SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, April 2009, Seite 12

Vicenza, Italien:

Die Gegner der Militärbasis erleiden vor Gericht eine Niederlage

von Angela Huemer

Der Oberste Gerichtshof der Region Veneto hat den Gegnern der neu zu errichtenden US-amerikanischen Militärbasis einen herben Schlag versetzt: Ein Antrag der Umweltorganisation Legambiente, der Bürgerinitiativen und der Stadtgemeinde auf Unterbrechung der Bauarbeiten, um die Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen zuzulassen, wurde abgelehnt.
Zur Erinnerung (siehe auch SoZ 12/07): Seit 1954 gibt es eine US-Militärbasis in Vicenza, die Caserma Ederle. Seit 1965 ist dort die Southern European Task Force (SETAF) stationiert, die im Dezember 2008 in die US Army Africa umgewandelt wurde. Problematisch ist die Basis nicht zuletzt, seitdem in unterirdischen Depots radioaktive Strahlung festgestellt wurde, in der Umgebung gab es eine ungewöhnlich hohe Anzahl von Leukämieerkrankungen.
Seitdem die Pläne für eine Erweiterung und Neuerrichtung der Basis bekannt sind, hat sich eine breite, höchst aktive und kreative Bürgerbewegung dagegen gebildet (www.nodalmolin.it, Nein zum „Dal Molin”, Dal Molin ist der Name des Baugeländes).
Die Gegner hatten vor Gericht beantragt, den Bau der Erweiterung der US-Basis zu stoppen, da die hierfür nötigen Umweltprüfungen nicht ausreichend durchgeführt worden waren. Das Gericht argumentiert, die Bauarbeiten seien nicht anfechtbar, weil sie „für die nationale Verteidigung notwendig sind” Zudem beruft es sich auf eine absolute Souveränität des Zentralstaats.
In einer Reaktion bedauert der Bürgermeister von Vicenza, Achille Variati, diese Argumentation. „Mit der Souveränität des Staates argumentiert das Gesetz, wir aber haben stets darum gebeten, dass auch die Bedürfnisse und die Gründe der Stadt als genauso wichtig erachtet werden.” Dem Baustopp, der eine Begutachtung der Umweltsituation erlaubt hätte, hat das Gericht also eine Absage erteilt.
Dabei hatte Anfang Februar der Obama-Effekt die Gegner der Erweiterung der US-Basis in Vicenza erfasst. Mehrmals hatte der Bürgermeister Achille Variati Hoffnungen in den neuen Präsidenten gesetzt. Zunächst besetzten die Aktivisten, allgemein bekannt unter ihrem Slogan „No Dal Molin”, den Teil des Flughafens, auf dem die Basis errichtet werden soll. Die Ordnungskräfte wurden überrascht, 200 Personen näherten sich dem Zaun, weitere 400 blieben einige hundert Meter weit entfernt. Parolen gegen die Basis und für den Bürgerpark (für den schon Bäume gepflanzt wurden) wurden skandiert — auch um davon abzulenken, dass einige Aktivisten versuchten, den Zaun aufzuschneiden. Die Polizei ließ die Bauarbeiten, die bereits begonnen hatten, kurze Zeit stoppen und evakuierte die Bauarbeiter.
Mitte Februar wollten die Aktivisten einen Blockadetag durchführen, doch diesmal waren die Ordnungskräfte schneller. Sie erwarteten die Demonstrierenden an der Ringautobahn, die in Richtung Basis führt, und beschlagnahmten einen Lastwagen der Demonstranten. Beim Versuch, die Ausfahrt einer der Baufirmen zu blockieren, reagierte die Polizei mit Härte: Sollten die Demonstranten nicht weggehen, würden sie wegen Gewaltanwendung angeklagt.
Ende Februar nehmen die Proteste einen karnevalistischen Touch an. Mit der Parole „Si Block, no Dal Molin” halten sie einen Lastwagen einer Baufirma auf. Sie sind als „Hulk” verkleidet, das ist ein Comic-Superheld, sie bemalen den Lkw, u.a. sein Kennzeichen und seine Scheinwerfer, damit er nicht mehr weiterfahren kann.
Zur selben Zeit versucht eine Delegation des Komitees „No Dal Molin”, Unterstützung vom Europaparlament in Brüssel zu erhalten, eine Petition gibt es bereits. Anfang März hakt Bürgermeister Achille Variati in einem Brief an den EU-Umweltkommissär Stavros Dimas nach, wobei er besonders auf die Notwendigkeit der Umweltverträglichkeitsprüfungen eingeht.
Es bleibt zu hoffen, dass sich auf europäischer Ebene eine Handhabe gegen die Entscheidung des Obersten Gerichts der Region Veneto findet, weil dieser Umweltverträglichkeitsprüfungen rundweg ablehnt — wegen „Fragen der nationalen Sicherheit”


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