SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Oktober 2009, Seite 22

Krimitipp

Seine Frau

Hanne-Viebeke Holst, Zürich: Diana, 2009, 622 S., 9,95 Euro

"Ich kann keinen Stock in Scheiße stecken, ohne beides kaputt zu machen.” 25 Jahre Ehe haben das Selbstbewusstsein von Linda Jacobsen wortwörtlich in Stücke geschlagen. Die Wutausbrüche ihres Mannes Gert, seine brutalen sexuellen Übergriffe und die verbalen Erniedrigungen haben die ehemalige Miss Dänemark in den Status einer Sklavin gepresst, die sich immer mehr in die Betäubungen durch Alkohol flüchten muss. Isoliert von ihrer Umwelt, ohne Hilfe von außerhalb, scheint der einzige Ausweg in der Besänftigung ihres Mannes durch Sauberkeit im Haushalt und brüchiger Zurechtgemachtheit bei den seltenen Feierlichkeiten, zu denen sie noch zugelassen wird, zu liegen. Doch immer weniger gelingt es ihr, ihrem Peiniger zu entkommen.Gert Jacobsen ist nicht irgendwer in der dänischen Gesellschaft, er war letzter sozialdemokratischer Finanzminister, bis zum 20.November 2001, und nach dem verheerenden Wahldebakel macht er sich daran, die Führung der Partei zu erobern. Dafür muss er sich neue Verbündete beschaffen, denn trotz seiner finanzpolitischen Fähigkeiten gilt er als zu kalt und basisfern, um die Sympathien des nach rechts abgewanderten Wahlvolks zurückzugewinnen. Eine vorübergehende, die Gewalt mindernde Ignoranz gegenüber seiner Frau stellt sich in dem Moment ein, wo er die junge Studentin Yasemin kennenlernt, von der er verzaubert wird und die er in sein innerparteiliches Intrigenspiel einspannt.
Hanne-Vibeke Holst hat mit Seine Frau einen überaus spannenden Kriminal- und Gesellschaftsroman geschrieben, der an die Nerven geht. Die Schilderung des Leidens einer Frau, abgestiegen aus der Arbeiterklasse in die Kreise der versorgten Politzirkel, die schon längst angefangen hat, sich aufzugeben, die Schilderung der wachsende Fremdheit der Familie von Yasemin gegenüber einer zunehmend ausländerfeindlichen Gesellschaft, die Schilderung der explodierenden Brutalität, wenn die Familienehre verletzt zu sein scheint, verstören zu tiefst. Wie milde dagegen ist die Rache.

Udo Bonn


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