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[Premierminister] Verhofstadt hat gesagt, die Schließungspläne von VW hätten nationalistische Motive
gehabt. Angeblich seien die Lohnkosten in Vorst höher als in Wolfsburg.
Gegenüber Deutschland haben wir vergleichbare Lohnkosten. Wird die Produktion nach Tschechien oder Slowenien
verlagert, ist das eine andere Geschichte. Das Problem für die Konzernleitung ist die Überproduktion, nicht die
Lohnkosten. Deshalb restrukturiert sie die Produktion. Hat dabei Nationalismus eine Rolle gespielt? Ja und Nein.
Natürlich ist es für VW schwieriger, einen Betrieb in Deutschland zu schließen als in Belgien. Aber da spielen
auch andere Faktoren mit. So macht es einen großen Unterschied, ob man für den belgischen oder den deutschen Markt
produziert: Wenn man 2% auf dem belgischen Markt preisgeben muss, ist das etwas ganz anderes als 2% auf dem deutschen Markt.
Müssen die Lohnkosten gesenkt werden?
Grundsätzlich haben wir als Gewerkschaftsbewegung keine Antwort auf die Abwärtsspirale. Das ist das große
Problem. Überall werden die Sozialabgaben auf die Arbeit gesenkt, überall wird flexibler gearbeitet. Eine
Niederlassung wird gegen die andere ausgespielt. Die einzige Antwort darauf wären europäische Tarifverhandlungen
innerhalb multinationaler Unternehmen. Wir brauchen europäische Tarifverträge. Wir haben es nicht mehr bloß
mit einer belgischen Wirtschaft zu tun. Das ist überholt. Manche werden sogar sagen, dass wir in einer Weltökonomie
leben, das stimmt, aber was das Auto betrifft, haben wir es noch mit einem europäischen Markt zu tun. Die Wagen, die
hier verkauft werden, werden häufig auch hier hergestellt. Ein Auto aus China hierher zu transportieren ist teuer.
nKann man nichts gegen derartige Entlassungen tun?
Damals im Arbeitskampf bei Renault-Vilvoorde haben die
Arbeiter ein Gesetz gefordert, das eine Werksschließung vor Gericht bei Vorlage entsprechender finanzieller und
ökonomischer Fakten anfechtbar macht. Renault hatte die Schließung des Werks in Vilvoorde zum Überleben ganz
und gar nicht nötig, das wollten wir vor Gericht beweisen. Dieses Gesetz haben wir nicht bekommen. Wir haben ein anderes
bekommen, es sieht vor, dass Massenentlassungen vorher angekündigt werden müssen. Dann haben die Gewerkschaften
Zeit, Einspruch zu erheben, Alternativen auszuarbeiten und Aktionen zu organisieren. Das Gesetz hat die Welt nicht
verändert, es gibt immer noch Schließungen und Massenentlassungen, aber es bietet doch Möglichkeiten. Vorher
war es so: Die Arbeiter bei Michelin kamen aus dem Urlaub zurück und mussten feststellen, dass ihr Betrieb geschlossen
worden war.
Müssen die Gewerkschaften sich für den Erhalt des Standorts einsetzen?
Das meine ich wohl, aber Solidarität bekommt man nicht geschenkt. Sollen die deutschen Gewerkschaften sich
mobilisieren, muss man sie dazu auch auffordern. Die Beschäftigten vor Ort müssen die Sache selbst in die Hand
nehmen, dann kann man auch mit Solidarität rechnen.
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