SoZ - Sozialistische Zeitung |
Eigentlich sollte der Hinweis, der neue Rankin ist da, der neue le Carré ist da,
ausreichend Empfehlung sein, um die Leserschaft zu einem unmittelbaren und zwingenden Besuch einer Buchhandlung anzuregen.
Aber anders als beim Harry-Potter-Hype funktioniert das so nicht, obwohl es sich bei den Produkten von Rowlings
männlichen Kollegen um tatsächlich spannende Literatur für Erwachsene handelt, die seinesgleichen sucht.
In Ian Rankins So soll er sterben sind seine Protagonisten
John Rebus und Siobhan Clarke aus der Edinburgher Innenstadt auf ein Außenrevier abgeschoben worden Neuordung der
Verwaltung und stillschweigende Aufforderung an den renitenten Rebus, seine Rente anzuwerfen. Rebus wird in die
Sozialsiedlung Knocksland gerufen, ein Ort, wo aus der City Ausgestoßene auf Flüchtlinge und Illegale treffen,
denen jederzeit die Abschiebung droht. Ein Mann ist erstochen worden und einiges deutet auf einen rassistischen Hintergrund
hin. Siobhan kümmert sich derweil um zwei merkwürdige Skelette, die in einem Innenstadtkeller unter Beton gefunden
wurden und sucht für ein Ehepaar, deren Tochter nach einer Vergewaltigung Selbstmord begangen hatte, die zweite Tochter,
die plötzlich verschwunden ist. Wie es sich für einen Rankin-Roman gehört, ist alles mit allem verknüpft.
Die Ermittlungen im privatisierten Abschiebeknast, in Kneipen entlang des touristischen Gruselpfads, in Stripbars und
dörflichen Friseursalons zerstören nachhaltig jegliche schottische Idylle und zeigen Menschen, die durch die
Globalisierung heftig durch die Mangel gedreht werden, sowie Gangster, die die Zeichen der Zeit verstanden haben:
Sklavenarbeit ist der neue Trend.
Aus der gleichen Wut über die Verhältnisse der Welt
heraus scheint John Le Carré den Roman Geheime Melodie geschrieben zu haben, nach Der ewige Gärtner seine zweite
Auseinandersetzung mit der zeitgenössigen Plünderung Afrikas.
Der aus dem Kongo stammende Dolmetscher Bruno Salvador, der
als einer der wenigen die vielen Sprachen seiner Geburtsheimat spricht, arbeitet hin und wieder quasi als
Gefälligkeit für seine neue Heimat Großbritannien für den Geheimdienst.
Am Abend, als seine Frau in die höhere Etage des
Journalismus hineingefeiert werden soll, wenige Stunden, nach dem er seine wahre Liebe gefunden zu haben glaubt, erhält
er einen dringenden Anfruf seines geheimdienstlichen Mentors. Ein Auftrag wartet auf ihn, der jenseits der staatlichen
Aktivitäten laufen soll. Als privates Unternehmen angelegt, soll er auf einer geheimen Konferenz über eine
Intervention im rohstoffreichen Ostkongo als Übersetzer agieren. Recht schnell sagt Salvador zu, als er in einem der
Hintermänner einen von ihm bewunderten New-Labour-Abgeordneten erkennt, der sich seit Jahren als Wohltäter für
den afrikanischen Kontinent einen Namen gemacht hat. Noch vor den Wahlen soll der Coup zu Ende gebracht werden, ein gewisses
Maß an Blut wird fließen müssen, um rechtzeitig US-amerikanische, französische und chinesische
Konkurrenten auszuspielen und nach einer kalkulierten Phase von Aufruhr und Massaker zu einer den Geschäften und der
Bevölkerung dienenden Ruhe zu gelangen.
Große Teile des Romans schildern den Verlauf der
Verhandlung zwischen anonymem Syndikat, kongolesischen Kriegsherrn, einheimischen Geschäftsmännern und politischen
Friedensbringern, bewacht von den üblichen Söldnern, die auch mal zur Folter greifen, um Verhandlungspartner
gefügig zu machen.
Am Ende der Verhandlung ist Salvador nicht mehr so
überzeugt von der Wohltätigkeit dieser Aktion mit dem versprochenen Win-win-Effekt für die Bevölkerung
des Ostkongo und wendet sich an seine Londoner Bekannten.
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