SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Juni 2007, Seite 10

Polen

Kampf um Gewerkschaftsrechte

von Norbert Kollenda

In Wroclaw versammelten sich am 19.April 1500 Menschen zu einer Demonstration — die erste größere Demo nach 20 Jahren.
Aufgerufen hatte das "Komitee zum Schutz und zur Verteidigung unterdrückter Arbeiter" (KPiORP), das von der Gewerkschaft Sierpien 80 (August 80) unterstützt wurde. Dem Aufruf folgten Mitglieder der Gewerkschaft "Initiative für Arbeit", verschiedene Bewegungen wie Lepszy Swiat, Attac, Spoleczenstwo Aktywne und die PPP (Polnische Partei der Arbeit), "Junge Sozialisten" und Anarchisten. Die Demo begann am Sitz der Firma Impel, die sich durch besonders fiese Unterdrückungsmethoden hervortut.
Im Vorfeld gab es Vorwürfe einer großen Gewerkschaft, die KPiORP störe mit ihrer Initiative den Arbeitsfrieden bei der Firma Impel und gefährde Arbeitsplätze. Diese Firma tue sich durch besonderes soziales Engagement gegenüber den Arbeitern hervor. Impel selbst warf den Veranstaltern Rufmord vor.
Die Gewerkschaft Sierpien 80 erstellte daraufhin einen Bericht, indem sie die ihr bekannten Fakten zusammentrug. Als Grundlage dienten Aussagen und Berichte von Betroffenen wie auch von Angestellten, die Einblick in die Personalpolitik haben. Der Bericht wurde am Eingang des Betriebs hinterlassen, weil niemand von der Geschäftsleitung ihn entgegen nehmen wollte. Dabei wurde nochmals betont, Impel sei ein Synonym für die Unterdrückung von Arbeitern, allerdings sei sie nicht die einzige Firma. Die Gewerkschaft unterrichtete die Öffentlichkeit, sie wolle jetzt laufend eine Liste der Betriebe erstellen, die sich besonders negativ hervortun.
Vor dem Betrieb sprachen auch einige Betroffene aus verschiedenen Unternehmensbereichen, Kollegen, die wegen ihres gewerkschaftlichen Engagements entlassen worden waren. Vor etwa einem Jahr waren Arbeiter von einer Sicherheitsfirma von Impel bei einer Betriebsbesetzung verprügelt worden — das war der Anlass, das KPiORP zu gründen.
Impel ist mit 30000 Beschäftigten im Dienstleistungsbereich (Wachschutz, Reinigung, Catering) für Betriebe tätig. Darunter sind auch 5500 Behinderte, weshalb Impel Zuschüsse des Staates erhält. Impel untersteht auch eine Zeitarbeitsfirma. Der Versuch, in der Firma eine Gewerkschaftsgruppe zu bilden, hat zur Entlassung eines Arbeiters geführt. Damit wollte die Firma von Anfang an ein Zeichen setzen und die Arbeiter auch in anderen Bereichen davon abschrecken.
Verschiedene Redner brachten ihre Solidarität mit den Betroffenen zum Ausdruck. Ein Vertreter von Attac Deutschland erklärte, nicht der berühmte polnische Klempner oder die Putzfrau seien die Feinde deutscher Arbeiter, sondern die Arbeitgeber und die neoliberalen Regierungen. Vom Stadtrand ging es dann in die Innenstadt zum Regionalbüro der regierenden PiS. Dort sollte mit dem Bericht auch eine Gesetzesinitiative übergeben werden. Die Türen waren auch dort geschlossen.
Bei einer Pressekonferenz im Vorfeld am 5.April wurde ein Vorschlag für einen Gesetzesentwurf an das polnische Parlament vorgestellt, mit die gesetzlichen Grundlagen für Leiharbeiter verbessert werden sollen. So sollen Arbeiter nach drei Monaten von den Betrieben übernommen werden, in denen sie bisher gearbeitet haben, und somit nicht mehr Angestellte der Zeitarbeitsfirmen sein. Bisher gilt, dass die Zeitarbeitsfirmen die Arbeiter zweimal "beschäftigen" können. Im Augenblick wird das recht häufig praktiziert, auch von Volkswagen in Poznan, Elektrolux in Siewierz und vielen Firmen in Lódz. Außerdem sollen Leiharbeiter nicht mehr als 10% der Belegschaft stellen.


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