SoZ - Sozialistische Zeitung |
Im Februar dieses Jahres hast du dieser Zeitung gegenüber gesagt: „Ich
sehe nicht, dass die SPD in der Lage wäre, mit uns eine Kooperation geschweige eine Koalition einzugehen.” Hast du jetzt deine Brille
geputzt?
Eine Koalition sehe ich nach wie vor nicht. Wir sagen: Wir unterstützen eine Minderheitsregierung. Dazu ist natürlich erforderlich, dass Frau
Ypsilanti gewählt wird, wenn sie denn antritt, aber um das zu entscheiden hat sie ja noch Zeit bis zum 4.Oktober.
Danach muss sie erst einmal in Koalitionsverhandlungen mit den Grünen treten, das
wird den ganzen Oktober über dauern. Ich gehe davon aus, dass wir in diesen Prozess vernünftig eingebunden werden. Unsererseits müssen
wir natürlich auch die Eckpunkte nennen, was für uns tragfähig ist und wo man mit uns nicht rechnen kann. Wir werden nicht die Abnicker
irgendwelcher Vorstellungen aus der Staatskanzlei sein, nur weil sie uns jeden Tag erklären, dass eine Staatskrise droht.
Es gibt schon Gespräche zwischen euch und der SPD?
Ja, noch nicht offiziell. Es gab auch vorher schon Gespräche. Wir haben ja schon gemeinsam ein paar Dinge durch den Landtag gebracht, z.B. die
Rücknahme der Studiengebühren oder den Abschiebestopp für Afghanistanflüchtlinge — das geht nicht ohne Vereinbarungen,
auch nicht ohne Streit. Beispielsweise wollte die SPD gleichzeitig mit den Studiengebühren auch die Relegation von Langzeitstudenten vereinbaren, da
haben wir zusammen mit CDU und FDP natürlich dagegen gestimmt; das muss geregelt werden, aber in einem anderen Zusammenhang.
Die SPD will lieber eine Tolerierung von euch, statt sich auf das Abenteuer einer Minderheitsregierung einzulassen.
Die Frage ist, was machbar ist: Die Rechten in der SPD halten natürlich die ordnungspolitischen Fahnen noch mal hoch und pochen auf die
Verfassung. Sie meinen aber möglicherweise die falsche, sie haben die hessische Verfassung noch nicht richtig gelesen. Nur deshalb können sie
uns als verfassungsfeindlich anprangern. Wir werden mit einer Veranstaltung im November gebührend antworten: „Schützt die Verfassung
vor ihren falschen Hütern” Wir müssen die Verfassung heute wieder so breit auslegen, wie sie zur Zeit ihres Inkrafttretens verstanden
wurde: demokratisch, sozial, antifaschistisch, kapitalismuskritisch.
Die SPD will aber auch ganz Konkretes: dass ihr den Verfassungsschutz unterschreibt, den Haushalt mittragt...
Die Eckpunkte des Haushalts werden wir auch mittragen müssen, sonst macht eine Regierungsbildung keinen Sinn. Aber wir werden uns
darüber unterhalten müssen, welche Vorstellungen vom Haushalt wir überhaupt haben und ob wir Gemeinsamkeiten hinkriegen oder nicht;
das muss man dann konkret sehen.
Was sind denn für euch so die Eckpunkte?
Wir wollen einen vernünftigen Einstieg in den sozialen Bereich durchsetzen: Was macht man mit den 1-Euro-Jobs, ordentliche
Beschäftigungsverhältnisse zu Mindestlohnbedingungen; die Bildungspolitik spielt eine große Rolle; wir brauchen keinen Flughafen, weder
in Frankfurt ausgebaut, noch in Kassel neu gebaut; wir wollen auch den Einstieg in mehr Demokratie, d.h. die Quoren für Volksabstimmungen und
Bürgerbeteiligung reduzieren, damit die Möglichkeiten, sich zu engagieren, verbessert werden.
Kannst du das mit dem Mindestlohn noch etwas genauer fassen?
Wir haben gesagt, wir wollen 8,44 Euro. Darüber werden wir uns mit der SPD zu streiten haben. Sie haben ja die Erfahrung gemacht, dass das im
Wahlkampf auf sehr positive Resonanz gestoßen ist — jetzt muss man das mit Inhalten füllen.
Es geht da zum einen um öffentlich geförderte Beschäftigung für
jetzige Hartz-IV-Beziehende und 1-Euro-Jobber — die müssen in tarifvertragliche Arbeitsverhältnisse umgewandelt werden.
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