SoZ - Sozialistische Zeitung |
Im April/Mai wart ihr bei euren Partnern in Peru. Kurz nach eurer Rückkehr kam es
1500 km von Puerto Maldonado entfernt in der Provinz Amazonien zu einem Massaker.
Aus ähnlichen Gründen wie vor einem Jahr in Madre de Dios kam es im diesem
Frühjahr in Amazonien zu Protesten gegen die Auswirkungen des Handelsvertrags
Peru—USA. Viele verschiedene Firmen haben ihre Tätigkeit im Regenwald ausgeweitet.
Dabei werden die Rechte der eingeborenen Bevölkerung in ihren Schutzgebieten und die
Eigentumsrechte der Bauern missachtet. Alle Bemühungen der Vertreter der indigenen
Bevölkerung und der Bauern, die Provinz- und die Zentralregierung auf ihre Rechte
aufmerksam zu machen, waren ohne Erfolg geblieben. Sie sahen sich genötigt, ein
deutliches Zeichen ihres Protestes zu setzen und blockierten mit Lanzen, Pfeil und Bogen eine
wichtige Verbindungsstraße und die Ölpipeline. Vier Wochen bemühten sich die
Bewohner ihre Rechte einzufordern. Die Regierung aus Lima schickte daraufhin Spezialeinheiten,
die wahllos in die Menschenmenge schossen. Sie wunderten sich, dass die Einheimischen nicht
wie Tiere auseinander liefen, sondern mit ihren primitiven Waffen ihre Rechte und ihre Zukunft
und die ihrer Kinder zu verteidigen suchten. Es gab mindestens 50 Tote. Eine genaue Zahl der
Opfer gibt es nicht.
Welche Konsequenzen gab es?
Durch die massiven nationalen und internationalen Proteste sah sich die Zentralregierung
gezwungen, einige Gesetze erst einmal auszusetzen. Auch wir hatten zu Protesten aufgerufen und
haben neben den peruanischen Verantwortlichen auch die entsprechenden Stellen in der EU und
Deutschland angesprochen. Jetzt sollen die Stimmen der Betroffenen an einem
„multiethnischen Tisch” zur Sprache kommen. Auch scheint sich in den
Regionalregierungen bei einigen Verantwortlichen ein Umdenkungsprozess anzubahnen.
Ihr in Puerto Maldonado bei euren Partnern und konntet selbst erfahren, welche
Auswirkungen die Handelsgesetze der USA mit der peruanischen Regierung auf die
Bevölkerung haben?
Die Provinzstadt Puerto Maldonado ist seit Beginn unseres Projekts um das Sechsfache auf
120000 Einwohner angewachsen. Durch den Straßenbau der „Inter-Ozeanica” sind
die Grundstückpreise im Einzugsgebiet stark gestiegen, aber auch die
Lebensmittelpreise.Bei unserer Ankunft wurden wir von der Nachricht überrascht, dass in
unmittelbarer Nähe der Stadt Puerto Maldonado nach Öl gebohrt werden soll. Wir
erfuhren, dass zwei Tage später eine Informationsveranstaltung der chinesischen Firma
SAPET stattfinden sollte, die für 30 Jahre die Konzession für Erdölbohrungen
erworben hat. Erkundungssprengungen hatten bereits stattgefunden. Und das ausgerechnet in
Puerto Maldonado und Umgebung, das in der Tourismusbranche für seine Artenvielfalt
gerühmt und beworben wird!
In dem Gebiet wurden etwa zehn
Stellen ausgemacht, die ausreichend Ertrag versprechen. Inzwischen haben wir erfahren, dass
jetzt nahe der Stadt eine erste Tiefbohrung stattfinden wird. Es ist wohl nichts mehr
rückgängig zu machen.
War die Info-Veranstaltung gut besucht?
Die Veranstaltung war nicht offiziell bekannt gegeben worden. Wir haben es zufällig
erfahren und sie mit unseren Freunden und Partnern der AAE besucht. Anwesende erhielten T-
Shirts, andere kleine Geschenke und ein Essen und erlebten ein inszeniertes Theater:
„Arbeitsplätze entstehen”, „alle Gefahren im Griff” Massive
Einwände vor allem seitens der Eingeborenen wurden klein geredet. Die Gesetzesvorgabe,
die Bevölkerung zu informieren, ist damit erfüllt. Nach peruanischem Recht
gehört, was ein Meter unter dem Erdboden ist, dem Staat. Die Bauern haben keine
Einspruchsmöglichkeit.
Durch die Tiefbohrungen nach
Öl und oft undichte Leitungen kommt es erfahrungsgemäß zu einer Verseuchung des
Wassers und Bodens. Auch der chinesischen Erdölfirma SAPET sind diese Folgen bekannt.
Aber das hindert sie nicht daran, Natur und Umwelt zu verseuchen.
Auch die Schutzgebiete der
Indigenen werden missachtet. Bei der „Informations-Veranstaltung” rechtfertigte
sich der Vertreter der Firma SAPET mit einem unklaren Grenzverlauf der indigenen Gebiete. Und
das heute, wo mit Satellitenortung jeder Zentimeter auf der Erde zu erkunden ist!?
Wie stellt sich die Situation jetzt für die Bevölkerung dar?
Neben der Gefährdung für Mensch und Umwelt durch die Ölbohrungen birgt auch
die Monokultur mit Ölpalmen Gefahren für die nahe und fernere Zukunft. Viele Bauern,
auch Ökobauern, wurden mit dem Versprechen hoher Erlöse gelockt, Ölpalmen
anzubauen. Es gibt aber keine Garantien für die Preise. Wenn sie verfallen, werden die
Bauern die Konsequenzen tragen müssen. Der Boden kann dann nicht mehr anderweitig genutzt
werden. Das Wurzelwerk lässt sich mit menschlicher Kraft nicht beseitigen, und der Boden
ist ausgelaugt. Darüber hinaus wird mit einem Anstieg der Lebensmittelpreise zu rechnen
sein, weil viel Anbaufläche für Grundnahrungsmittel durch den forcierten Anbau der
Ölpalmen verloren geht.
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