SoZ - Sozialistische Zeitung |
Selten schafft es ein afrikanischer Film, in Deutschland einen Verleih zu
finden. Meistens sind Filme aus Afrika nur auf Filmfestivals und in speziellen Filmreihen zu sehen. Der Film
Daratt aus dem Tschad ist eine solche Ausnahme. Er ist bereits seit März hierzulande mit wenigen Kopien
in Programmkinos zu sehen."Daratt” bedeutet Trockenzeit. Tatsächlich gibt es in Daratt weder
Regen noch Pflanzen. Ständig scheint eine unbarmherzige Sonne. Aber auch im übertragenen Sinne
dominiert ein Mangel an Worten und an menschlicher Zuneigung.
Der Vater des 16-jährigen Atim ist im
Bürgerkrieg ermordet worden. Sein Mörder ist bekannt. Er kommt aber in den Genuss einer Amnestie
für alle im Bürgerkrieg begangenen Verbrechen. So wird Atim von seinem Großvater beauftragt,
den Mörder des Vaters zu töten. Atim macht sich in die Hauptstadt NDjamena auf und trifft
auf den Mörder, als der Brot an Kinder verteilt. Er ist Bäcker und nimmt Atim als Lehrling auf.
Das Verhältnis zwischen Meister und
Lehrling ist von einer wortlosen Spannung geprägt. Der Bäcker, der nach außen als
Wohltäter auftritt, zeigt im Verhältnis zu seiner jungen Ehefrau und zu seinem Lehrling immer
wieder seine brutale Seite. Trotzdem bringt Atim es zunächst nicht fertig, ihn zu töten.
Der Film bietet einen kleinen Einblick in
ein aus europäischer Sicht nahezu unbekanntes Land, von dem die meisten wohl nur den Namen kennen. Es
entsteht der Eindruck, dass die Menschen vor lauter Gewalt die Sprache verloren haben. Der Bäcker und
Mörder kann nur noch mit Hilfe eines technischen Geräts sprechen, weil ihm im Krieg die
Stimmbänder durchgeschnitten wurden. In seiner Person verdichten sich Gewalt und Sprachlosigkeit.
Erklärungen gibt der Film nicht. Wir erfahren nicht, warum der Vater sterben musste und warum der
Bäcker seine Stimme verlor. Der Zuschauer wird einfach in diese Geschichte über Gewalt,
Sprachlosigkeit, Rache und Vergebung hineinversetzt, in der er sich dann ohne jedes Hilfsmittel
zurechtfinden muss.
Für europäische Zuschauer wird
damit auch das Verhältnis Europas zu Afrika thematisiert, dass ebenfalls von europäischer Seite
bis heute von Gewaltausübung, Sprachlosigkeit und Verständnislosigkeit geprägt ist. Wir
nehmen hier nur die hungernden Kinder mit den großen Augen und vielleicht noch die Flüchtlinge
wahr, die unter Lebensgefahr übers Meer fahren, nur um auf eine fast undurchdringliche EU-
Außengrenze zu stoßen.
Das Ende des Films ist aber nicht so
pessimistisch, wie man vermuten könnte. Vielleicht will der Regisseur damit zum Ausdruck bringen, dass
es doch noch Hoffnung für den Tschad, Afrika und Europa gibt.
Ich möchte die SoZ mal in der Hand halten
und bestelle eine kostenlose Probeausgabe oder ein Probeabo
Sozialistische Hefte für Theorie und Praxis Sonderausgabe der SoZ 42 Seiten, 5 Euro, |
||||
Der Stand der Dinge Perry Anderson überblickt den westpolitischen Stand der Dinge Gregory Albo untersucht den anhaltenden politischen Erfolg des Neoliberalismus und die Schwäche der Linken Alfredo Saa-Fidho verdeutlicht die Unterschiede der keynsianischen und der marxistischen Kritik des Neoliberalismus Ulrich Duchrow fragt nach den psychischen Mechanismen und Kosten des Neoliberlismus Walter Benn Michaelis sieht in Barack Obama das neue Pin-Up des Neoliberalismus und zeigt, dass es nicht reicht, nur von Vielfalt zu reden Christoph Jünke über Karl Liebknechts Aktualität |