SoZ - Sozialistische Zeitung |
Die Stadt Jerusalem vertreibt die palästinensische Bevölkerung mit
einer diskriminierenden und aggressiven „Bau- und Planungspolitik”Am 5.März 2009 ordnete
sie den Abriss von zwei großen Wohnhäusern in Silwans Stadtteil Al Abbasiyya an. Den 34 Familien,
die in den zwei Gebäuden leben, wurden schlichte zehn Tage Zeit gegeben, um ihre Wohnungen restlos zu
räumen.
Die beiden Gebäude wurden von über
250 Personen bewohnt, einschließlich alten und behinderten Menschen. Die Stadt bezeichnete die
Gebäude als „rechtswidrige Bebauung”, sie behauptete, nur die unteren drei Stockwerke von
jedem Haus hätten eine Baugenehmigung (das vordere Haus war sechs Stockwerke, das hintere vier
Stockwerke hoch). Weder der Grundbesitzer noch die Stadtverwaltung informierten irgendeinen der Bewohner
über die begrenzte Baugenehmigung, als die einzelnen Wohnungen verkauft wurden. Die Bewohner erhielten
weder eine Vorwarnung, noch alternative Wohnmöglichkeiten, noch finanzielle Entschädigungen.
Die meisten Familien zogen zwischen 2000 und
2003 in die Häuser ein, in der Hoffnung, ihren Kindern ein sicheres Zuhause und eine bessere Ausbildung
zu geben.
Erst im Jahre 2004, nachdem alle Wohnungen
bereits verkauft waren, wurden die Familien über den Status der Gebäude informiert. Keine der
Familien hätte ihre gesamten Ersparnisse, Zeit und Energie in den Kauf und die Restaurierung der
Wohnung investiert, hätten sie von den Lizenzproblemen und dem darauf folgenden Abriss gewusst.
Die Zwangsräumungen der Familien in Al
Abbasaiyya sind ein weiteres Beispiel, wie ganze Gemeinden aus Ostjerusalem entwurzelt werden. Allein in den
ersten drei Monaten 2009 sollten laut Ankündigung der Stadt über 180 Häuser in Silwan, Ras
Khamis, Beit Hanina, A-Tur und in anderen Stadtteilen Ostjerusalems, abgerissen werden.
Einige Meter von Al Abbasiyya entfernt liegt
El Bustan; hier ist der Abriss von 88 Häusern geplant, was wiederum bedeutet dass über 1000
Menschen obdachlos werden. Auch hier haben die Bewohner erklärt, dass sie sich weigern, ihre Wohnungen
und ihr gewohntes Leben aufzugeben.
Der erste Akt der Besatzung von Ostjerusalem
war 1976 die Vertreibung von 650 Palästinensern aus dem Stadtteil Mighrabi in der Altstadt Jerusalems
und die Zerstörung ihrer 135 Häuser, um ein historisches Viertel durch einen offenen Platz vor der
Klagemauer zu ersetzen.
Die Politik der Vertreibung und
Zerstörung geht seitdem ununterbrochen weiter. Häuser im besetzten Ostjerusalem werden
zerstört, um Land für den Bau jüdischer Siedlungen frei zu machen. Am häufigsten lautet
die Begründung auf Verletzung der „Bau- und Planungsgesetze”, die ohne
palästinensische Mithilfe oder Beachtung lokaler Bedürfnisse erlassen und ausgeführt werden.
Die Zahl der Häuserabrisse beträgt bis zum heutigen Tag mindestens 1295 allein in Jerusalem, wobei
jährlich mehrere hundert neue Abrissbefehle ausgestellt werden. Seit 1967 wurden in Israel 24138
palästinensische Häuser zerstört.
Die Fläche, die die Stadt zur Bebauung
in Ostjerusalem bereitstellt, ist bei weitem zu klein, gerade mal 12,9% der 70000 Dunams (= 70 km2), die
ganz Ostjerusalem zählt. Der Erhalt einer Baugenehmigung, sogar für ein kleines Grundstück,
ist mit so vielen Hindernissen versehen, dass sie für die meisten Palästinenser
unüberbrückbar sind. Ein Wegzug von Ostjerusalem und der Versuch, im Westjordanland zu bauen, kann
andererseits dazu führen, dass die Jerusalemer Personalausweise konfisziert werden und der Zugang in
die Stadt vollständig verboten wird.
Daher bauen viele Palästinenser
„illegal”, ohne Baugenehmigung, und nehmen einen eventuellen Abriss ihres Hauses in Kauf. Diese
Abrisse sind nach der Genfer Konvention ausdrücklich verboten; in ihr heißt es, einer
Besatzungsmacht ist es verboten, Eigentum zu zerstören — „außer wo solche Abrisse aus
militärischen Gründen absolut notwendig sind”
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