SoZ - Sozialistische Zeitung |
Ein wenig spät kommt hier die Empfehlung für Elisabeth Herrmanns Buch Das Kindermädchen, ist der
Roman doch schon vor drei Jahren bei Rotbuch und jetzt in 7.Auflage bei Goldmann verlegt worden.
Was kann einem Emporkömmling wie Joachim Vernau besseres passieren, als die
Tochter aus einer traditionsreichen Berliner Familie zu lieben und gleichzeitig ihrem Vater als rechtsanwaltliche Arbeitskraft in dessen Kanzlei zu dienen.
Während Sigrun von Zernikow sich darauf vorbereitet, innerhalb des Berliner Senats
das Innenressort zu erobern, streift Vernau alle einst linksliberal eingefärbte Hüllen ab, um seinen Platz in der Hauptstadtelite einzunehmen.
Aus dieser Haltung heraus weist er auch das Bittgesuch um eine Unterschrift Utz von
Zernikows ab, das ihm von einer alten Frau aus der Ukraine überbracht wird.
Als Vernau kurze Zeit später erfährt, dass die Frau ertrunken im
Landwehrkanal gefunden wurde und es sich um eine ehemalige Zwangsarbeiterin gehandelt hat, wird ihm ein wenig mulmig: hoffentlich haben die Zernikows
nichts damit zu tun.
Sein Gemüt wird etwas beruhigt durch den Verlobungsantrag seiner Liebsten, die
eine gute Presse für ihre Wahlkampagne braucht, dann aber umso mehr durcheinander gebracht. Während der Verlobungsparty taucht Milla
Tscherednitschenkowa auf, die Tochter einer weiteren ukrainischen Zwangsarbeiterin, die ebenfalls die Forderung nach einer Unterschrift erhebt.
Widerwillig stellt Vernau Fragen. Im Verlauf der Geschichte wird er kein bisschen
sympatischer, während die Frauen ihn an die Kandarre nehmen. Schnell hat es nach den Skandalfotos der Feierlichkeiten ausgelobt, Vernaus Mutter
rebelliert gegen die Kaltherzigkeit ihres Sohnes, und wenn er sich gegenüber seiner ehemaligen Freundin und heutigen Rechtanwältin als cooler
Typ aufbläst, setzt er sich nur der Lächerlichkeit aus. Aber er ist hartnäckig und kommt alten Verbrechen der Nazizeit und denen ihrer
heutigen Profiteure auf die Spur.
Auch wenn die Typisierung der handelnden Personen bisweilen etwas eindimensional
erscheinen mag, es gibt sie noch die arroganten Herrschaften der besseren Gesellschaft und ihre nachrückende Generation, die um keinen Deut besser ist
als ihre Eltern und Großeltern. Ein schöner Blick von Elisabeth Herrmann auf die deutsche Parallelgesellschaft.
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