SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, September 2007, Seite 04

Kolumne

Vom Krieg gegen Störenfriede

von Thies Gleiss

Das fröhliche Linke-Bashing von aufgescheuchten Sozialdemokraten geht munter weiter. Vor allem die Herren Beck und Heil machen immer wieder viel Freude, wenn sie feststellen, dass Die Linke gar nicht links, sonder eher rechts ist oder dass ihr Personal aus ausgesucht unsicheren Kantonisten bestehe. Von Allensbach bis Emnid wird allerdings stets ins Poesiealbum geschrieben, dass all dies die Umfragenzustimmung für Die Linke nach oben und die Stimmung unter den SPD-Anhängern nach unten bringt. Das Ziel, den deutschen Stammtisch mit Schmutz- und Lügengeschichten, persönlichen Beleidigungen und peinlichen Unterstellungen gegen die neue Linkspartei auf Ablehnung und Abscheu zu programmieren, ist noch nicht aufgegangen. Auch aus Sicht der herrschenden Klasse hat die Sozialdemokratie bisher versagt, die politischen Störenfriede der Linken niederzumachen, was der wichtigste Grund sein wird, an der Regierungsfähigkeit der SPD-Truppe in der Zukunft zu zweifeln.
Jetzt ist den gebeutelten Sozis ein junger Mann aus Westfalen, der Generalsekretär der NRW-CDU, Hendrik Wüst, zur Seite gesprungen. Er hat dem CDU-Vorstand in Düsseldorf und natürlich auch gleich der interessierten Presse, ein "Dossier" über die Spitzenleute der Partei Die Linke und deren Werdegang präsentiert. "Damit unsere Leute wissen, mit was für einer bunten Truppe wir es zu tun haben, habe ich die Werdegänge ihrer Führungsleute herausgesucht. Viele haben eine kommunistische Vergangenheit, haben mehrfach Parteien gewechselt oder sind vom Verfassungsschutz beobachtet worden." Was für Sünden! Wer sich noch daran erinnert, wie die CDU nach dem Einzug der Grünen in den Bundestag 1983 gegen die angeblichen Melonenpolitiker — außen grün und innen rot — zu Felde zog und die Biografien der führenden Personen durchforstete, kann angesichts der Stümpereien des Herrn Wüst nur betreten wegschauen. Ein bisschen mehr Mühe, werter Herr Wüst, hätte Die Linke wirklich verdient, zumal sie im Gegensatz zur Konkurrentin von 1983 schon im Namen sagt, wer sich in ihr organisiert. So ist es wahrlich eine großartige Enthüllung, dass alle Mitglieder des NRW- Landesvorstands der Linken Linke sind und es schon geraume Zeit waren. Und dass die Gründer einer neuen Partei vorher zum Teil in alten Parteien waren — ja isses denn die Möglichkeit!?
Die bisher noch nicht so richtig fetzenden Diffamierungsbemühungen gegen Die Linke sollten dennoch sorgfältig beobachtet werden, weil sie nur Teil 1 eines nicht unbekannten Dreisatzes des Krieges gegen den politischen Störenfried sind. Teil 2 wird auch schon eingeläutet: die Umarmungstaktik aus den Reihen der SPD, wie sie Frau Kraft in NRW oder Herr Maas im Saarland schon mal andeuten. Richten sich die Wüst-, Beck- und Heil-Ausfälle nach außen, an die Stammtische und Wählerschaften, so richtet sich die Umarmungstaktik vor allem nach innen. Die Mitglieder der Linken sollen dazu gebracht werden, ihre Programmatik zur Verhandlungssache zu erklären, bevor überhaupt etwas zu Verhandeln ansteht, sie sollen ihre Glaubwürdigkeit der angeblichen Vernunft gegenüber Sachzwängen opfern, bevor die Messe losgeht.
Leider steht zu befürchten, dass wieder mal viele aus der Linken an diesem Spiel teilnehmen werden, und nicht nur aus dem schon an Regierungen teilhabenden oder wild Regierung spielenden Club des Netzwerks Demokratische Sozialisten, sondern mit der bekannten Begeisterung für vorauseilenden Gehorsam auch und besonders aus den Reihen der Sozialistischen Linken. Der Dritte Satz im Projekt "Heimholung der Linken in das Reich der Demokraten" wird auch nicht lange auf sich warten lassen: die konzertierte Aktion von SPD und Presseorganen, um einzelne Vertreter der Linken heraus zu brechen und als die "Guten" und "Vernünftigen" aufzubauen, die von der bösen Partei gebremst werden. Der Sumpf aus Eitelkeit und Mediengeilheit lässt ja auch immer wieder die Sumpfblüten nachwachsen, die sich für diese Operation hergeben — um dann trotzdem den Tritt zu bekommen. Mit Gallert, Wolf, Lederer machen die ersten schon eifrig Männchen.


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