SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, April 2007, Seite 21

Das böse Erbe des Kolonialismus

Blood Diamond, USA 2006, Regie: Edward Zwick. Mit Leonardo DiCaprio, Djimon Hounsou, Jennifer Connelly u.a.

Blood Diamond ist ein guter Film, der ziemlich stümperhaft versucht, soziales Bewusstsein zum Ausdruck zu bringen, seine Message ist versetzt mit uralten Stereotypen und simplen Lösungen.
Danny Archer (vortrefflich gespielt von Leonardo DiCaprio) ist der Sohn rhodesischer Siedler, ein reueloser rassistischer Söldner, der zum Diamantenschmuggler geworden ist. Dank einiger allzu simpler Zufälle und einer nicht überzeugenden "Konvertierung" in letzter Minute schafft er es, gemeinsam mit einer kämpfenden amerikanischen Journalistin den afrikanischen Fischer Solomon Vandy zu retten und zugleich das Gewissen Diamanten kaufender Verbraucher zu beruhigen.
Vandy ist der "noble Wilde", naiv, ehrlich und nicht korrumpierbar — seine Rettung ist jedoch vollkommen von der Fähigkeit des weißen Manns abhängig, mit den Fährnissen und der Brutalität im Diamantenhandel umzugehen. Die Journalistin ist ungefähr so eindimensional gestrickt wie ihr Plan, Afrika zu retten. "Die Leute zu Hause würden keine Diamanten kaufen, wenn es jemanden die Hand kosten würde", glaubt sie.
Hinter soviel Gefühlsduselei gibt es jedoch eine materielle Realität — eine Generationen alte Gier, Imperialismus und kapitalistischer Wettbewerb in ihrer blutrünstigsten Variante. Es ist diese Realität, die den Film ansprechend macht.
In einer frühen Szene sitzt ein Haufen Heuchler in Anzügen an einem langen Tisch bei der Diamantenkonferenz der G8 in Antwerpen und diskutiert über das Leiden, das Diamanten mit sich bringen, wenn mit ihnen Waffen für Konflikte auf der ganzen Welt gekauft werden. Solche Diamanten, mit denen man Waffen kauft, heißen "Blut"- oder "Konflikt"-Diamanten.
Die steifen Anzüge machen leider nicht den nächsten logischen Schritt — die Vermögen zu verurteilen, die von der Waffenindustrie erwirtschaftet werden, besonders in den USA, wo man bei Waffenkäufen keine Fragen stellt. Der Film spielt in den 90er Jahren in Sierra Leone, dort herrscht zwischen der korrupten Regierung und der ebenso korrupten "Revolutionary United Front" (RUF) Bürgerkrieg.
Die Brutalität dieses Krieges bedient die Illusion von der "Bürde des weißen Mannes": angeblich sind die postkolonialen Afrikaner nicht in der Lage, ihre eigenen Länder zu regieren. "Ich weiß, dass es einige Leute gibt, die sagen, dass etwas mit uns unter unserer schwarzen Haut nicht stimmt — dass es uns unter der Herrschaft des weißen Mannes besser geht", sagt Vandy. "Ich verstehe, dass der weiße Mann unsere Diamanten will, aber wird Gott uns jemals vergeben, was wir einander antun?"
Eine ebenso brutale Parallelwelt herrscht unter denen, die die Blutdiamanten vermarkten, überall stößt man auf das böse Erbe des Kolonialismus. Amputierte aus Sierra Leone spielen Kindersoldaten. Ein Soldat der RUF erzählt einem gerade gefangengenommenen Jungen, wie die Männer von König Leopold dem Feind Hände und Arme abhackten, damit sie sich nicht wehren konnten.
Die Kolonialherren haben Sierra Leone nicht verlassen. Sie sind immer noch dort, stehlen die Ressourcen und kontrollieren den Reichtum des Landes. Diejenigen weiter oben in der Hierarchie des Diamantenkartells leben auf weitläufigen Anwesen mit vielen Dienern. Sie diskutieren höflich darüber, wie sie Waffen an die Rebellen verkaufen, während die Regierung sie dafür bezahlt, die Rebellen zu fangen — als Belohnung bekommen sie Diamantenkonzessionen. Gleichzeitig überlegen sie, was zu tun sei, falls jemand zwischen sie und einem guten Diamanten gerät.
Schneller Vorlauf zum Filmende. Die Journalistin kriegt ihre Geschichte. Es gibt eine Zeugenaussage bei der Diamantenkonferenz. Das Kimberly-Verfahren, bei dem die Diamanten von ihrer Auffindung bis zum Verkauf zertifiziert werden, rettet die Welt. Man kann den Erfolg des Verfahrens am Applaus der sog. legitimen Diamantenvertreter auf der Konferenz messen: die wissen, dass selbst grobe Versuche, das Angebot zu beschränken, ihnen erlauben, ein hohes Preisniveau zu halten.
Der erste Blick im Film auf Afrikaner, die unter Waffendrohung in schlammigen Gruben nach Diamanten suchen, mahnt daran, dass an allen Ressourcen, die aus dem Bauch der Erde geholt werden, Blut klebt — Blut von Konflikten und Unterdrückung; ihr Wert wurde von denen gestohlen, die sie heranschaffen.
Kein Diamantenschürfer wird wegen des Kimberley- Verfahrens einen besseren Lohn, eine Gesundheitsversorgung oder eine Chance auf ein besseres Leben erhalten. Bürgerkriege werden andauern und Diamanten werden geschmuggelt werden, solange das System vom Profit vorangetrieben wird. "Viele in der Diamantenindustrie haben für das Kimberley-Verfahren wenig mehr als ein Lippenbekenntnis übrig", sagt Alex Yearsley, einer der treibenden Kräfte in der Kampagne gegen die "Blut"diamanten. Das überrascht nicht.
In der Zwischenzeit wird die Mehrzahl der Juwelen in Indien poliert und verarbeitet, in miserablen Sweatshops von Arbeitern, die weniger als 2 Dollar am Tag verdienen. Die geschätzten 3000 Kinder, die in den Werkstätten verpestete Luft einatmen, machen sich keine großen Gedanken um konfliktfreie Diamanten.

Cindy Beringer

Aus: Socialist Worker (Chicago), 9.2.2007 (www.socialistworker.org) (Übersetzung: Angela Huemer).





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