SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Oktober 2009, Seite 22

Buchtipp

Paris — Boulevard St. Martin No. 11

Peter Gingold: Paris — Boulevard St. Martin No. 11, Köln: Papyrossa, 2009

UUnter dem Titel „Paris — Boulevard St. Martin No. 11” kommen die Erinnerungen des jüdischen Antifaschisten und Widerstandskämpfers Peter Gingold in die Buchläden. Er starb im Jahre 2006 mit 90 Jahren und hinterließ ein angefangenes Manuskript, das nun zusammengefasst und herausgegeben wurde.
Abenteuerliche Schilderungen seiner Flucht aus Aschaffenburg nach Frankreich, seiner politischen Erziehung, seiner Tätigkeit in der Résistance, seiner Flucht aus den Händen der Gestapo, seiner weiteren Tätigkeit nach dem Kriege in der Bundesrepublik in der KPD und der VVN. Immer verfolgt, richtig „angekommen” dann, wenn er mit jungen Leuten über seinen antifaschistischen Kampf diskutierte, Lehren aus dieser Vergangenheit zog und bis kurz vor seinem Tod auf Kundgebungen, Veranstaltungen und vielen Gelegenheiten aus seinem Leben erzählend. Zur gegenwärtigen Politik Stellung nehmend zog er die Schlussfolgerungen dieser Generation: „Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg! Wehret den Anfängen!"
Nach der Flucht nach Frankreich lernt er seine Frau bei der kommunistischen Jugend kennen, heiratet und bekommt mit ihr zu Beginn der deutschen Besetzung von Paris eine Tochter. Deren Leben kann gerettet werden, obwohl beide Eltern verfolgt werden, Peter dann von der Gestapo gefasst wird. Der Titel beschreibt das Haus, durch dessen Hintertür Peter die Flucht gelang. Diese Flucht ist ein Beispiel von Tatkraft und Zufall, wie es nur ganz wenigen Widerständlern gegönnt war. Danach ist er weiter in der Résistance tätig. Als die Antifaschisten den Sieg über Hitler feiern, kehrt Peter nach Deutschland zurück und bleibt in Hessen — die Geschwister sind im KZ umgekommen. Seine politische Tätigkeit, seine Einstellungen schildert er als verständliche, diskussionswerte Haltungen in der Repressionszeit des KPD-Verbots, in seinem Verhältnis zur DDR und später zur Wende. Ihm ist wichtig zu vermitteln: Was kann jeder tun, um eine Wiederholung solcher Untaten wie zur Nazizeit unmöglich zu machen?
Es ist ein Erinnerungsbuch aus einer Zeit, deren Zeitzeugen alt oder schon gestorben sind, weshalb die Stimmen der alten Antifaschisten historische Zeugnisse sind. Das aufzubewahren, gelingt dem Buch in sehr empfehlenswerter Weise.

Rolf Euler


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