delwende (Burkina Faso), Moolaadé (Senegal) und Allèèssi (Niger)
beschäftigen sich mit der Situation von Frauen in Afrika. Moolaadé versucht das Problem der Beschneidung oder
Genitalverstümmelung von Frauen in einem Spielfilm darzustellen. Im Gegensatz zu vielen anderen afrikanischen
Produktionen hatte er in der BRD einen Verleih und war im Mai und Juni 2006 in einigen Programmkinos zu sehen (siehe SoZ
6/06).
Der Spielfilm Delwende zeigt das Schicksal einer alten
Frau, die in ihrem Dorf beschuldigt wird, eine Hexe zu sein. Sie flüchtet in die Hauptstadt, wohin ihr ihre Tochter
folgt, um sie ins Dorf zurückzuholen, wo sie den Vorwurf widerlegt. Eine Meningitis-Epidemie verschuldete den Tod
vieler Kinder. Entsprechende Nachrichten im Radio wurden von den Dorfbewohnern ignoriert. Stattdessen nutzte der Ehemann
der angeblichen Hexe die Gelegenheit, seine mittlerweile nicht mehr geliebte Frau aus dem Dorf zu vertreiben.
Die Dokumentation Allèèssi zeigt das
Schicksal des ersten weiblichen Stars des afrikanischen Kinos in den 60er Jahren, der nigrischen Schauspielerin Zalika
Souley, die im Alter völlig verarmte und mittlerweile ihr Geld als Haushälterin im Ausland verdient. Der Film
erhielt zwar Preise auf verschiedenen Filmfestivals, u.a. in Cannes, hat aber ebenso wie Delwende keinen Verleih in
Europa. Nach der männlichen Dominanz im afrikanischen Kino befragt, antwortete die Regisseurin Rahmatou Keďta, dass
dies die europäischen Kolonialmächte mit ihrer einseitigen Förderung der Männer zu verantworten
hätten. Heute würde sie von ihren männlichen Kollegen sehr unterstützt und sie fühle sich nicht
benachteiligt.
Filme über Kinder und Jugendliche waren ebenfalls
stark im Programm vertreten. Die Komödie Ouaga Saga thematisiert das Lebensgefühl von Jugendlichen in
Ouagadougou. Der Kurzfilm Deweneti und der angolanische Spielfilm O Herói thematisieren das Schicksal von
Straßenkindern. Die Kurzfilme Cousines und Pour la Nuit zeigen die Identitätsprobleme junger Migranten zwischen
Europa und Afrika.
Von allen auf dem Festival gezeigten Filmen haben nur
Moolaadé und der marokkanische Spielfilm Das schlafende Kind einen Verleih. Außer in Köln gibt es noch in
Frankfurt und Berlin Initiativen, die sich speziell dem afrikanischen Film widmen. Auch auf Filmfestivals tauchen immer
häufiger Produktionen aus Afrika auf. So haben zumindest Kinobesucher in Großstädten ab und zu
Gelegenheit, afrikanische Filme zu sehen. Dass daran Interesse besteht, konnte man auch in Köln an den hohen
Besucherzahlen sehen. Vielleicht haben ja auch die Filmverleihe irgendwann ein Einsehen.
Andreas Bodden
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