SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Dezember 2007, Seite 29

Für den Gabentisch

"Alte" neue Bücher

Der Streifzug über die diesjährige Frankfurter Buchmesse zeitigte bei mir ein erstaunliches Ergebnis: Nicht die Flut teilweise kurzlebiger Neuerscheinungen landete zum Schluss im Geschenkkorb, sondern klassische "Standardwerke", die jetzt wieder verfügbar sind oder in neuen Ausgaben vorliegen und hier kurz vorgestellt werden sollen.

Winfried Wolf: Verkehr. Umwelt. Klima. Die Globalisierung des Tempowahns, Wien: Promedia, 2007, 495 S., 34,90 Euro

Vom langjährigen SoZ-Autor Winfried Wolf ist jetzt der Nachfolger seines lange vergriffenen Klassikers Eisenbahn und Autowahn erschienen: Verkehr. Umwelt. Klima. Auch diesmal handelt es sich um eine komplette Darstellung zur Geschichte und Gegenwart des Verkehrs und eine vernichtende Kritik einer Verkehrspolitik, die auf Auto-, Flugzeug- und Seeverkehr setzt und fossile und damit endliche Brennstoffe verbraucht. Neu ist die systematische Herausarbeitung des Zusammenhangs zwischen überflüssigem Verkehr, der nur der extrem arbeitsteiligen Produktion der globalisierten Ökonomie geschuldet ist, und den Folgen für den Klimawandel. So stecken z.B. in einem Joghurtbecher 2007 50% mehr Transportkilometer als 1987! Wolf bleibt jedoch nicht bei der Analyse stehen, sondern präsentiert in Kapitel V die Umrisse einer alternativen Verkehrsplanung: "Die 7 Tugenden einer alternativen Verkehrsorganisation". Erfreulich ist, dass das Nachfolgewerk mit 495 Seiten kompakter und prägnanter ausgefallen ist, eher schade dagegen, dass der Verlag sich nicht zu einer haltbaren Hardcover-Ausgabe durchringen konnte.
Aus aktuellem Anlass hier noch die neue Broschüre von Winfried Wolf, die im Rahmen des "Bündnis Bahn für alle" als Spezial-Nr.21 vom isw herausgegeben wurde:
Mit Hochgeschwindigkeit aufs falsche Gleis. Bahnprivatisierung in Deutschland und international (Preis: 3 Euro zzgl. Porto; Bestelladresse: isw, Johann-v.-Werth-Str.3, 80639 München, www. isw-muenchen.de).

Saul Friedländer: Das Dritte Reich und die Juden, München: C.H.Beck, 2007, 1317 S., 38 Euro

Normalerweise lässt mich der "normale Literaturbetrieb" mit seinen Preisverleihungen und Ehrungen eher kalt. 2007 bekam nun Saul Friedländer den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, und in Zusammenhang damit veröffentlichte der C.H.Beck Verlag eine preiswerte einbändige Sonderausgabe seines Klassikers Das Dritte Reich und die Juden. Ohne Zweifel stellt neben Die Vernichtung der europäischen Juden des im August 2007 verstorbenen Raul Hilberg dieses Buch den herausragenden Versuch einer auch subjektiv bewegenden Gesamtdarstellung dar, der "die klassische Triade der Gewalt: die Täter und ihre Obsessionen, die Opfer und ihre Verzweiflung, die schweigende Menge der Zuschauer mit ihrer Lust und ihrem Schrecken — und wenige, zu wenige Retter dokumentarisch genau, stilsicher und mitleidend beschreibt" (Stiftungsrat für die Verleihung des Friedenpreises).

Karl Marx: Das Kapital — Band 1. Die erste große illustrierte Ausgabe. Mit einer Einführung zu Werk und Wirkungsgeschichte von Hans Schilar sowie 150 farbigen Illustrationen von Klaus Waschk, Leipzig: Faber & Faber, 2007, 2 Bände im Schuber, 828 S., 65 Euro

Viele Schulungskurse und Lesekreise haben sich seit 1968 am Kapital von Karl Marx versucht und sind oft an der komplizierten Struktur des Werkes gescheitert. Die jetzt bei Faber&Faber, Leipzig, erschienene, zweibändige Ausgabe des Kapital, Band 1, illustriert von Klaus Waschk, macht Lust, sich erneut und mit mehr Gewinn an das Marx‘sche Hauptwerk heranzuwagen. Diese erste große illustrierte Ausgabe ist durch das Großformat lesefreundlich und hervorragend ausgestattet. Danke für den verlegerischen Mut, den belletristischen illustrierten Erstausgaben jetzt auch diese "singuläre" Ausgabe eines sozialwissenschaftlichen Klassikers an die Seite zu stellen!

Tilmann P. Fichter/S. Lönnendonker: Kleine Geschichte des SDS. Der Sozialistische Deutsche Studentenbund von Helmut Schmidt bis Rudi Dutschke, Essen: Klartext, 2007, 255 S., 15,95 Euro

Die emanzipatorischen und sozialistischen Wurzeln des 68er Aufbruchs sind durch den langen Marsch durch die Institutionen und die neoliberale und den Krieg befürwortende Politik der sog. "rot- grünen" Bundesregierung — teilweise ausgeführt durch ehemalige Beteiligte an der 68er Bewegung — für die heutige Generation junger Linker gründlich diskreditiert und zugeschüttet worden. Ein altes und doch neues Buch hilft, diese Wurzeln wieder freizulegen.
30 Jahre nach seinem ersten Erscheinen hat jetzt der Klartext Verlag eine überarbeitete und erweiterte Ausgabe der Kleinen Geschichte des SDS (von Tilmann P.Fichter und Siegward Lönnendonker) herausgebracht, der die bedeutendste Struktur für den damaligen Aufbruch war. Zwei Namen versinnbildlichen die Radikalisierung des ursprünglich SPD-frommen Studentenverbands: 1947 wurde der spätere Bundeskanzler Helmut Schmidt zum Vorsitzenden für die britische Besatzungszone gewählt, 1968 vertrat Rudi Dutschke den SDS als Wortführer der Studentenbewegung.

Wolfgang Fink


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