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Führende Teile der LPDS behaupten, die Privatisierung der Berliner
Sparkasse sei von der EU erzwungen. Das ist falsch. Es ist eine Entscheidung des Berliner Senats.
Die Berliner Sparkasse soll bis Ende 2007
zusammen mit der Landesbank Berlin Holding AG verkauft werden. Hinter letzterem Namen verbirgt sich das
umbenannte Skandalinstitut Bankgesellschaft Berlin AG. Die Bankgesellschaft ist eine Holding, ein Dach,
unter dem verschiedene Teilbanken mit unterschiedlichen Eigentumsformen angesiedelt sind: die Landesbank
Berlin (Berliner Sparkasse, früher eine Anstalt öffentlichen Rechts, nach dem Sparkassengesetz in
eine AG umgewandelt LBB AG), die Berliner Bank (eine Aktiengesellschaft), die BerlinHyp. Bis letzten
Sommer hieß das Holdingdach Bankgesellschaft Berlin AG. Um sie besser verkaufen zu können, wurde
sie dann in Landesbank Berlin Holding AG umbenannt.
Seit dem 19.Januar läuft das
Ausschreibungsverfahren, die erste Runde ging am 5. Februar zu Ende. Gemeldet haben sich 19 Interessenten,
darunter der Deutsche Sparkassen- und Giroverband sowie einige Landesbanken, die einen Verkauf der Berliner
Sparkasse an einen privaten Investor verhindern wollen.
Zu den Interessenten gehören aber auch
private Bankhäuser wie HypoVereinsbank und Commerzbank oder Finanzinvestoren wie Christopher Flowers
und Lone Star oder die Investmentgesellschaft Cerberus. Das Manager Magazin bezeichnete letztere Firma als
"Geier-Fonds". Der rot-rote Senat unterhält zu diesem Unternehmen anscheinend gute
Verbindungen, immerhin verkaufte er 2004 die städtische Wohnungsbaugesellschaft GSW an Cerberus. Bis
zum Frühjahr soll die vom Senat mit dem Verkauf beauftragte Investmentbank UBS die Gebote prüfen
und einige Bieter auswählen, die dann zu einem unverbindlichen ersten Angebot aufgefordert werden.
Dass die ehemalige Bankgesellschaft
verkauft werden muss, hat seine Ursache im Berliner Bankenskandal von 2001. Zu Zeiten der Großen
Koalition in Berlin hatten die Manager der Bankgesellschaft im Verbund mit Wirtschaftsprüfern,
"Beratern" und Politikern Verluste und Risiken in Milliardenhöhe angehäuft. Anfang 2001
stand die Bank vor der Pleite, die Große Koalition zerbrach. Der rot-grüne Zwischensenat war der
Auffassung, die Bank müsse vor der Insolvenz gerettet werden und sorgte für eine
Kapitalerhöhung von 1,8 Milliarden Euro. Die Maßnahme reichte jedoch nicht aus, den Konzern am
Leben zu halten. So erließ der seit 2002 regierende rot-rote Senat das
"Risikoabschirmungsgesetz". Risiken der Immobilienfonds werden durch Haushaltsmittel in einer
Höhe bis zu 21,6 Milliarden Euro aufgefangen. Ob diese Lösung optimal ist darf bezweifelt werden
die Berechnungen, die sie in diesem Licht erscheinen lassen, hat die Bankgesellschaft im Auftrag des
SPD-Finanzsenators selbst angefertigt.
Die Rettungsbeihilfen für die Bankgesellschaft Kapitalzuführung und Risikoabschirmung
wurden von der EU-Kommission daraufhin überprüft, ob sie nicht die heilige Institution des
Wettbewerbs tangieren. Und in der Tat: Die Kommission befand sie für wettbewerbsverzerrend und
erließ am 18.Februar 2004 eine Auflage. Die EU ist also erst tätig geworden, nachdem der Berliner
Senat seine Maßnahmen für die Rettung der Bankgesellschaft eingeleitet hatte.
Was sieht die Auflage vor? Im Wesentlichen
drei Punkte:
1. Berlin muss den bei der EU-Kommission
eingereichten "Umstrukturierungsplan" für die Bankgesellschaft umsetzen.
2. Die Teilbank Berliner Bank muss
ausgegliedert und separat verkauft werden. Dies geschah letzten Herbst.
3. Berlin muss seine Anteile an der
Bankgesellschaft bis Ende 2007 verkaufen.
Eine ausdrückliche Verpflichtung zum
Verkauf der Sparkasse findet sich in der EU-Auflage nicht. Doch Berliner Regierungsvertreter behaupten mit
Nachdruck, sie würden von der EU geradezu gezwungen, die Sparkasse zu verkaufen. Dies kann man
glauben. Man kann aber auch mal bei der EU nachsehen, was sie dazu schreibt. Hier ein Zitat aus einer
Erklärung der EU-Kommission vom 28.Juni 2006:
"In ihrer mit Gründen versehenen
Stellungnahme betont die Kommission, dass gemäß Artikel 295 EG-Vertrag ... Deutschland vollkommen
frei über die Privatisierung oder Nichtprivatisierung einer Sparkasse entscheiden kann. Sobald jedoch
Deutschland beschließt, eine Sparkasse zu privatisieren, wie es das Land Berlin mit der Berliner
Sparkasse getan hat, müssen die Vereinbarungen für die Privatisierung mit dem EU-Recht
übereinstimmen."
