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Die
verheerenden Folgen der Brände in Griechenland waren größtenteils Folge von Entstaatlichung
und damit einhergehender Verschlechterung der öffentlichen Einrichtungen. Die Brände verursachten
auch eine Verschiebung der politischen Kräfte.
Am 23.August begann der Albtraum mit einem
Feuer, das in der Region von Zaharo auf dem Peloponnes ausbrach. In der Woche vom 23. bis zum 31.August
loderten 137 Feuer und zerstörten riesige Gebiete des Peloponnes in den Provinzen Elis, Messenien,
Lakonien und Arkadien sowie die schöne Insel Euböa.
In den ersten drei Tagen glänzten die
Behörden durch Abwesenheit. Als der Staat dann aktiv wurde, war er vollkommen unfähig, die
Brände unter Kontrolle zu bringen, Rettung zu organisieren und den Menschen zu helfen, die vom Feuer
angegriffen worden waren. Die einzige Hilfe kam von Regionalverwaltungen aus anderen Regionen des Landes
und von einfachen Leuten, die eine ungeheure Solidarität bewiesen.
Nach zehn Tagen hörte es langsam auf
zu brennen, es gab nichts mehr, was verbrannt werden konnte. Die Zerstörungen waren verheerend. 65
Menschen waren auf furchtbare Weise ums Leben gekommen, über 100000 Menschen verloren ihr Heim,
Ackerland und Tiere. 120 Dörfer waren ganz oder größtenteils zerstört, und mehr als
1500 Häuser vollkommen abgebrannt.
Nach Angaben des griechischen
Bauernverbands fielen dem Feuer riesige Ackerflächen und 73000 Tiere zum Opfer. Die Agrarwirtschaft
des Peloponnes ist zerstört. Die ökologischen Schäden können noch nicht beziffert
werden. Das ganze Land steht unter Schock und der Albtraum ist noch nicht vorbei wegen der
Waldschäden drohen nun vielen Regionen, einschließlich Athen, im Winter starke
Überschwemmungen.
Der große Schock ereignete sich fünfzehn Tage vor den Parlamentswahlen, er war in der
Wahlkampfzeit das vorherrschende Thema. Die konservative Regierung sprach von einem organisierten Plan von
Brandstiftungen und behauptete sogar, es könnte sich um einen Terrorangriff gehandelt haben ein
11.September gegen Griechenland. Von wem? Ohne irgendeinen Beweis sprachen einige Minister von externen
Drohungen, andere sprachen von anarchistischen Brandstiftern. Die Lüge war so groß, dass einige
Leute daran glaubten. Die KP Griechenlands (KKE) war einer Meinung mit der Regierung, ebenso die extrem
rechte Partei LAOS.
Glücklicherweise waren viele Menschen
von den Lügen der Regierung nicht überzeugt. Zehntausende organisierten sich selbst per SMS und
E-Mail und protestierten in vielen Städten. Sie trugen schwarze Kleidung, um ihrer Empörung
Ausdruck zu verleihen, und stellten ein großes Warum in den Raum. Wer zerstört aus welchem Grund
unsere Umwelt und unser Leben?
Die Fragen und diese Empörung motivierten auch einige Zehntausende zur Teilnahme einer
Demonstration, die das griechische Sozialforum, die Gewerkschaften und die Feuerwehrleute organisierten.
Die Empörung wird bei den Wahlen die Stellung der beiden großen Parteien (die konservative Nea
Dimokratia, ND, und die sozialdemokratische PASOK) schwächen und die der zwei linken Parteien, die KKE
und die Koalition der radikalen Linken (Syriza) stärken, leider aber auch zum ersten Mal die
rechtsextreme Partei LAOS ins Parlament bringen.
Warum gab es so viele und so
zerstörerische Brände? Klimatische Veränderungen haben alle Standards auf den Kopf gestellt.
Es würde nicht so viele und so zerstörerische Brände ohne die anhaltenden Hitzewellen und
die abnormal starken Sommerwinde geben. Wald entzündet sich selbst bei Hitzewellen nicht von allein,
aber Brände werden dann schnell unkontrollierbar.
Wer ist für den Klimawandel
verantwortlich? Der Klimawandel ist von Menschen verursacht, aber wir tragen nicht alle dieselbe
Verantwortung, auch wenn Al Gore uns dies weismachen will. Schuld sind die, die ungehindert Treibhausgase
in die Atmosphäre pusten. Das ist die Industrie, allen voran die der USA, nicht weit dahinter die
griechischen Industriellen. Komplizen des Verbrechens sind ND und PASOK, die trotz Unterzeichnung des
(unzureichenden) Kyoto-Abkommens dieses nicht respektieren und Griechenland zu einem Vorreiter in Europa
bei der Emission von Treibhausgasen gemacht haben.
Gibt es Brandstifter und einen
organisierten Plan? Natürlich gibt es sie. Private Individuen bedrohen die Wälder und wollen dort
Hotels und Wohnanlagen errichten. Mit Brandstiftung kommen sie am leichtesten an die Genehmigungen.
Verbrannter Wald ist kein Wald mehr und muss nicht mehr geschützt werden. So kann er leicht in
Baugrund verwandelt werden. Schwarzbauten lassen sich dann einfach legalisieren.
Die Regierung trägt auch eine
unmittelbare Verantwortung für die Brände. Denn sie hat versucht, Artikel 24 der Verfassung zu
ändern, der die Wälder schützt. Nicht nur Brandstifter sind für das Feuer
verantwortlich. Die meisten Brände werden durch elektrische Anlagen verursacht, die von privatisierten
Elektrizitätsfirmen nicht ordentlich gewartet werden. Die Anarchie des Marktes und die Profitkultur
verbrennen unser Leben.
Die Brände waren für Griechenland
wie Katrina, nicht wie der 11.September. Sie passierten nicht aus heiterem Himmel. Seit Jahrzehnten stellen
sie im Sommer die größte Bedrohung dar. Unter den Bedingungen des Klimawandels würde ihre
Bekämpfung ein koordiniertes Vorgehen einer handlungsfähigen Staatsmacht erfordern. Stattdessen
propagieren die Neoliberalen weniger Staat.
Warum haben die Behörden versagt? Weil
sie, statt den Brandschutz zu verbessern, die öffentliche Infrastruktur für die Prävention
und die Unterdrückung von Feuer ausgedünnt haben:
Für die Schaffung von
Brandschutzzonen in den Wäldern wurde kein Geld ausgegeben;
die Feuerwehr wurde personell
ausgedünnt es fehlen 4000 Feuerwehrleute, an ihrer Stelle werden Saisonarbeitskräfte und
ungeschultes Personal eingesetzt;
es gibt keine Ausgaben für mehr
und modernere Feuerwehrausrüstung.
Die griechische Regierung gibt viel Geld
für Waffen und Militärflugzeuge aus, aber für die Anschaffung besonderer Flugzeuge zur
Feuerbekämpfung gibt es kein Geld.
Mit anderen Worten: Menschen werden
ernsthaft durch das Walten der "Marktgesetze" verletzt die Griechen mussten das auf
bittere Weise erfahren. Sehr bald wird das Dilemma "Ökosozialismus oder Barbarei" die
öffentliche Debatte dominieren. Die Bedrohung durch Überschwemmungen und Verwüstung steht
"ante portas", vor den Toren.
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