| SoZ - Sozialistische Zeitung |
Früher gab es zum Frühstück Suppe oder Getreidebrei das
war im Mittelalter. Heute duftet der Kaffee, dazu gibt es Schinken, ein weiches Ei, Orangensaft und
Müsli. Das schmeckt! Das muss sich ändern.
Bevor das Frühstück auf dem Tisch landet, hat es Tausende Straßenkilometer hinter sich
trug zu Lärmbelästigung, Abgasausstoß und Klimaerwärmung bei. Guten Morgen,
liebe Frühstückskonsumentin, lieber Konsument, herzlichen Glückwunsch zur
Feinstaubförderung!
Heute schauen Konsumentin und Konsument
zwar auf Ablaufdatum, Kalorienangaben und Genfreiheit, der Transportaufwand aber ist den meisten
scheißegal. Pro Kopf der Bevölkerung werden in Deutschland jährlich 50 Tonnen Fracht
befördert. Die Grundversorgung, festgelegt von launigen Statistikern fordert 35 Tonnen Fracht.
Trotz etwa gleich bleibendem Verbrauch der Lebensmittelverbrauch hat in den letzten 30 Jahren kaum
zugenommen ist das Transportvolumen in diesem Zeitraum um 125% gestiegen. Der Grund ist "just
in time" man spart Lagerkosten, und Lkw-Fahrten sind immer noch billiger als große
Lagerhallen samt Inhalt.
An einem durchschnittlichen Wochentag rasen
etwa 600000 Lkw mit einem Ladegewicht über 3,5 Tonnen durch unser Land. Ein nicht in der Nähe des
Verbrauchers gebackenes Brot verursacht deshalb die 43fache Belastung mit Kohlendioxid.
Da die Österreicher in mancher
Beziehung schon immer weiter waren, hat der österreichische Automobilklub ausgerechnet, wie viel
Kilometer ein durchschnittliches Sonntagsfrühstück in einem Wiener Haushalt zurücklegt. Dazu
hat man die Transportkette vom Supermarkt bis zum Hersteller zurückverfolgt. Das Ergebnis: Stammt das
Gesamtfrühstück aus rein österreichischer Produktion, sind es 5100 Kilometer, kommt das
Günstigfrühstück aus dem EU-Raum, sind es 7230 Kilometer. Wer dazu noch ein
Supermarktbilligmüsli reinschaufelt, kommt glatt auf 10000 Kilometer. In deutschen Landen, wo frisch
auf den Tisch wer weiß woher kommt, dürften die Zahlen viel schlimmer ausfallen.
Kaffee legt nach seiner Schiffsreise aus
Kolumbien meist noch etwa 1000 Kilometer in Deutschland zurück. Müllermilch, das wissen wir,
reist oft 700800 Kilometer. Der feine spanische Redondoschinken braucht, bis er bei Herrn Stoibers
Mauschelfrühstück mit Frau Merkel landet, so um 1500 Kilometer, der Emmentaler hat auch fast 800
Kilometer hinter sich, und die Eier unglücklicher Hühner, die alle Vogelgrippekaserniert waren,
sind oder sein werden, reisen ebenfalls Hunderte von Kilometern. Wer dann sein Ei mit Meersalz aus Portugal
würzt, der verantwortet zusätzlich 1000 Kilometer. Orangensaftkonzentrat reist 11000 Kilometer
mit dem Schiff, dann noch erhebliche Kilometer per Lkw, wobei man auch die Reise der Pappkartons
berücksichtigen muss, in die der Saft gefüllt wird. Joghurt im Becher freut sich ebenfalls
über manchmal fast 1000 Kilometer Reise, bevor es im Kühlschrank landet.
Die Konsumenten wissen oft nicht, wieviel
Kilometer manches Produkt zurücklegt, bevor es im Supermarktregal landet. Honig aus Kanada, das ist
nicht nur ein Weltreisehonig, nein das ist eine Klimaerwärmungsköstlichkeit!
Pommes, die man sich zur Currywurst
reinzieht die kommen vom Bauern nebenan? Nein! Die Kartoffeln werden nach Italien gekarrt, dort
geschält und gewaschen. In Holland werden sie geschnitten und vorbehandelt, um dann als Pommes Frites
den Leibesumfang zu vergrößern.
Die kapitalistische
Profitmaximierungsgesellschaft entwickelt unglaubliche Perversionen. Parmaschinken? Bitte, Ferkel aus
Belgien werden nach Italien gekarrt. Dort werden sie mit Magermilchpulver aus Hamburg gemästet, das
zuvor in Österreich mit Rindertalg angereichert wurde. Geschlachtet, gewürzt und fachgerecht
getrocknet wird der Schinken von Parma aus dann in die ganze Welt transportiert. Krabben fängt man in
der Nordsee, transportiert sie zum Schälen nach Marokko und verteilt sie von dort auf Europas
Fischmärkte.
Ach ja... Argentinische oder
südafrikanische Trauben, die sind doch soooo lecker. Kiwis? Na gut, zum Schluss der Transport
von einem Kilogramm Kiwi aus Neuseeland verbraucht 136 Kilowattstunden Energie, damit könnte man 500
Kilo italienische Kiwis transportieren oder sechs Tonnen regionales Obst.
Auf jeder Packung kann man lesen, was
für seltsame Zusätze einem Lebensmittel beigemengt wurden Geschmacksverstärker mag
ich besonders gerne , aber wie weit dieses Produkt bis zum Endverbraucher transportiert wurde, wie
viel unnötige Energie vergeudet wurde, das steht nicht auf der Packung. Mit Dosenpfand allein rettet
man die Umwelt nicht! Es geht nicht nur um die Frage, ob wir Erdbeeren aus Südafrika brauchen oder
Weintrauben aus Chile, es geht auch nicht nur darum, dass wir mehr denn je gesunde Lebensmittel und
Produkte fordern, es geht auch darum, dass sie möglichst kurze Transportwege hinter sich haben. Das
entlastet die Umwelt und schont den Autobahnbelag.
Dieter Braeg
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