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Etwa 120 Leute drängen sich im Hinterzimmer der
Gaststätte Max & Moritz. Unter ihnen befinden sich mindestens 10—12 Nazis, auch
bekannte Gesichter. Es wird kein Hausverbot gegen sie verhängt.
Die Anwesenden sind auf
Einladung des Journalisten Jürgen Elsässer gekommen um mit ihm gemeinsam eine
Bewegung, die „Volksinitiative gegen das Finanzkapital” ins Leben zu rufen.
Elsässer schreibt
regelmäßig für die Linkspartei-eigene Tageszeitung Neues Deutschland und ist
laut ND zudem Mitarbeiter der Linksfraktion für den BND-Untersuchungsausschuss im
deutschen Bundestag. Er soll zudem im Ideenaustausch mit Oskar Lafontaine stehen.
Neben Elsässer sitzt auf
dem Podium noch der Militärhistoriker Dr.Peter Feist, ein Neffe von Erich Honecker, sowie
ein ehemaliger Zeitsoldat der Bundeswehr, der nach der Gründung der WASG zur Politik
gefunden hatte. Elsässer ist der Star des Abends. Etwa 80 der Anwesenden hängen an
seinen Lippen.
Er trägt fünf Thesen
aus seinem 2007 erschienen Buch Angriff der Heuschrecken — Zerstörung der Nationen
und globaler Krieg vor:
1. Die Krisenanalyse der meisten Linken ist falsch, da sie das
imperialistische Moment sträflich unterschätzt: Die aktuell einsetzende Depression
ist Ergebnis eines bewussten Angriffs des angloamerikanischen Finanzkapitals auf den Rest der
Welt. Dabei kommen „finanzielle Massenvernichtungswaffen” (Warren Buffet) zum
Einsatz, deren Munition nicht die Ausbeutung der Arbeitskraft
("Überakkumulation"), sondern „fiktives Kapital” ist. Was wir bisher
erlebt haben, waren erste Geplänkel mit diesen Waffen — der Hauptstoß steht
noch bevor!
2. Bei der Abwehr dieses Angriffs spielt der Nationalstaat die
entscheidende Rolle. Supranationale Koordinationen in Gremien, in denen die aggressiven
Staaten und ihre Vertreter eine Rolle spielen (EU, G8, IWF usw.), sind für die Katz.
Wichtig ist eine Koordination der angegriffenen Nationalstaaten.
3. In allen Staaten, auch in Deutschland, entwickelt sich ein zunehmender
Widerspruch zwischen dem Industrie- und dem Bankkapital. Letzteres, eng mit den
angloamerikanischen Angreifern verbunden, erdrosselt ersteres in einer Kreditklemme.
4. Hauptaufgabe der Linken ist der Aufbau einer Volksfront, die nicht nur
den Mittelstand sondern auch das national bzw. „alteuropäisch” orientierte
Industriekapital einschließt. Diese Volksfront soll Bewegung werden und ideologische
Scheuklappen ablegen. Die Reduzierung auf Klassenkampf ist sektiererischer Unsinn.
5. Hauptaufgabe der Volksfront ist die entschädigungslose
Nationalisierung des Finanzsektors und die Abdrängung der angloamerikanischen
Finanzaristokratie aus Europa — in der Perspektive ein eurasisches Bündnis. Ziel
ist die Schaffung einer „eurasischen Wohlstandszone” Den Sozialismus, also den
Stoß gegen das System insgesamt, zur Hauptaufgabe zu erklären, sei linksradikale
Kraftmeierei bzw. „imperialistischer Ökonomismus” Elsässer
wörtlich: „Die moderne deutsche Autoindustrie hat es nicht verdient, durch US-
Heuschrecken ruiniert zu werden.” Er rät den deutschen Arbeitern zu
Betriebsbesetzungen zusammen mit den ebenfalls gefährdeten Unternehmern. Die
Bundesregierung soll Opel dem GM-Konzern entziehen. Die „Volksfront-Bewegung” will
„raus dem linken Ghetto” und erteilt einer ökologischen Politik eine Absage.
Konkret schlägt Elsässer mehr Kohlekraftwerke vor.
Zum Start einer
„Volksfrontbewegung” und um zu einem „richtigen Wir” zu werden,
veranstaltet Elsässers Initiative in Kürze einen „auf keinen Fall
marxistischen Kongress” Die Bewegung will keine Konkurrenz zu den Parteien sein, schon
gar nicht zur Linkspartei, sondern deren „Katalysator” Dabei soll die NPD
außen vor bleiben, aber, so Peter Feist: „Die Nation lassen wir uns nicht
nehmen."
Aus dem Nazi-Lager wird die
Initiative mit Beifall bedacht. Zustimmung kommt nicht nur von den im Saal befindlichen Nazis,
sondern auch von der NPD und der Jungen Freiheit sowie der Deutschen Stimme. Der NPD-
Vorsitzende im sächsischen Landtag, Holger Apfel, weist triumphierend darauf hin, dass
Elsässer auf der Basis des NPD-Programms stehe. Er schreibt: „Der
Gründungsaufruf von Jürgen Elsässer für eine Volksinitiative gegen
Finanzkapital ist ein bemerkenswertes Signal. Jürgen Elsässer betätigt sich als
Eisbrecher, der auf nationaler Grundlage den Dualismus von Rechts und Links durch die
Schaffung einer antiglobalistischen und antiimperialistischen Gerechtigkeitsbewegung
überwinden will. Mit den Forderungen, die er in seinem Gründungsaufruf vertritt, hat
er sich NPD-Positionen nicht angenähert, nein, er vertritt NPD-Positionen."
Elsässer vertritt nun
das, was die Nationaldemokraten seit mehr als einem Jahrzehnt predigen: Die einzigen
handlungsfähigen Subjekte im Kampf gegen Globalisierung und die totale Macht des
Finanzkapitals sind Völker und Nationen! Auch Elsässers souveränistischer
Ansatz, zuerst die Restsouveränität der Nationalstaaten zu stärken, wird so nur
von der NPD vertreten.
Elsässer reproduziert mit
der Unterscheidung von „räuberischem Finanzkapital” und „produktivem
Kapital” die Fiktion vom Gegensatz zwischen „raffendem und schaffendem
Kapital"; seine Volksfront beruht auf der Fiktion einer Volksgemeinschaft, in der
Ausgebeutete und Ausbeuter gleiche Interessen haben sollen. Strategisch propagiert er die
Querfront.
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