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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Januar 2007, Seite 04

Fremde Truppen raus aus Afghanistan!

von Walden Bello

Der Krieg in Afghanistan ist ein imperialistisches Unternehmen, eine klare Verletzung des Rechts eines Landes auf seine Souveränität, eine nicht zu rechtfertigende Invasion, die außerdem von keiner Resolution der Vereinten Nationen sanktioniert ist.
In den vergangenen fünf Jahren haben die USA versucht, in dem Land ein Protektorat zu errichten, aber dieses Unternehmen ist ein gewaltiges Fiasko. Warum?
Eine der grundlegenden Funktionen einer Regierung ist die Versorgung mit einem Minimum an Ordnung und Sicherheit. Trotz all der mit ihrer Rolle verbundenen Probleme sind die Taliban in der Lage gewesen, dem Land sein erstes stabiles politisches Regime seit dreißig Jahren zu geben — im Gegensatz zum fremden Besatzungsregime, das auf sie gefolgt und elend gescheitert ist. Laut einem Bericht des Zentrums für strategische und internationale Studien, "hat sich die Sicherheitslage seit Beginn des Wiederaufbaus im Dezember 2001 verschlechtert, besonders seit Sommer 2003". Die von Washington installierte Regierung von Hamid Karzai verfügt nicht über viel Autorität, außer in Kabul oder in ein oder zwei anderen Städten, sodass UNO-Generalsekretär Kofi Annan äußerte, dass "ohne staatliche Institutionen, die die Grundbedürfnisse der Bevölkerung im ganzen Land befriedigen, Autorität und Legitimität der neuen Regierung nicht lange anhalten werden".
Schlimmer noch, Afghanistan ist ein Staat des Drogenhandels geworden. Die Taliban hatten die Mohnproduktion in bedeutendem Ausmaß reduziert. Seit sie im Jahr 2001 vertrieben wurden, ist die Mohnproduktion gestiegen, mit einem Rekord im Jahr 2004, wodurch Afghanistan die zweifelhafte Ehre erlangte, der Lieferant von 80% der weltweiten Heroinproduktion geworden zu sein. Etwa 170000 Afghanen konsumieren jetzt Opium oder Heroin, 30000 von ihnen sind Frauen.
Regierungsbeamte sind in 70% des Drogenhandels verwickelt, etwa ein Viertel der 249 kürzlich gewählten Parlamentsabgeordneten ist mit dem Drogenhandel verbunden. Eine Studie schätzt, dass mindestens 17 neugewählte Abgeordnete selbst Drogenhändler sind, weitere 24 haben Verbindungen zu kriminellen Banden, 40 sind Kommandeure bewaffneter Gruppen und 19 werden schwere Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Für diese Personen, die das politische Leben in Afghanistan beherrschen, ist, in den Worten Kofi Annans, die "Unsicherheit" ein "Geschäft" und Erpressung eine "Lebensweise".
Angesichts der Tatsache, dass Drogenhändler, Diebe und Kriegsherren die Regierung kontrollieren, kann man nur schwer über die Tatsache überrascht sein, dass die Taliban wieder im Land aufkommen, besonders im Süden, wohin die NATO-Truppen geschickt wurden. Die Taliban sind Fundamentalisten, aber sie werden als lokale nationalistische Kräfte betrachtet, die gegen den imperialistischen Eindringling und ein von ihm unterstütztes korruptes Regime kämpfen. Anstatt die Anziehungskraft der Taliban zu verringern, verstärken die Streitkräfte diese nur.
Die NATO-Truppen werden als Söldnerheer für amerikanische Interessen betrachtet und spielen eine Rolle, die die amerikanische Militärmaschine bis heute nicht erfüllen konnte: erfolgreich eine militärische Besatzung im Land zu etablieren. Die NATO-Streitkräfte müssen diese schmutzige Arbeit für die USA machen. Dies ist ein hoffnungsloses Ziel.
Die einzig mögliche Lösung der afghanischen Krise besteht darin, dass alle ausländischen Truppen sich zurückziehen und es dem afghanischen Volk erlauben, seine eigenen Probleme direkt zu lösen.

Walden Bello ist Direktor der philippinischen NGO Focus on the Global South.



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