SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Oktober 2009, Seite 21

Buchtipp

Schurkenstaat Schweiz?

Viktor Parma/Werner Vontobel, Schurkenstaat Schweiz?, München: Bertelsmann, 2009, 19,95 Euro

Fast zwanzig Jahre nach Jean Zieglers Buch Die Schweiz wäscht weißer über die Verbindungen der Schweizer Bankenwelt zur Unterwelt haben zwei Journalisten nachgelegt. Mit dem Untertitel „Steuerflucht: Wie sich der größte Bankenstaat der Welt korrumpiert und andere Länder destabilisiert” greifen sie die Debatte um Finanzkrach, Bankengeheimnis und Schwarzgeldkonten samt Steuerflucht auf.Anhand des Vorgehens der Schweizer Großbank UBS und der Regierungen vieler Kantone zeigen die Autoren, wie das Bankgeheimnis der Schweiz zulasten der Steuerfluchtländer funktioniert. Die Abwerbung von Millionären an Wohnsitze in der Schweiz mit niedrigen Steuern funktioniert. Die Nummernkonten werfen reichlich Zinsen ab. Die reichen Gemeinden können sich Steuernachlässe leisten. Die Schweizer Banken haben sich im internationalen Finanzhandel den Ruf eines sicheren Geldflucht- und Geldwäschestandortes erarbeitet und das Bankgeheimnis so lange verteidigt, bis die Krise sie jetzt zu einigen moderaten Änderungen gezwungen hat — wollte die Schweiz nicht auf eine Liste mit „nichtkooperativen” Ländern geraten.
Aber die Autoren Viktor Parma und Werner Vontobel zeigen nicht nur, wieviel Reichtum sich an einigen Orten der Schweiz und in ihren Bankbilanzen angehäuft hat, sie verfolgen auch, woher das Geld eigentlich kommt. Für den deutschen Leser ist es sehr aufschlussreich, wie in diesem Buch die gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland, die Herausbildung eines Niedriglohnsektors, die Umverteilung zugunsten der Reichen, die Steuerpolitik und die Verschlechterung des Sozialstaats einhergehen mit der Ansammlung von teilweise illegalen Geldern in der Schweiz. „Steuerflucht und die Krise der öffentlichen Güter” und „Der globale Lohndruck- oder: Wie Megavermögen entstehen” sind zwei der lesbar geschrieben und gegen den Strich recherchierten Kapitel.
Wie sich die Schweiz dem schon länger bestehenden politischen Druck anderer Länder, etwa den USA, so lange widersetzen konnte, ist ein Lehrbeispiel der neueren Wirtschaftsgeschichte. Das Buch wurde zu Beginn der derzeitigen Krise abgeschlossen und kann daher nicht auf die neueste Entwicklung eingehen, wonach sich die Schweiz zu einer Aufweichung ihres Steuergeheimnisses bereit erklärt hat. Dennoch lohnt sich die Lektüre.

Rolf Euler


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