SoZ - Sozialistische Zeitung |
Der Oberste Gerichtshof der Region Veneto hat den Gegnern der
neu zu errichtenden US-amerikanischen Militärbasis einen herben Schlag versetzt: Ein
Antrag der Umweltorganisation Legambiente, der Bürgerinitiativen und der Stadtgemeinde
auf Unterbrechung der Bauarbeiten, um die Durchführung von
Umweltverträglichkeitsprüfungen zuzulassen, wurde abgelehnt.
Zur Erinnerung (siehe auch SoZ
12/07): Seit 1954 gibt es eine US-Militärbasis in Vicenza, die Caserma Ederle. Seit 1965
ist dort die Southern European Task Force (SETAF) stationiert, die im Dezember 2008 in die US
Army Africa umgewandelt wurde. Problematisch ist die Basis nicht zuletzt, seitdem in
unterirdischen Depots radioaktive Strahlung festgestellt wurde, in der Umgebung gab es eine
ungewöhnlich hohe Anzahl von Leukämieerkrankungen.
Seitdem die Pläne
für eine Erweiterung und Neuerrichtung der Basis bekannt sind, hat sich eine breite,
höchst aktive und kreative Bürgerbewegung dagegen gebildet (www.nodalmolin.it, Nein
zum „Dal Molin”, Dal Molin ist der Name des Baugeländes).
Die Gegner hatten vor Gericht
beantragt, den Bau der Erweiterung der US-Basis zu stoppen, da die hierfür nötigen
Umweltprüfungen nicht ausreichend durchgeführt worden waren. Das Gericht
argumentiert, die Bauarbeiten seien nicht anfechtbar, weil sie „für die nationale
Verteidigung notwendig sind” Zudem beruft es sich auf eine absolute
Souveränität des Zentralstaats.
In einer Reaktion bedauert der
Bürgermeister von Vicenza, Achille Variati, diese Argumentation. „Mit der
Souveränität des Staates argumentiert das Gesetz, wir aber haben stets darum
gebeten, dass auch die Bedürfnisse und die Gründe der Stadt als genauso wichtig
erachtet werden.” Dem Baustopp, der eine Begutachtung der Umweltsituation erlaubt
hätte, hat das Gericht also eine Absage erteilt.
Dabei hatte Anfang Februar der
Obama-Effekt die Gegner der Erweiterung der US-Basis in Vicenza erfasst. Mehrmals hatte der
Bürgermeister Achille Variati Hoffnungen in den neuen Präsidenten gesetzt.
Zunächst besetzten die Aktivisten, allgemein bekannt unter ihrem Slogan „No Dal
Molin”, den Teil des Flughafens, auf dem die Basis errichtet werden soll. Die
Ordnungskräfte wurden überrascht, 200 Personen näherten sich dem Zaun, weitere
400 blieben einige hundert Meter weit entfernt. Parolen gegen die Basis und für den
Bürgerpark (für den schon Bäume gepflanzt wurden) wurden skandiert — auch
um davon abzulenken, dass einige Aktivisten versuchten, den Zaun aufzuschneiden. Die Polizei
ließ die Bauarbeiten, die bereits begonnen hatten, kurze Zeit stoppen und evakuierte die
Bauarbeiter.
Mitte Februar wollten die
Aktivisten einen Blockadetag durchführen, doch diesmal waren die Ordnungskräfte
schneller. Sie erwarteten die Demonstrierenden an der Ringautobahn, die in Richtung Basis
führt, und beschlagnahmten einen Lastwagen der Demonstranten. Beim Versuch, die Ausfahrt
einer der Baufirmen zu blockieren, reagierte die Polizei mit Härte: Sollten die
Demonstranten nicht weggehen, würden sie wegen Gewaltanwendung angeklagt.
Ende Februar nehmen die
Proteste einen karnevalistischen Touch an. Mit der Parole „Si Block, no Dal Molin”
halten sie einen Lastwagen einer Baufirma auf. Sie sind als „Hulk” verkleidet, das
ist ein Comic-Superheld, sie bemalen den Lkw, u.a. sein Kennzeichen und seine Scheinwerfer,
damit er nicht mehr weiterfahren kann.
Zur selben Zeit versucht eine
Delegation des Komitees „No Dal Molin”, Unterstützung vom Europaparlament in
Brüssel zu erhalten, eine Petition gibt es bereits. Anfang März hakt
Bürgermeister Achille Variati in einem Brief an den EU-Umweltkommissär Stavros Dimas
nach, wobei er besonders auf die Notwendigkeit der Umweltverträglichkeitsprüfungen
eingeht.
Es bleibt zu hoffen, dass sich
auf europäischer Ebene eine Handhabe gegen die Entscheidung des Obersten Gerichts der
Region Veneto findet, weil dieser Umweltverträglichkeitsprüfungen rundweg ablehnt
— wegen „Fragen der nationalen Sicherheit”
Ich möchte die SoZ mal in der Hand halten
und bestelle eine kostenlose Probeausgabe oder ein Probeabo
Sozialistische Hefte für Theorie und Praxis Sonderausgabe der SoZ 42 Seiten, 5 Euro, |
||||
Der Stand der Dinge Perry Anderson überblickt den westpolitischen Stand der Dinge Gregory Albo untersucht den anhaltenden politischen Erfolg des Neoliberalismus und die Schwäche der Linken Alfredo Saa-Fidho verdeutlicht die Unterschiede der keynsianischen und der marxistischen Kritik des Neoliberalismus Ulrich Duchrow fragt nach den psychischen Mechanismen und Kosten des Neoliberlismus Walter Benn Michaelis sieht in Barack Obama das neue Pin-Up des Neoliberalismus und zeigt, dass es nicht reicht, nur von Vielfalt zu reden Christoph Jünke über Karl Liebknechts Aktualität |