SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Juli 2007, Seite 25

Clara Zetkin (1857 – 1933)

Vorkämpferin der sozialistischen Frauenbewegung

von Gisela Notz

Clara Zetkin, eine der wichtigsten Wegbereiterinnen der sozialistischen Frauenbewegung, wäre im Juli 150 Jahre alt geworden.
Sie wurde am 5. Juli 1857 als Clara Eißner in Wiederau, einem sächsischen Dorf zwischen Leipzig und Chemnitz, am Fuß des Erzgebirges geboren. Sie war die Tochter des Dorfschullehrers Gottfried Eißner und seiner Ehefrau Josephine, einer "kultivierten Frau", die bereits mit den Pionierinnen der deutschen Frauenbewegung in Kontakt getreten war. 1872 zog die Familie nach Leipzig, wo Clara, beeinflusst durch ihren späteren Mann, Mitglied der SPD wurde. 1882 folgte sie ihrem ausgewiesenen Lebensgefährten über Zürich nach Paris und kehrte 1891 nach dem Tod ihres Mannes mit ihren beiden Kindern nach Deutschland zurück.
1889 hatte sie auf dem Internationalen Arbeiterkongress zum erstenmal ihre Anschauungen zur Frauenfrage entwickelt. Sie ging von einem grundsätzlichen Zusammenhang zwischen der "Frauenfrage" und der "sozialen Frage", zwischen der "Emanzipation der Frau" und der "Emanzipation der Arbeit vom Kapital" aus. Nach ihrer Meinung sollte sich die Emanzipation der Frauen mit der Überwindung des Klassenstaats durch den Klassenkampf quasi automatisch einstellen. Frauenpolitik war für sie "Mittel zum Zweck, damit sie [die Frau] gleichausgestattet ... mit dem Proletarier in den Kampf ziehen kann", um "mit dem Mann ihrer Klasse gegen die kapitalistische Klasse zu kämpfen". Daraus leitete sie ab, dass keine "spezielle Frauenagitation, sondern (nur) die sozialistische Agitation unter Frauen" notwendig sei. Eine Zusammenarbeit mit der bürgerlichen Frauenbewegung lehnte sie strikt ab. Die Probleme, die mit der Diskriminierung von Frauen zusammenhingen, waren Teil der Klassenproblematik, die nur durch die Aufhebung der Klassengesellschaft mittels Revolution und durch die Vergesellschaftung der Produktionsmittel lösbar sei. Diesem gemeinsamen Kampf sollte auch das Wahlrecht der Frauen dienen. Von 1891 bis 1917 war sie Redakteurin der sozialdemokratischen Frauenzeitschrift "Die Gleichheit". 1891 wurde sie Vorsitzende der Frauenorganisation der SPD.
Die sozialistischen Parteien standen der Organisierung der Frauen oft ablehnend gegenüber — wegen des Elends der proletarischen Familien und weil Frauen als "Schmutzkonkurrentinnen" des Mannes, als "Lohndrückerinnen" gesehen wurden. Von ihnen forderte Clara, sich für das Recht der Frauen auf Erwerbsarbeit und auf ökonomische Sicherheit einzusetzen. Frauenarbeit sei eine gesellschaftliche Notwendigkeit, denn Freiheit oder soziale Sklaverei beruhten auf ökonomischer Unabhängigkeit oder Abhängigkeit. Die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Frau sei die Voraussetzung für die Beseitigung der Unterdrückung der Frau. Für die proletarische Frauenbewegung waren Berufsarbeit und Schutzbestimmungen wichtige Forderungen. Ihr Ziel war die sozialistische Gesellschaft, sie sollte im gemeinsamen Kampf der Arbeiterinnen und Arbeiter erreicht werden.
Clara Zetkin bekämpfte gemeinsam mit Rosa Luxemburg mit großer theoretischer Entschiedenheit und rhetorischer Schärfe die reformistische Richtung in der SPD. Gemeinsam mit Ottilie Baader leitete sie die erste reichsweite Sozialdemokratische Frauenkonferenz 1900 in Mainz. Auf ihre Initiative fand 1907 in Stuttgart eine erste internationale Frauenkonferenz mit Delegierten aus 15 Nationen statt. Dort beschlossen die Teilnehmerinnen die verstärkte Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg und gründeten die Internationale Sozialistische Frauenbewegung (ISW). Sie machten Die Gleichheit zum internationalen Organ und Clara Zetkin zur Frauensekretärin der II. Internationale. Als solche organisierte sie 1915 in Bern die Internationale Sozialistische Frauenkonferenz gegen den Krieg.
1917 wurde sie im Zuge der Auseinandersetzungen um die Bewilligung der Kriegskredite Mitbegründerin der USPD und 1919 wechselte sie zur KPD. Nachdem 1919 das allgemeine, freie und gleiche Wahlrecht für alle erstritten war, zog sie für die KPD in den Reichstag ein und kämpfte dort vor allem gegen den aufkommenden Faschismus. Bis 1924 war sie Mitglied der Parteizentrale und 1927—29 Mitglied des Zentralkomitees der KPD. Von 1920 bis 1933 war sie Abgeordnete des Reichstags.
In der Eröffnungsrede, die sie 1932 als dessen Alterspräsidentin hielt, forderte sie die Einheitsfront aller Werktätigen gegen den Faschismus. Leider blieb diese Rede ohne Wirkung. Zur Zeit der Regierungsübernahme durch die Nazis im Januar 1933 hielt sie sich in Moskau auf, wo sie bald darauf starb.


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