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Es ging ein Gespenst um in der Welt, das Gespenst des Kommunismus, stellte
Karl Marx im Kommunistischen Manifest fest. „Alle Mächte des alten Europa haben sich zu einer
heiligen Hetzjagd gegen dies Gespenst verbündet."
Liest man, wie die Wirkung dieser
vereinigten Mächte war und ist, die die Hetzjagd länger als seit 1848 betreiben, als das
Kommunistische Manifest erstmals veröffentlicht wurde, wird klar, es könnte noch dauern. Jammern
hilft da nicht, eher schon die Lektüre von Jutta Ditfurths neuer Streitschrift, die viele Leserinnen
und Leser verdient. Schon auf der ersten Seite wird deutlich, dass es nicht leicht sein wird:
"Staatliche Obrigkeit und Kapital ahnen,
dass es in den Köpfen Hunderttausender, wenn nicht Millionen Menschen brodelt. Aber Politiker wie
Manager sind so weit vom normalen Leben der Menschen entfernt, dass sie vom Ausmaß der großen Wut
nichts wissen. Oft sind nur Chauffeure, Taxifahrer und Pförtner ihr stark gefilterter Kontakt zum
wirklichen Leben, den Rest der Gesellschaft, erklären ihnen die BILD-Zeitung und Gala."
Diese Groschenzeitungswelt, die den Auftrag
hat, Groschenhirne mit Groschenbewusstsein zu erzeugen, hat kein Problem, sich mit Begriffen zu
schmücken, für die die internationale Arbeiterbewegung geblutet hat und die ihr jetzt wieder
entrissen werden sollen. Die Sklaverei kehrt zurück, schön versteckt hinter den Wortungetümen
„Zeitarbeit” und „Praktikum"; die Verstaatlichung, die die abgewirtschaftete Politik
fordert, ist eine bei der das Kapital überlebt, das den eigenen betrügerischen Konkurs dort retten
lässt, woher es bisher seine Profitmaximierung bezog — beim Volk! „Der Kapitalismus
zerbricht nicht, sondern er verwandelt sich — einmal mehr. Der Staat wird eine Zeitlang einige
Sektoren beeinflussen, er ist der Garant für das Fließen der Finanzströme und wird dafür
sorgen, dass der bargeldlose Zahlungsverkehr aufrechterhalten wird. Ohne staatliche Regelung ist der
Kapitalismus nie ausgekommen, das ist ein ebensolcher Mythos wie der Glaube, der Kapitalismus könne
durch staatliche Regulierung krisenfrei werden."
Die Streitschrift schildert eine
Realität, die die Autorin ge- und erlebt hat. Es wird immer finsterer in dieser Welt: Die freie
Meinungsäußerung, demokratische Grundrechte, die Pflicht zum Widerstand — sie werden Schritt
für Schritt aus dem Leben der Menschen entfernt. Solidarische Modelle wurden und werden vernichtet und
ausgehebelt. Da diskutiert ein Betriebsrat, ob er von Fiat oder Magna übernommen wird, und verschweigt,
dass vor wenigen Monaten Magna seine Mitarbeiter in Österreich gezwungen hat, „freiwillig”
auf bis zu 20% der Einkünfte zu verzichten. „Arbeitsplatzrettungserpressung” wird so etwas
genannt, und still schauen die Vorstände der Gewerkschaften zu, bis sie nur noch Filialen der
Kapitalverbände sind. Vor dem „Gespenst”, das da mal umging, fürchten sich die, die es
betrifft, schon lange nicht mehr.
"Der Kapitalismus ist schon im
Normalzustand eine Katastrophe für Mensch und Natur. Es gibt ihn nicht ohne Profit und nicht ohne
Ausbeutung. Die beiden einzigen Quellen des Reichtums sind die Arbeitskraft des Menschen und die
Naturressourcen. Der Kapitalismus strebt danach, sich diese Quellen alles Reichtums zu unterwerfen und sie
maximal zu verwerten. Dass der Mensch dabei ruiniert, um Glück und Gesundheit und oft genug das Leben
gebracht wird, dass die Natur dabei so vergiftet und zerstört wird, dass der Mensch in ihr nicht mehr
gesund leben kann, ist dem Kapital vollkommen gleichgültig.” „Die kapitalistische
Produktion”, schreibt Karl Marx 1867 im Kapital, „entwickelt daher nur die Technik und
Kombination des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, indem sie zugleich die Springquellen alles
Reichtums untergräbt: die Erde und den Arbeiter”, stellt Jutta Ditfurth fest. Nach der
Streitschrift müssen wir zu streitbarem Handeln finden.
"Sackgasse Linkspartei” —
das ist das achte Kapitel der Schrift, und es sollte zur Pflichtlektüre des Karl-Liebknecht-Amts
werden. „Schritt für Schritt für Schritt, doch verändern, das will sie nicht”,
die Partei, kann man da nur konstatieren. Auch da, im Bürokratiedschungel, entsteht nichts Streitbares.
Das zurzeit im Entwurf vorliegende Programm zur Bundestagswahl zeigt das deutlich. Trotz wütender
Proteste eines großen Teils der Mitgliedschaft scheint man nicht bereit, entscheidende Änderungen
im Sinne einer kämpferischen Systemänderung durchzusetzen. „Von Wahl zu Wahl”,
heißt die Devise; endlich zur mobilisierenden Basisarbeit (Betriebsgruppen mit Betriebszeitungen,
Initiativen in Bereichen sozialer Brennpunkte) zu finden, das ist die Ausnahme.
Jutta Ditfurth gibt auch Antworten, wie man
zu streiten hat, und mahnt: „Allen wirklichen Fortschritt für die Mehrheit der Menschen gibt es
nur als Resultat von sozialen Kämpfen. Nie ist eine grundsätzliche soziale Reform — die
diesen Namen wirklich noch verdient hätte — im Parlament eines kapitalistischen Staates geboren
worden. Immer waren ihre Voraussetzungen außerparlamentarische Kämpfe; manchmal, wenn diese
Kämpfe stark genug waren, konnte politischer Druck entfacht werden, der auch Parlamentsparteien und
Regierungen in Zugzwang brachte, so dass diese Institutionen die — meist verwässerten Versionen
der ursprünglichen — Forderungen in Gesetze und Verordnungen gossen."
Keine Rückzugsgefechte: Lohnverzicht
einstellen, Überwachungswahnsinn bekämpfen. Es gibt viel zu tun, das Gespenst zu kräftigen,
damit es reicht, dem Kapitalismus Paroli zu bieten.
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