SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Februar 2009, Seite 09

Buchtipp

Die „großen” und „neuen” Streiks

Holger Marcks/Matthias Seiffert: Die großen Streiks. Episoden aus dem Klassenkampf, Münster: Unrast, 2008, 264 S., 14,80 Euro / Torsten Bewernitz: Die neuen Streiks, Münster: Unrast, 2008, 190 S., 14,80 Euro

von Wolfgang Fink

Bei den großen Streiks handelt es sich um die Buchform einer Artikelserie, die in der Direkten Aktion der anarchosyndikalistischen FAU im Jahr 2005 erschienen ist. Die Palette der elf Beiträge reicht „vom einfachen Lohnkampf bis zum Generalstreik, vom Erfolg auf ganzer Linie bis zum totalen Fiasko” Das Spektrum reicht vom Migrantenstreik bei McKees Rocks in Pennsylvania 1909, über den Landarbeiterstreik in Patagonien (Argentinien) 1921/22 bis zu den Generalstreiks gegen die Apartheid 1976 in Südafrika. Auf europäischer Ebene werden behandelt: Frankreich 1936 und 1995, leider 1968 nur unter dem Aspekt der Studierendenproteste in Nanterre, der „schleichende Mai 1969” in Italien, der Kampf der Internationalen Transportarbeiterföderation gegen den Faschismus, der britische Bergarbeiterstreik 1984/85 und aus dem streikarmen Österreich die Streiks vom September/Oktober 1950. Zu Deutschland gibt es Beiträge zum Bergarbeiterstreik 1919 im Ruhrgebiet und zu den Streiks und Hungermärschen in der deutschen Nachkriegszeit 1946—48.Die Auswahl ist also durchaus subjektiv und selektiv und gibt den syndikalistischen Standort der Herausgeber und Autoren wieder. Sie bemühen sich allerdings, durch eingestreute Chroniken und Bibliografien den geschichtlichen Kontext herzustellen. Trotzdem ist das Buch anregend für ein junges Publikum, das noch nie selbst einen Streik erlebt hat, sich mit Klassenkämpfen und deren Bedeutung für eine gesellschaftliche Veränderung zu beschäftigen.
Einen anderen Charakter hat das von Torsten Bewernitz — ebenfalls ein FAU-Mitglied — herausgegebene Buch Die neuen Streiks. Es ist vom Autorenspektrum her breiter angelegt: Mit Jochen Gester (über den Kampf bei Opel Bochum 2004), Alix Arnold/Christian Frings (über den Streik beim Flughafen-Caterer Gate Gourmet 2005/06), Folkert Mohrhof (Strike Bike 2007) sowie Herbert Münchow (Transnet-Mitglied) und Manfred Krug (GDL-Mitglied) zum GDL-Streik 2007/2008 sind sachkundige Autoren am Werk. Weitere Streiks wie der beim Bosch-Siemens-Hausgerätewerk in Berlin werden vom Herausgeber in einem Übersichtsartikel „Die Zukunft des Konzepts Streik” dargestellt.
Dennoch sind einige Leerstellen vorhanden: Betriebliche Kämpfe wie bei AEG Nürnberg, Infineon München, Alsthom Power/Mannheim und Freudenberg/Weinheim werden entweder nicht dargestellt oder nur am Rande erwähnt. Für die teilweise doch recht bestimmten Schlussfolgerungen bezüglich neuer Streikformen und -inhalte scheint die Basis der ausgewerteten Kämpfe und Erfahrungen etwas zu schmal. Im zweiten Teil bieten Mag Wompel/Labournet (Sabotage als Form des Arbeitskampfs), Markus Lawrenz (Online-Arbeitskampf) und Hae-Lin Choi (Organizing am Beispiel des Streiks der Reinigungskräfte in Houston/Texas 2006) sowie Stefan Paulus (Genderfrage und Streikbegriff) weitere Perspektiven. Diskussionsstoff für die Formierung klassenkämpferischer Kräfte in Betrieben und Gewerkschaften bietet das Buch allemal.


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