SoZ - Sozialistische Zeitung |
Der Tarifkonflikt für die 2,1 Millionen Beschäftigten bei Bund und
Kommunen, inklusive Eigenbetriebe, wurde nach massiven Warnstreiks, aber ohne Erzwingungsstreik beigelegt.
In den Betrieben und Büros wird das Ergebnis allgemein als positiv beurteilt, aber es gibt auch in
einigen Bereichen deutliche Kritik.
Ver.di hat Verhandlungsergebnis einer
Mitgliederbefragung unterworfen. 189000 Mitglieder beteiligten sich daran. Davon stimmten 76,5% mit Ja (=
145000). Wie viele Nein-Stimmen es gegeben hat, gab Ver.di nicht bekannt. In der Bundestarifkommission
hatten 24 von 25 Mitgliedern aus NRW gegen den Abschluss gestimmt. Ihr Hauptkritikpunkt war die Ausweitung
der Wochenarbeitszeit.
Der Gehaltszuwachs liegt laut Ver.di im
Jahr 2008 bei durchschnittlich gut 5%, bei den unteren und mittleren Einkommensgruppen bei 7%. Im Jahr 2009
kommen noch einmal 2,8% dazu sowie eine Einmalzahlung von 225 Euro. Auch Azubis erhalten 70 Euro mehr, ihre
Übernahme wurde jedoch nicht geregelt. Die Laufzeit beträgt 24 Monate.
Ein besonderer Pluspunkt bei der
Gehaltsregelung ist das Festgeld von 50 Euro monatlich, auf die 3,1% draufgesattelt werden. Sie bewirken,
dass die unteren Lohn- und Gehaltsgruppen stärker angehoben werden. Das Festgeld ist tabellenwirksam.
Ein Erfolg ist auch die endgültige
Anhebung der Tarife im Osten auf Westniveau; die 40-Stunden-Woche im Osten jedoch bleibt bestehen.
In den Bundesländern NRW, Bayern,
Rheinland-Pfalz und Saarland soll die wöchentliche Arbeitszeit um eine halbe Stunde auf 39
Wochenstunden verlängert werden ohne Lohnausgleich. Die Kommunalbeschäftigten aller
anderen Bundesländer mussten bereits vor der Tarifrunde länger arbeiten. Angesichts des guten
Ergebnisses bei den Löhnen und Gehältern waren die Delegierten des neben NRW kampfstärksten
Bezirks Baden-Württemberg deshalb nicht bereit, gegen das Gesamtergebnis zu stimmen sie
arbeiten bereits 39 Stunden in der Woche. Ein zentrales Ziel der Warnstreiks, die Verhinderung weiterer
Arbeitszeitverlängerungen, konnte bei dieser ungleichen Ausgangslage deshalb nicht erreicht werden.
In den Krankenhäusern gibt es zwar
keine Arbeitszeitverlängerung, die Gehaltssteigerung fällt im Jahr 2008 auch geringer aus,
dafür im Jahr 2009 stärker als in den übrigen Bereichen.
So wurde deutlich mehr erreicht als in den
letzten Jahren, eine Trendwende in der Tarifpolitik mag man es dennoch nicht nennen. Dass in einer Zeit, wo
die Wirtschaft noch brummt, die Unternehmensgewinne explodieren und die Steuereinnahmen zunehmen ein
Abschluss oberhalb der Preissteigerungsrate möglich ist, ist keine sehr große Kunst. Die
Arbeitgeber waren wieder einmal der Meinung, dass sie in einer solchen Situation ohne Streik billiger davon
kämen.
Das ist noch kein gutes Omen für das
übernächste Jahr, wenn wir, wie sich ankündigt, in einer massiven Stagflation stecken. Den
Beweis, dass Ver.di auch unter schlechten Bedingungen in der Lage ist, für die Beschäftigten was
rauszuholen, muss die Gewerkschaft noch antreten. Der Aufbau von Drohpotenzialen und selbst die
Mobilisierung der betroffenen Belegschaften wird dann nicht mehr ausreichen.
Das gilt vor allem für die Frage der
Arbeitszeit. Wenn hier in Zukunft weitere Verlängerungen verhindert werden sollen, muss jetzt eine
Kampagne beginnen, warum wir einen neuen Schritt der Arbeitszeitverkürzung brauchen. Eine solche
Kampagne muss sich an die gesamte Öffentlichkeit wenden und als politische Kampagne geführt
werden.
Ich möchte die SoZ mal in der Hand halten
und bestelle eine kostenlose Probeausgabe oder ein Probeabo
Sozialistische Hefte für Theorie und Praxis Sonderausgabe der SoZ 42 Seiten, 5 Euro, |
||||
Der Stand der Dinge Perry Anderson überblickt den westpolitischen Stand der Dinge Gregory Albo untersucht den anhaltenden politischen Erfolg des Neoliberalismus und die Schwäche der Linken Alfredo Saa-Fidho verdeutlicht die Unterschiede der keynsianischen und der marxistischen Kritik des Neoliberalismus Ulrich Duchrow fragt nach den psychischen Mechanismen und Kosten des Neoliberlismus Walter Benn Michaelis sieht in Barack Obama das neue Pin-Up des Neoliberalismus und zeigt, dass es nicht reicht, nur von Vielfalt zu reden Christoph Jünke über Karl Liebknechts Aktualität |