SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Juni 2008, Seite 04

Kinderbetreuung nicht für alle gleich

Fataler Paradigmenwechsel

von LARISSA PEIFFER-RÜSSMANN

Den Privatisierungstendenzen bei Post und Bahn, bei kommunalen Dienstleistungen und im Gesundheitswesen folgen weitere tiefgreifende Maßnahmen auch im Bildungsbereich. Mit der EU-Dienstleistungsrichtlinie, die am 27.12.2006 in Kraft getreten ist, soll die vollständige Privatisierung und Liberalisierung des Dienstleistungssektors durchgeführt werden. Der kostenlose Schulunterricht ist (noch) ausgenommen, kostenpflichtige Kindertagesstätten dagegen nicht. Und hier leistet die Große Koalition kräftig Schützenhilfe.
Nach den Vorstellungen von Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) sollen staatliche Zuschüsse nicht wie bisher nur für gemeinnützige, sondern auch für kommerzielle Kitaträger möglich werden. Angeblich ist der zugesagte Ausbau der Kinderbetreuung sonst nicht zu schaffen. Künftig werden also nicht nur gemeinnützige Träger staatliche Zuschüsse erhalten, sondern auch gewinnorientierte Betreiber von Krippen und Kindertagesstätten. So wird Bildung zur Ware, immer mehr kommerzielle Anbieter drängen auf den Markt, deren alleiniges Ziel die Gewinnmaximierung ist.
Die Streichung der Vorschrift zur Gemeinnützigkeit ist ein fataler Paradigmenwechsel, mit der eine für alle gleiche Qualität in der Kinderbetreuung aufgegeben wird. Mit der Förderung nichtgemeinnütziger Einrichtungen wird es bald kostenintensive Bildung für die Kinder geben, deren Eltern es sich leisten können, und billige Betreuung für die Armen.
Es ist schon ein Skandal, dass Eltern für die Betreuung ihrer Kinder in einigen Bundesländern mit bis zu 4000 Euro jährlich belastet werden und nur wenige Kommunen das letzte Kindergartenjahr beitragsfrei anbieten. Dabei ist die Elementarerziehung ebenso wie der Besuch allgemeinbildender Schulen eine öffentliche Aufgabe. Sie gehört auch nicht in die Hände sog. freier Träger wie Kirchen und Wohlfahrtsverbände. Kommunen und Länder müssen diese Einrichtungen betreiben. Der Besuch muss kostenlos sein, wohnortnah angeboten werden und öffentlicher Kontrolle unterliegen. Nur dann ist eine Qualitätssicherung gewährleistet, haben Profiteure keine Chance.


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