SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, April 2008, Seite 07

Lang lebe der Kommunismus

Kolumne

von Thies Gleiss

Auch hundertsechzig Jahre nach Erscheinen des Kommunistischen Manifests ist offensichtlich, dass die große Idee des Kommunismus von einer Gesellschaft freier Menschen, ohne Ausbeutung, Krieg, religiösem Aberglauben und kultureller und sexueller Verfolgung zu den unausrottbaren und immer wieder in neuen vitalen Formen auftauchenden Utopien der Menschheit gehört. Wahrscheinlich die bedeutendste von allen.
Trotz aller furchtbaren Irrtümer und Verbrechen im Namen des Kommunismus, die niemand schärfer und authentischer kritisieren, verarbeiten und überwinden muss und wird als die Kommunistinnen und Kommunisten selbst, verlässt sich keine herrschende Klasse und keines ihrer staatlichen Machtinstrumente auf die lautstark verkündete self- fulfilling prophecy, dass der Kommunismus angeblich tot sei. Eine gewaltige Ideologieindustrie, militärische Operationen und Kriegspläne, juristische und kulturelle Verfolgung und Ausgrenzung, Parteienverbote, Berufsverbote, Folter und Gefängnis sind weltweit im Einsatz, um den Antikommunismus als wichtigste affirmative Konstante in den Köpfen der Menschen zu halten, damit das herrschende Bewusstsein das der Herrschenden bleibt.
Deutschland ist dabei keine Ausnahme, sondern nach wie vor Musterländle. Hier ist der Antikommunismus quasi Staatsreligion. Wenn die Partei Die Linke sich heute eine Debatte „über die DKP” aufzwingen lässt, wenn Teile der Parteiführung auf dem nächsten Parteitag Unvereinbarkeitsbeschlüsse aufleben lassen wollen, dann geht es am wenigsten um die konkrete Partei DKP. So wie die ehemalige Staatspartei SED beim Wechsel zur PDS das wichtigste verloren hat, nämlich ihren Staat, so hat die DKP auf ihrem Weg von 40000 zu heute 4000 Mitgliedern ihre Geldgeber, ihre Identität und ihr virtuelles Heimatland verloren. Heute sind DKP und ehemalige PDS programmatisch fast identisch, das gesamte Spektrum der linken Strömungen ist in der einen wie in der anderen Partei vorhanden. Es gibt keinen prinzipiellen Grund, warum die DKP sich nicht sofort an dem neuen Parteienprojekt Die Linke beteiligen sollte.
Nein, es geht darum, von der Partei Die Linke ein Bekenntnis zur antikommunistischen Staatsreligion und damit zur Unantastbarkeit der herrschenden Klasse zu erhalten. Und es ist bitter, wie Bodo Ramelow, Klaus Ernst, Gregor Gysi sich dieser Aufforderung sofort beugen. Historisch wird ihnen dieser Kotau nicht gelohnt — wer sich bückt bekommt nur heftiger den Tritt, der ihn beseitigen soll.
Als Die Linke aus WASG und Linkspartei.PDS gegründet wurde, verbreiteten Oskar Lafontaine und wenige andere, darunter der Autor, zu Recht ein wenig Pathos: Hier vollzieht sich ein kleiner historischer Schritt der Wiedervereinigung der Arbeiterbewegung. Ihm hätten noch viele konkrete Schritte folgen können. Die DKP-Debatte, die sich Die Linke heute aufzwingen lässt, ist ein gefährlicher Rückschritt.


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