SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Februar 2008, Seite 08

Streiks im Einzelhandel

Erste Erfolge bei Rewe

von Helmut Born

Auch im Dezember setzte sich die Streikbewegung im Einzelhandel fort. Mehrere Tausend Beschäftigte beteiligten sich an den Aktionen.
Schwerpunkt waren die Bundesländer Berlin, Brandenburg, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Hamburg und Nordrhein-Westfalen. Es gab Aktionstage für ganze Vertriebsschienen wie die Warenhäuser am 7.12. oder für ganze Unternehmen wie Real am 14.12. Streiktage bezogen sich aber auch auf einzelne Städte.
Oft war die Beteiligung sehr stark, darin kam die Empörung über die sture Haltung der Unternehmer zum Ausdruck. Selbst der Weihnachtsabend war nicht mehr heilig: In vielen Schlecker-Filialen blieben am diesen Tag die Türen geschlossen.
Die erfolgreichsten Streiks liefen allerdings bei Rewe in Norddeutschland. Dort gelang es fast zwei Wochen lang, die Auslieferungslager zu bestreiken. Rewe musste klein beigeben, sonst hätten einige Filialen schließen müssen. Obwohl der Vorstandsvorsitzende von Rewe zugleich Präsident des Einzelhandelsverbands ist, sah sie sich gezwungen, seinen Beschäftigten entgegenzukommen. Der Vorstand gab Anfang Dezember bekannt, er werde den Beschäftigten folgende Einkommensverbesserungen bezahlen:
je Monat seit Ablauf der Tarifverträge 50 Euro Einmalzahlung (für NRW 400 Euro);
ab Januar 2008 3% mehr Gehalt;
ab 2009 eine Erhöhung der tariflichen Sonderzahlung von 62,5% auf 75%.
Zum leidigen Thema der Kürzung der Samstagszuschläge erklärte der Rewe-Vorstand, die Zuschläge sollten in der bisherigen Höhe erhalten bleiben, allerdings an Samstagen erst ab 18.30 Uhr statt ab 14.30 Uhr gelten.
Daraufhin nahm Ver.di Rewe aus den Streiks heraus und erklärte, auf der Grundlage dieses Angebots einen Übergangstarifvertrag aushandeln zu wollen. Erklärtes Ziel von Ver.di ist, eine stärkere Einkommenserhöhung zu erreichen und die Kürzung der Samstagszuschläge zu verhindern. Gleichzeitig wurde der Einzelhandelsverband aufgefordert, auf der Grundlage des Rewe-Angebots in neue Verhandlungen zu treten.
Darauf eine Antwort zu finden fällt den Unternehmern offensichtlich sehr schwer. Bis jetzt (18.1.) dauern ihre Beratungen an. In SoZ 12/07 haben wir die Auffassung vertreten, dass es ohne Erzwingungsstreiks wohl keine Einigung geben wird. Das Beispiel Rewe scheint die Einschätzung zu bestätigen. Leider ist Ver.di nur in wenigen Unternehmen in der Lage so vorzugehen. Deshalb wird es trotzdem nötig sein, dass sich die Gewerkschaft Gedanken über eine neue Arbeitskampfstrategie macht.
Zunächst einmal jedoch setzt Ver.di auf die Vernunft der Unternehmer. Die Gewerkschaft hat ihnen angeboten, bis Mitte Februar in NRW zu einem Verhandlungsergebnis zu kommen. Bis dahin sollen auch andere Bundesländer versuchen, mit Hilfe von Kampfmaßnahmen einen Abschluss hinzubekommen. Es gibt keinen Pilotbezirk mehr, den alle anderen unterstützen.
Die Unternehmer gehen mit ihrer sturen Haltung ein wachsendes Risiko ein: die Tarifrunde des öffentlichen Dienstes steht bevor. Dort hat Ver.di 8% gefordert. Sollten die Unternehmer weiter so mauern wie bisher, werden die Stimmen lauter werden, die auch im Einzelhandel höhere Forderungen befürworten.
Und wenn beide Tarifrunden zusammen laufen, kommt auch beim Einzelhandel mehr Dynamik rein. Dann könnte auch bei Ver.di endlich einmal gemeinsam gekämpft werden.


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