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Die Partei DIE LINKE ist bei der Oberbürgermeisterwahl in Düsseldorf, die wegen des Todes von CDU-
Amtsinhaber Erwin vorgezogen werden musste, mit einem eigenen Kandidaten angetreten. Der den SoZ-Leserinnen und -Lesern nicht unbekannte Ver.di-
Funktionär und Kaufhof-Betriebsratsvorsitzende Helmut Born trat an und erreichte mit 5158 Stimmen 2,9%.
Das Ergebnis dieses ersten Wahlantritts der LINKEN in einer westdeutschen
Großstadt hat die Parteigemeinde enttäuscht. Kaum war das Ergebnis bekannt, wurde auch schon der Mantel des Schweigens ausgebreitet. Dabei
verdient diese Wahl durchaus eine tiefergehende Betrachtung, weil sie für die LINKE einige interessante Botschaften enthält.
Zunächst reiht sich das Wahlergebnis in einer wichtigen Hinsicht in die Reihe aller
bisherigen Wahlen der LINKEN nach 2005 ein — mit Ausnahme der Landtagswahl in Niedersachsen: Es gelingt der neuen Partei nicht, ihr bei der
Bundestagswahl 2005 erreichtes Wählerpotenzial zu mobilisieren. Zur Erinnerung: vor der Bundestagswahl 2005 rangierte die von der WASG
unterstützte Linkspartei.PDS in den Umfragen mit 12% ähnlich hoch wie heute die LINKE, davon hat sie bei der Wahl dann 8,4% gewonnen. In
Düsseldorf wählten damals 11000 Menschen die neue Linkspartei. In allen nachfolgenden Wahlen blieb die LINKE in absoluten Zahlen unter dem
Ergebnis von vor drei Jahren.
Die LINKE hat somit das für eine neue Partei fast lebensbedrohliche Problem, dass
sie in der wachsenden Wahlenthaltungsstimmung gefangen ist. Sie mobilisiert weder im Bereich der Nichtwähler noch — und das ist dramatischer
— die Erstwähler. Nun gibt es bei separaten OB-Wahlen sicher viele Gründe, warum sich die Begeisterung beim Wahlvolk in Grenzen
hält, aber das relativiert die Diagnose nicht. Ganze 38% gingen in Düsseldorf zur Wahl. Unter den zwei Dritteln, die zu Hause geblieben sind, sind
aber genau jene, die eine LINKE ansprechen und gewinnen müsste: die Opfer der herrschenden Politik, die vom Politikestablishment Enttäuschten,
entpolitisierte und vereinzelte Menschen, junge und von den politischen Angeboten nicht begeisterte Erstwähler.
Die LINKE müsste ihre gesamte Wahlstrategie verändern, um diese Menschen
zu erreichen. Statt eines Wahlkampfs mit abstrakten Rezepten, statt einer Kampagne, die nur den Wettbewerb mit und innerhalb des Politikestablishments sucht,
wäre ein Wahlkampf nötig, der sich zu einer politischen Subjektivität bekennt. Eine Kampagne mit den Betroffenen, in ihren Milieus und
einem Motto, das mit „Jetzt wählen wir uns selber” noch am besten beschrieben wird. Dabei darf weder eine deutliche Kritik an der
Hilflosigkeit des Parlamentarismus — gerade auf kommunaler Ebene — fehlen, noch nützt es, einen personalisierten oder gar
Promiwahlkampf zu führen.
OB-Wahlen sind naturgemäß „personalisiert”, aber das
Ergebnis von Düsseldorf zeigt, dass die LINKE sich dem bewusst entziehen muss. Im Mittelpunkt darf nicht der Kandidat oder die Kandidatin stehen,
sondern unsere neue, soziale und politische Idee. Die LINKE wird mit einer neuen politischen Herangehensweise, mit mehr Entschlossenheit, eben mit einer
anderen Politik in Verbindung gebracht. Je mehr diese Erwartung im Wahlkampf enttäuscht wird, desto mehr Wahlenthaltung richtet sich auch gegen die
LINKE. So bleibt als Trost der Düsseldorfer Wahlen, dass die 5000 Stimmen ziemlich sicher bewusste Stimmen für diese neue Linke, für die
neue soziale Idee waren. Und das ist doch gar nicht so schlecht.
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