Wir können annehmen, dass die
Bereitschaft, die Sparkasse zu verkaufen, im erwähnten Umstrukturierungsplan des Senats
festgeschrieben ist. Leider wird dieses Papier geheim gehalten. Dass sich die privatisierungsfreundliche EU
über diese Pläne sehr gefreut hat, können wir ebenfalls annehmen. Dennoch halten wir auch
hier deutlich fest: Es gab keinen Zwang der EU, die Sparkasse zum Verkauf anzubieten. Warum es der Senat
trotzdem machen will, erklärt vielleicht ein kurzer Satz des LPDS-"Haushaltsexperten" Carl
Wechselberg aus dem Jahre 2002, also noch vor der EU-Auflage: "Die Sparkasse soll verkauft werden,
weil sie noch Wert hat. Ansonsten werden wir die anderen Teile der Bankgesellschaft nicht los."
Eine öffentlich-rechtliche Sparkasse an einen privaten Investor zu verkaufen war in Deutschland bis
zur Verabschiedung des rot-roten Sparkassengesetzes im Juni 2005 nicht möglich. Mit diesem Gesetz fand
eine Umetikettierung innerhalb der Holding Bankgesellschaft statt: Die Landesbank Berlin, bislang eine
Anstalt öffentlichen Rechts, wurde zum 1.Januar 2006 in eine Aktiengesellschaft (LBB AG) umgewandelt.
Dabei übernahm die LBB Holding AG das gesamte Grundkapital der zur AG umgewandelten LBB. Die Berliner
Sparkasse, eine Abteilung der LBB, solange diese eine Anstalt öffentlichen Rechts war, wurde zu einer
teilrechtsfähigen Anstalt öffentlichen Rechts ohne eigenes Vermögen. Die Berliner Sparkasse
wurde der Trägerschaft und damit den Weisungen der privatisierten LBB AG unterstellt;
bei der LBB AG liegt auch das Vermögen der Sparkasse. Wenn der Investor kommt, erwirbt er die LBB AG
samt Sparkassenvermögen und Trägerschaft der Sparkasse.
Nun behauptet die Berliner LPDS, es handle
sich beim Berliner Sparkassenverkauf um einen Einzelfall. Dies kann nur behaupten, wer im Mustopf sitzt und
sich Gedanken zum demokratischen Sozialismus macht. Hätten die Genossen einen Blick z.B. ins
Handelsblatt geworfen, hätten sie mitbekommen, dass die Privatbanken den Berliner Fall als
"Präzedenzfall" feiern. Die öffentlichen Banken haben in Deutschland einen Marktanteil
von rund 40% da ist es naheliegend, dass Private einfallen wollen. In Hessen ändert Koch gerade
das Sparkassengesetz und macht den Einstieg Privater möglich. Dies ist nicht erstaunlich. Erstaunlich
ist, dass die hessische LPDS Zeter und Mordio ob dieses "Privatisierungswahns" schreit und die
Berliner Genossen Koch die Vorlage liefern.
Ebenso erstaunlich ist, dass sich der
Berliner Senat beim Sparkassengesetz von der Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer beraten
ließ, die laut Medienberichten auch den Bundesverband deutscher Banken also die
Privatbankenlobby berät. In Hessens Bankenlandschaft kennt sich diese Kanzlei ebenfalls aus.
Laut ihren Presseverlautbarungen beriet sie die Landesbank Hessen-Thüringen bei der Übernahme der
Frankfurter Sparkasse.
Nun wurde von der rebellischen Berliner
WASG auf ihrem letzten Parteitag eine Kampagne "gegen die Privatisierung der Berliner Sparkasse"
angemahnt. Hätte die Berliner WASG sich die letzten Monate nicht nur mit sich selbst beschäftigt,
wäre dieser sympathische Vorschlag vielleicht noch rechtzeitig gekommen.
Zwei Bürgerinitiativen machen seit
2002 auf dieses Thema aufmerksam, leider wollte dies niemand so recht wahrnehmen. Aufgrund der vom Senat
herbeigeführten Bank-Konstruktion ist die vermögenslose Sparkasse eine pseudo-öffentlich-
rechtliche Anstalt. Wer jetzt noch ihre Privatisierung verhindern will, müsste den Verkauf der
Bankgesellschaft verhindern. Dies hätte nicht nur einen langen Rechtsstreit mit der EU zur Folge,
sondern auch wirtschaftliche Folgen, die nicht abzusehen sind, da solch ein Szenario bislang nicht
kompetent und objektiv geprüft wurde.
Was tun? Das Berliner Bündnis gegen
Privatisierung bereitet ein Volksbegehren zum Thema Sparkasse vor. Da diese nach wie vor öffentlich-
rechtlich ist, lassen sich über das Sparkassengesetz diverse fiskal- und sozialpolitische
Steuerungsmechanismen einbauen. Zum Beispiel kann Einfluss auf die Gewinnverwendung der Sparkasse oder ihre
Geschäftspolitik (Stichwort "Girokonto für jedermann") genommen werden.
Die demokratischen Sozialisten der Berliner
LPDS haben nämlich, investorenfreundlich wie sie sind, mit dafür gesorgt, dass auf solche
Steuerungsinstrumente, die in anderen Bundesländern selbstverständlich sind, im Berliner
Sparkassengesetz verzichtet wurde.
Benedict Ugarte Chacón
Der Autor ist Politikwissenschaftler und einer der Sprecher der "Initiative Berliner
Bankenskandal". Informationen zum Berliner
Bankenskandal.
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