SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Oktober 2007, Seite 22

Musiktipp

Bad Brains: Build a Nation (Megaforce)

Vor 30 Jahren war nicht nur in der afroamerikanischen Community jazziger Funk angesagt. So war es keine Besonderheit, als sich 1975 in Washington D.C. vier afroamerikanische Musiker zur Jazzfunkband Mind Power zusammenfanden. Doch bald verfielen sie dem Punkrock, was dann doch zu einigem Aufheben führte. 1979 ging die Band nach Auftrittsverboten in fast ganz Washington D.C. nach New York City und nahm dort nahmen H.R. (Gesang), Gary Miller (Gitarre), Earl Hudson (Schlagzeug) und Darryl Jenifer im Dezember als Bad Brains ihre erste Single auf. Der Name ging auf den Song "Bad Brain" von den Ramones zurück.
Die Band spielte "Cross over", als es diesen Begriff noch nicht gab. Als Fans von Black Sabbath und den Sex Pistols waren die Musiker über ein Bob-Marley-Konzert dermaßen begeistert, dass sie auch noch Reggae als Genre in ihr Repertoire aufnahmen. Sie folgten ihrem Idol nicht nur in vielen Titeln musikalisch, sondern schlossen sich auch der Rastafari-Gemeinde an. Das sorgte allerdings für Ärger in der Anfang der 80er Jahre entstehenden Hardcore-Szene, für die sie allerdings mit der Gruppe Blag Flag als stilbildend gelten. Einige großartige Alben wurden von den Bad Brains bis in die 90er Jahre veröffentlicht. Allerdings hat sich die Band fast so oft aufgelöst, wie sie Platten und CDs veröffentlichte. In ihrer Originalbesetzung kamen sie im Herbst 2006 wieder zusammen.
Wenn sie nach ihren musikalischen Wurzeln gefragt werden, nennen Gruppen wie Rage against the machine oder Beasty Boys an erster Stelle die Bad Brains. So ist es nicht verwunderlich, dass die Band sich Adam Yauch, besser bekannt unter dem Kürzel MCA, mit dem er bei den Beastie Boys aktiv ist, als Produzent holten. Adam Yauchs Anteil an diesem Album ist sicherlich nicht zu unterschätzen. Vor allem die Verfremdung der Gesangsstimme in vielen Stücken trägt seine Handschrift und gibt der Produktion eine besondere Note. Die Mischung aus Hardcore, Punk und Reggae hat aber den Hauch der Überraschung lange verloren. All diese Musikrichtungen sind im Laufe der Jahre neue Wege gegangen und so ist es nicht verwunderlich, dass die Musik der Bad Brains heute für kein Auftrittsverbot mehr sorgen wird. Im Gegenteil, sie sind Headliner bei Festivals und Live und werden nicht selten als die Hardcore-Legende aus Washington D.C. angekündigt.
Build a Nation ist die erste Studioplatte der vier seit über zehn Jahren. Sie kommt allerdings nicht an die großen Alben der Band wie I Against I heran. Die Texte des Jahres 2007 schwanken immer noch zwischen verquerer Rastarfari-Ideologie und verkifftem Nonsens, was vielleicht eingeschworene Reggae-Fans begeistern mag, beim Rest der potenziellen Konsumenten lediglich ein Kopfschütteln hervorrufen kann. Auch musikalisch ist alles beim Alten geblieben. Zwar eröffnet "Give Thanks And Praises" die Scheibe noch ansatzweise interessant mit Hardcore-Riffs und einem seltsam verfremdeten Singsang von H.R. "Jah People Make The World Go Round" setzt beim Tempo an alten Hoch-Zeiten der Band an, aber die sind eben lange vorbei. Der Band liegen heute eindeutig eher die melodischeren Stücke wie "Pure Love" oder der Titeltrack, in dem der Gesang an Mike Patton erinnert. Überzeugender als die Hardcore-Passagen sind daher eher die Reggae-Stücke, wie das dubbige "Matty Dreadlocks" oder "Jah Love", auf dem als Gast Jamie Saft an den Keyboards überzeugt.
Zur Vorstellung ihrer neuen CD kommen die Bad Brains zu einem Konzert nach Deutschland. Das wird am 13.10. in Köln in der Live Music Hall stattfinden und Live gehören die Bad Brains gerade aufgrund ihrer Vielseitigkeit immer noch zu den besonders sehens- wie hörenswerten Bands.

Thomas Schroedter


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