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Laut offizieller Statistik leben in Köln
etwa 10.000 Afrikanerinnen und Afrikaner. Wenn man die mittlerweile
Eingebürgerten, die der zweiten und dritten Generation und die
Illegalisierten mitzählt, kommt man vermutlich auf doppelt so viele
Kölnerinnen und Kölner, die afrikanische Wurzeln haben.
Die Gruppe
FilmInitiativ hat seit Jahren zwei Schwerpunkte: In ihrer alle zwei Jahre
stattfindenden Filmreihe Jenseits von Europa bringt sie neue afrikanische
Filme in die Kölner Kinos. Der andere Schwerpunkt ist Köln im
Film, wo filmische Zeugnisse aus und über Köln gesammelt, in
unregelmäßig stattfindenden Reihen vorgestellt werden und so die
Kölner Stadtgeschichte mit filmischen Mitteln kritisch reflektiert
wird.
Es war
schon lange überfällig, die beiden Schwerpunkte in einer
Filmreihe zusammen zu führen. Vom 24. bis zum 27.September 2009 fand
im Filmforum im Museum Ludwig zu diesem Zweck die Filmreihe Africa goes
Cologne — Cologne goes Africa statt. Vorgestellt wurden
Dokumentarfilme über Afrikaner in Köln und Spielfilme
afrikanischer Regisseure, die jeweils zum Teil in Köln spielen.
Den Auftakt
machten zwei Entdeckungen im WDR-Archiv aus den 60er Jahren. Zuerst wurde
ein 14 Minuten kurzes Porträt des afroamerikanischen Jazz-Musikers
Jimmy Woode Junior aus dem Jahr 1967 gezeigt. Woode lebte und arbeitete in
den 60er Jahren in Köln. Der Film folgt ihm auf seinem Weg durch die
Stadt, dabei werden die Eigenheiten Kölns aus dem Off zum Teil
ironisch kommentiert.
In dem 17
Minuten kurzen Beitrag Der schwarze Doktor aus dem Jahr 1965 geht es um
Bart Williams aus Sierra Leone, der zum Studium an die Kölner
Universität gekommen ist. Der Film dokumentiert den Paternalismus der
damaligen Mitarbeiter des Kölner Studienkollegs gegenüber den
afrikanischen Studierenden, verwendet ganz selbstverständlich heute
als rassistisch geltende Wörter wie „Neger” und verbreitet
gleichzeitig ansatzweise fortschrittliche Gedanken. So macht er Werbung
für die Zusammenarbeit mit Afrika, weil wir doch alle in einer Welt
leben. Der für heutige Zuschauer befremdlich wirkende Beitrag ist als
interessantes Zeitdokument zu verstehen, das ein interessantes Schlaglicht
auf die BRD-Gesellschaft Mitte der 60er Jahre wirft.
Mit Clando
wurde ein Film präsentiert, der fast schon ein Klassiker kölsch-
afrikanischer Filmkooperation ist. Der kamerunische Regisseur Jean-Marie
Teno realisierte den Film 1996 über weite Strecken in Köln, wobei
einige Kölner Laiendarsteller mitwirkten. Erzählt wird die
Geschichte von Sobgui Anatol, der vor Folter und politischer Verfolgung
nach Deutschland flieht, wo er in Köln lebt. Er findet hier die Liebe
zu Irene, macht aber auch Erfahrungen mit Rassismus und schlechten
Lebensbedingungen.
In weiteren
Fernsehbeiträgen aus dem WDR-Archiv werden Rassismus im Kölner
Karneval und die durch Proteste von Initiativen wie dem Kölner
Südafrika-Komitee Ende der 1980er Jahre erzwungene Umbenennung von
Straßen thematisiert, die nach deutschen Kolonialisten wie Carl Peters
und Adolf Lüderitz benannt waren. Der Film Recolonize Cologne von
Kanak Attack thematisiert satirisch die fehlende Auseinandersetzung mit der
deutschen Kolonialgeschichte, indem ein fiktiver „Kaiser von
Kamerun” einen Teil der Kölner Schildergasse —
Deutschlands am zweithäufigsten besuchte Einkaufsstraße —
symbolisch als Entschädigung für den deutschen Kolonialismus in
Besitz nimmt. Der Film wurde im realen Einkaufsgetriebe aufgenommen, die
Reaktionen der Passanten sind teilweise unfreiwillig komisch. Der Titel des
Films spielt darauf an, dass Köln in der Antike als Colonia Claudia
Ara Agrippinensium römische Kolonie war.1
Der
Dokumentarfilm Yes I am thematisiert am Beispiel der Musiker Adé, D-
Flame und Mamadee die Situation von Afro-Deutschen. Adé und Mamadee
leben in Köln. Sie alle haben einen afrikanischen Vater und eine
deutsche Mutter. Obwohl sie in Deutschland geboren und sozialisiert wurden,
gelten sie für ihre deutsche Umwelt oft als
„Ausländer”, werden ausgegrenzt und sind auch mit
Rassismus konfrontiert. Nach dem Mord an dem Mosambikaner Alberto Adriano
in Dessau begegneten sich die drei zum ersten Mal und arbeiteten in dem
antirassistischen Musikprojekt Brothers Keepers mit. Der Film beleuchtet
die drei Lebenswege sehr genau, dabei kommen auch die Mütter zu Wort.
Zu bestimmten tragischen Ereignissen macht die Mutter von Adé vor der
Kamera so weitgehende und ihr offenbar sehr schwer fallende Aussagen
über die Umstände des Todes ihres Mannes, der in Nigeria ermordet
wurde, dass man sich fragt, ob die Filmemacher hier nicht zu weit gegangen
sind und die Kamera nicht besser abgeschaltet hätten. Ansonsten bietet
der Film interessante Einblicke in die Lebenswelten junger Afro-Deutscher,
die vielleicht auch Anlass geben, das eigene Verhalten kritisch zu
hinterfragen.
Unbestrittener Höhepunkt der Filmreihe war der Film Teza des
äthiopischen Regisseurs Haile Gerima. Anhand der Biografie des Arztes
Anberber werden drei Jahrzehnte äthiopischer Geschichte vom Sturz
Kaiser Haile Selassies 1973 über die Diktatur von Mengistu Haile
Mariam bis zur Machtübernahme der ex-maoistischen EPRDF in den 90er
Jahren dargestellt. Dabei wird sowohl die Rückständigkeit
Äthiopiens unter dem Feudalherrscher Haile Selassie als auch die
Repression unter dem nominell sozialistischen Regime Mengistu Haile Mariams
eindrucksvoll inszeniert. Im Rahmen der Filmhandlung absolviert Anberber
sein Medizinstudium in Köln, wo auch die in Deutschland spielenden
Szenen gedreht wurden. Der größere Teil des Films wurde in
Äthiopien gedreht. Durch die dichte Inszenierung, die hervorragenden
Schauspieler und die wundervollen Bilder des italienischen Kameramanns
Mario Masini wird der Film zu einem echten cineastischen Erlebnis. Im
Januar 2010 soll Teza regulär in den deutschen Kinos anlaufen.
Den netten
Abschluss der Filmreihe bildeten Aufnahmen vom gemeinsamen Konzert der
Kölner Band überhaupt, der Bläck Fööss, mit der
südafrikanischen Musikgruppe Ladysmith Black Mambazo aus dem Jahr
1991.
Insgesamt
eine gelungene Filmreihe, die interessante Einblicke in afrikanisches und
afro-deutsches Leben in Deutschland ermöglichte, bei der die
überwiegend „bio-deutschen"2 Zuschauer hoffentlich auch
etwas dazu gelernt haben.
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