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Wer kennt Oswiecim? Vermutlich kaum jemand. Und wie sieht es mit Auschwitz
aus? Da werden die Menschen weltweit hellhörig. Dabei ist Oswiecim der polnische Name des Ortes, der
durch das größte Vernichtungslager der Nazis traurige Berühmtheit erlangte.
Die Kleinstadt Oswiecim hat etwa 40000
Einwohnerinnen und Einwohner und liegt etwa 50 km westlich von Krakau. Trotz des historischen Bezugs ist es
ein Film über die Gegenwart.
Im Mittelpunkt des Films steht Sven,
dargestellt von Alexander Fehling. Er leistet seinen Zivildienst in der internationalen
Begegnungsstätte. Hier kommt Autobiografisches ins Spiel. Regisseur Thalheim selber leistete Mitte der
90er Jahre dort Zivildienst. Abgesehen davon ist Sven aber nicht das Alter Ego von Robert. Denn Thalheim
sagt von sich, dass er damals absichtlich aus Idealismus genau dort Zivildienst machen wollte, während
Sven eher zufällig dort landet. Eigentlich wollte er in ein alternatives Jugendzentrum nach Amsterdam,
da dort aber nichts mehr frei war, findet er sich unversehens in Oswiecim wieder. Thalheim hat jedoch
Erlebnisse aus seiner Zivi-Zeit im Film verarbeitet.
Die Frage, worum es in Am Ende kommen
Touristen geht, beantwortet Hauptdarsteller Fehling so: "Um das Aufwerfen von Fragen, auf die es keine
einfachen Antworten gibt. Um das Aufzeigen von Widersprüchen, die Zwischenräume aufmachen und
nebeneinander stehen und stehen bleiben. Was heißt Vergessen? Was heißt Erinnern? Wie erinnert
man Ereignisse und Erlebnisse anderer Generationen?" Das wird am Beispiel des Verhältnisses des
jungen Sven zu dem ehemaligen Auschwitzgefangenen Stanislaw Krzeminski, dargestellt von Ryszard Ronczewski,
deutlich. Sven wird dem alten Mann als Betreuer zugeteilt. Dabei bleibt die Distanz zwischen den beiden
trotz aller Bemühungen von Sven unüberwindlich.
Die Doppelbödigkeit offizieller
Erinnerungspolitik und "Vergangenheitsbewältigung" wird am Beispiel einer fiktiven deutschen
Chemiefirma deutlich, die sich in Oswiecim geschäftlich betätigt. Tatsächlich ist noch heute
die Chemiefabrik der größte Arbeitgeber am Ort, die auf die Buna-Werke zurückgeht, die 1942
von der I.G. Farben gegründet wurden. Angeschlossen an diese Fabrik existierte von 1942 bis 1945 das
KZ Auschwitz III (Monowitz), in dem etwa 25000 Menschen ermordet wurden. An der heutigen Fabrik ist jedoch
keine deutsche Firma beteiligt. Es gibt aber deutsche Firmen in Oswiecim, u.a. ein VW-Werk. Die deutsche
Chemiefirma wird wohl eingeführt, um den Konflikt zwischen belasteter Vergangenheit und heutiger
geschäftlicher Aktivität besonders zugespitzt zeigen zu können.
Die Firma organisiert zwar für ihre
Auszubildenden eine Begegnung mit dem Zeitzeugen Krzeminski, die Lehrlinge wissen mit dem alten Mann aber
gar nichts anzufangen und absolvieren die Begegnung als reine Pflichtveranstaltung. Ihr Leiter
äußert sich in der Pause abfällig über "die Polen", die die Fabrik verkommen
lassen hätten. Eine Managerin der Firma lässt Krzeminski bei einer Gedenkfeier nicht zu Ende
reden. Das Gedenken droht so, zu einer leeren Geste zu werden, die pflichtgemäß gemacht wird, um
ins Geschäft kommen zu können und den guten Ruf zu wahren.
Der andere Strang der Geschichte ist Svens
Liebe zu Ania (Barbara Wysocka). Durch sie lernt er das Alltagsleben in Oswiecim kennen. Wie
zwiespältig dieser Alltag ist, sieht man in der Szene, wo die beiden an einem schönen Sommertag
Rad fahren. Auf der einen Seite grüne Wiesen und Felder, auf der anderen Seite der Stacheldrahtzaun
des ehemaligen Lagers. So überschattet Auschwitz auch heute noch Oswiecim. Die Einwohner von Oswiecim
fordern für sich trotzdem ein normales Leben. Ania, die als Touristenführerin in der
Gedenkstätte arbeitet, zieht es nach Brüssel, wo sie für die Europäische Kommission
arbeiten will. Ihr Bruder arbeitet in der Chemiefabrik und singt in einer Punkband. Viele in Oswiecim
denken, dass sie mit dem deutschen Lager nichts zu tun haben.
Das Ende des Films ist vollkommen offen,
keine der aufgeworfenen Fragen wird beantwortet. Aber gerade das macht den Film sehenswert. Jede Antwort,
die im Rahmen eines Films gegeben werden könnte, wäre verkürzt und damit falsch. Stattdessen
wird man zum Nachdenken angeregt.
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