SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, März 2007, Seite 07

Verschmelzungsvertrag WASG/PDS

Wie aus einer Parteineugründung ein Beitritt wird

von DIETER BRAEG

Seit Mitte Januar gibt es für die Vereinigung von WASG und Linkspartei.PDS den Entwurf eines Verschmelzungsvertrags. Danach soll "die Wahlalternative e.V. als übertragender Verein auf den Verein ‘Die Linkspartei e.V.‘ ... verschmolzen werden. Die Verschmelzung der Vereine erfolgt auf gleichberechtigter Basis. Der verschmolzene Verein bleibt politische Partei i.S.v. Artikel 21 GG sowie i.S.d. PartG."
Was ist eine Verschmelzung? Der Begriff kommt aus dem Unternehmensrecht. Dabei "handelt es sich um die weitestgehende Form einer Unternehmensverbindung ... Bei der Verschmelzung zur Neugründung werden zwei oder mehr Fusionspartner so zusammengeführt, dass hieraus eine völlig neue Gesellschaft entsteht. Bei der Verschmelzung zur Aufnahme überträgt eine (übertragende) Gesellschaft ihre Aktiva und Passiva auf eine andere (übernehmende) Gesellschaft, die dann in verändertem Zuschnitt fortbesteht. Die übertragende Gesellschaft erlischt hierbei."
Zu gut Deutsch, die WASG tritt bei und es entsteht nicht, wie in breiten Teilen der Mitgliedschaft gefordert, eine Neugründung oder irgendein Verschmelzungsprozess, der jener Gleichberechtigung entsprechen soll, auf den die Mitglieder der WASG einen Anspruch haben und der ihnen auch immer wieder versprochen wurde. So ist die WASG "übertragender Verein". Der Verschmelzungsstichtag ist der 16.6.2007, ab da "gelten alle Handlungen und Geschäfte des übertragenden Vereins als für Rechnung des übernehmenden Vereins vorgenommen". Das betrifft auch die Mitgliedsbeiträge. Ab einem Nettoeinkommen von 2500 Euro pro Monat werden dann 4% als Beitrag eingezogen.
Mit den Mitgliedern wurde das Vertragswerk nicht diskutiert. Ob die Vertragsbestimmungen mit den betroffenen Beschäftigten beider Vereine geregelt und verhandelt wurde, ist zu bezweifeln. Jedenfalls gibt es dazu keine Betriebsvereinbarung, wobei die WASG überhaupt nie für einen Betriebsrat gesorgt hat. Soweit erkennbar, sichert der "übernehmende Verein" zu, dass der Vertrag dem Betriebsrat (der LPDS) mindestens einen Monat vor dem Bundesparteitag bekannt gemacht wird. Fein, dass der Betriebsrat dann unter demselben Termindruck steht, mit dem auch jeder Unternehmer seine Betriebsräte knechtet und auf diese Weise drängt, Fehlentscheidungen zuungunsten der Belegschaft zu treffen.
Einen Jugendverband soll es in der neuen Partei geben. Ein Frauen- oder Seniorenverband kommt im Vertrag nicht vor. So sehr bleibt man sogar noch hinter Vertragswerken zurück, die in bürgerlichen und sozialdemokratischen Parteien üblich sind.
Auf den parallel stattfindenden Bundesparteitagen am 16.Juni 2007 wird der gemeinsame Vorstand der neuen Partei gewählt, der bis 2010 im Amt ist. Dabei werden die Vorsitzenden, stellvertretenden Vorsitzenden und die Mehrzahl des Bundesvorstands der neuen Partei paritätisch besetzt. Der Posten des Bundesschatzmeisters und des Bundesgeschäftsführers wird nur von der LPDS besetzt (und gewählt), dafür darf die WASG einen Finanzbeauftragten mit Schwerpunkt alte Bundesländer und einen Parteibildungsbeauftragten mit Schwerpunkt alte Bundesländer bestimmen.
Diese Festlegung ist eine Provokation. Die neue Partei tritt nicht nur die Rechtsnachfolge der LPDS an, was für sich genommen schon problematisch genug ist. Sie übernimmt auch alle ihre finanziellen "Altlasten", und deren Besprechung oder Beschweigung verbleibt in den Händen der alten Kamarilla, als hätte es die Vereinigung nicht gegeben. Was die Partei sich künftig politisch leisten kann oder nicht wird u.a. von der Rücksichtnahme auf diese Altlasten abhängen. Diese Partei steht von vornherein unter der Bevormundung des KL-Hauses, das man aus diesem Anlass besser in "Karl-Liebknecht-Amt" umbenennen sollte.
Wer bei einer Parteineugründung so mit der Mitgliedschaft umgeht, der wird bei den Wählerinnen und Wählern keinen Erfolg haben. Der Neubeginn ist gründlich versaut.

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