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Mitte Juni
starteten drei Volksbegehren gegen den neoliberalen Ausverkauf öffentlicher Güter in Berlin.
Getragen werden die Begehren von dem im Februar 2006 gegründeten "Berliner Bündnis gegen
Privatisierung". Mit den Begehren verstärkt sich der Druck auf die Liberalisierungs- und
Privatisierungspolitik des Berliner Senats und damit auf die mitregierende "Die Linke".
Das "Berliner Bündnis gegen
Privatisierung" startete gemeinsam mit dem "Berliner Wassertisch" und der "Initiative
Berliner Bankenskandal" zeitgleich zwei Volksbegehren zu den Themenfeldern "Wasser" und
"Sparkasse" um so die vielfältigen kritischen Positionen gegenüber der Senatspolitik
besser bündeln und in eine breite Öffentlichkeit zu tragen. Mit der Initiative der Studierenden
gegen die Einführung von Studiengebühren erweiterte sich das thematische Terrain und der Kreis
der Aktiven. Diese drei Volksbegehren sind der "umfassendste Versuch in einer Großstadt auf
unterschiedlichen Politikfeldern über das Instrument Volksbegehren die bürgerschaftliche
Wiederaneignung öffentlicher Güter voranzutreiben", betont der emeritierte FU-Professor
Peter Grottian.
Das studentische "Bündnis
für Solidarität und freie Bildung" setzt sich in diesem Rahmen zudem für den
unbeschränkten Zugang zum Masterstudiengang und für demokratischere Strukturen an Berlins
Universitäten ein. Mit dem Kampf gegen die Einführung von Studiengebühren wendet es sich
grundsätzlich gegen "den Trend, Bildung als Ware zu begreifen".
Das zweite Volksbegehren thematisiert die
seit 1999 teilprivatisierten Berliner Wasserbetriebe und damit einen stadtpolitischen Dauerbrenner.
Während die Konzerne (RWE und Veolia) in den letzten Jahren ihre Gewinne aus dem Wassergeschäft
fortlaufend steigern konnten, sanken die Anzahl der Beschäftigten und die Summe der Aufwendungen
für notwendige Investitionen. Die Quittung der Privatisierung bekommen die Berliner Haushalte in Form
jährlicher Preiserhöhungen serviert. Zwar versprechen SPD und Linkspartei regelmäßig
die Rekommunalisierung der Wasserbetriebe prüfen zu wollen, es passiert jedoch nichts in dieser
Hinsicht. Mit dem Volksbegehren soll Bewegung in diese Debatte kommen. Angestrebt wird die Offenlegung
jener geheimen Verträge, die den privaten Konzernen üppige Gewinne garantiert, während die
Wasserpreise in die Höhe schnellen. Damit könnte die Voraussetzung für eine Klage auf
Nichtigkeit der Verträge und dann auch für eine Rekommunalisierung geschaffen werden.
Den aktuellsten Anlaß für ein
Volksbegehren gibt der Verkauf der Berliner Landesbank samt Berliner Sparkasse, mit dem Berlin zum
bundesweiten Vorreiter der Privatisierung des öffentlich-rechtlichen Bankensektors zu werden drohte.
Schlussendlich ging die Sparkasse an den Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) und blieb damit unter
öffentlich-rechtlicher Kontrolle, was die Linke und ihr Vorsitzender Klaus Lederer als Riesenerfolg
des "rot-roten" Senats feierte.
Dass ein Volksbegehren zur Novellierung des
Berliner Sparkassengesetzes dennoch sinnvoll ist, erklärt Benedict Ugarte von der Initiative
Bankenskandal: "Das deutsche Bankensystem mit seiner Trennung von Privatbanken, Genossenschaftsbanken
und öffentlich-rechtlichen Banken ist sowohl der EU als auch dem Privatbankensektor ein Dorn im
Auge." Es ist aber nicht so, "dass die Gefahr eines Aufbrechens dieses Systems mit dem Berliner
Landesbank-Verkauf an den DSGV abgewendet wäre", so Ugarte. "Denn das unter rot-roter
Verantwortung von einer internationalen Kanzlei geschriebene Berliner Sparkassengesetz macht den Verkauf
der Sparkasse an einen privaten Investor nach wie vor möglich und deshalb ist es ein
Modellgesetz für die ganze Bundesrepublik."
Es bliebe also nur abzuwarten, wann das
nächste Bundesland seine Sparkassen privatisieren möchte und sich dabei auf das Berliner
Sparkassengesetz berufen wird. Um die Berliner Sparkasse auf soziale Belange zu verpflichten, soll mit dem
dritten Begehren das Sparkassengesetz im Interesse der Beschäftigten und Bürger novelliert
werden. Vorgesehen ist dabei u.a. die Festschreibung eines "Girokonto für jedermann" sowie
der Erhalt der Filialen und Arbeitsplätze.
Dass die Volksbegehren auf große
Resonanz stoßen, zeigt die Liste prominenter Erstunterzeichner sowie die solidarische
Unterstützung aus anderen Bundesländern. Sehr treffend nicht nur für die Situation in
Berlin bemerkt Mag Wompel, Chefredakteurin bei LabourNet Germany: "Jeder Schritt der
Privatisierung ist ein Schritt zur weiteren Unterwerfung aller Lebensbereiche unter das Diktat des
Kapitals. Jeder Schritt des Widerstands dagegen bringt uns näher an das, was die Menschen brauchen:
bedingungslose, unentgeltliche soziale Infrastruktur für alle!"
Zur Begleitung der Volksbegehren hat das
"Berliner Bündnis gegen Privatisierung" die zweite Ausgabe der Antiprivatisierungszeitung
Privare herausgegeben. Die Zeitung, die Liste der Erstunterzeichner sowie Unterschriftenbögen und
weitergehende Informationen finden sich unter: www.unverkaeuflich.org
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