SoZ - Sozialistische Zeitung |
In der jüngsten Tarifrunde hat sich Norbert Hansen als
Vertreter der Bahn durchgesetzt.
Für einen Teil der
Eisenbahner bei der Deutschen Bahn hat die Tarifrunde früher angefangen, als die
Mitglieder es von ihrer jeweiligen Gewerkschaft erwartet haben. Bereits am 14.Oktober 2008
setzte sich Arbeitsdirektor Hansen mit den Gewerkschaftsführern zusammen, um ihnen seine
Vorstellungen für die anstehende Tarifrunde zu unterbreiten. Dabei kam auch die Idee
eines Jahresruhetagplans für das gesamte Fahrpersonal auf den Tisch. So konnte sich
Norbert Hansen als Vertreter der DB AG mit seinen Forderungen durchsetzen, noch bevor die
Beschäftigten und Gewerkschaftsmitglieder eingreifen konnten.
Dann kamen sie zum Zug. Es
war bei der GDL leider ein Zug, der ohne die Mitglieder abfuhr. Letztendlich entschieden die
Betriebsräte der GDL über die Forderungen der Mitglieder. Zuvor fanden zwar
Mitgliederversammlungen zum Thema statt, doch deren Forderungen wurden nicht selten zerredet
und bereits im Vorfeld als nicht durchsetzbar bezeichnet. Es war dann der GDL-Vorsitzende
selber, der die Forderung von 6,5% Lohnerhöhung ins Spiel brachte. Darauf konnten sich
die Medien stürzen und das tatsächliche Problem der Arbeitsbedingungen dabei
ausblenden.
Bei Transnet lief es auf Grund
des Drucks der Mitglieder und Ex-Mitglieder anders. Im Vorfeld fanden Aktionen statt, bei
denen die Gewerkschaftsmitglieder ihre Forderungen zu Papier bringen konnten. Delegierte der
örtlichen Bereiche trafen sich dann zur Durchsetzung dieser Forderungen, die höher
waren als von der Gewerkschaftsführung vorgegeben. Auch bei der Transnet forderten die
Mitglieder (Delegierten) nicht einen Jahresruhetagplan, sondern deutlich mehr Lohn und bessere
Arbeitsbedingungen.
Das Ergebnis stand dann sehr
schnell fest. Die Transnet- und GDBA-Vorstände veranstalteten einen großen
Trommelwirbel und inszenierten Kampfentschlossenheit, der dann in einem bedeutungslosen
Warnstreik mit angeblich 400 Beteiligten gipfelte. Vor Ort, zum Beispiel im ICE-Werk Berlin-
Rummelsburg, fand nur eine verlängerte Frühstückspause in einer eh ruhigen
Arbeitsphase statt. Die Kollegen in Berlin wurden über den anstehenden Warnstreik nicht
durch die Gewerkschaft informiert, sondern durch Aktivisten, die sich mit eigenen
Flugblättern vor dem Werkstor positionierten.
Bewegung kam dann in die
Verhandlungen auch nicht durch das „Warnstreikchen” der Tarifgemeinschaft, sondern
durch den Willen der Gewerkschaften und der Bahn, die schnell einen Abschluss anstrebten, bei
dem noch nicht über Maßnahmen gegen die um sich greifende Weltwirtschaftskrise
diskutiert werden musste. Hier wäre eine Vereinbarung über
Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich im Fall eines krassen Auftragseinbruchs
sicher sehr sinnvoll gewesen.
Da die Beschäftigten und
Gewerkschaftsmitglieder nicht an der Durchsetzung ihrer Forderungen beteiligt wurden, ging es
auch nicht in erster Linie nicht um ihre Forderungen. Es waren die Forderungen der DB AG, die
mit dem Mittel der Tarifrunde durchgesetzt wurden. Die Gewerkschaften haben den ausgehandelten
Verschlechterungen nur eine Geschenkschleife verpasst, so dass eine rote Null für die
Eisenbahner heraus kam.
Die Chance der Transnet, ihre
Mitglieder zu halten und verlorene zurückzugewinnen, wurde verpasst. Auch die GDL hat
ihren scheinbar kämpferischen Impuls aus der letzten Tarifrunde in den Schoß der
Deutschen Bahn zurückgelegt. Wie in der Vergangenheit spielen die Gewerkschaften nun alle
wieder ihre Rolle als sozialpartnerschaftliche Virtuosen unter der Konzertleitung der
Deutschen Bahn.
Das Gespenst des Ruhetagplans
ereilte die Beschäftigten auf den Zügen bereits im Dezember. Die
Bahnbeschäftigten wissen nun, an welchen Wochenenden Arbeitsruhe ist. Für einige hat
sich die Zahl dieser Wochenenden erhöht, für andere hat sie abgenommen. Aber sie
wissen in Zukunft nicht mehr im Voraus, wie die Schichten vor und nach den Ruhetagen liegen.
Gegen diese radikale Flexibilisierung der Arbeitszeit, die eine private Lebensplanung kaum
noch ermöglicht, hatten die Berliner S-Bahner sich schon mit der Methode des kollektiven
Krankschreibens erfolgreich zur Wehr gesetzt. Jetzt bekommen sie diese ungenießbare
Medizin nicht nur vom Unternehmen, sondern auch von ihrer Gewerkschaft verordnet.
Ich möchte die SoZ mal in der Hand halten
und bestelle eine kostenlose Probeausgabe oder ein Probeabo
Sozialistische Hefte für Theorie und Praxis Sonderausgabe der SoZ 42 Seiten, 5 Euro, |
||||
Der Stand der Dinge Perry Anderson überblickt den westpolitischen Stand der Dinge Gregory Albo untersucht den anhaltenden politischen Erfolg des Neoliberalismus und die Schwäche der Linken Alfredo Saa-Fidho verdeutlicht die Unterschiede der keynsianischen und der marxistischen Kritik des Neoliberalismus Ulrich Duchrow fragt nach den psychischen Mechanismen und Kosten des Neoliberlismus Walter Benn Michaelis sieht in Barack Obama das neue Pin-Up des Neoliberalismus und zeigt, dass es nicht reicht, nur von Vielfalt zu reden Christoph Jünke über Karl Liebknechts Aktualität |