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"Mein Herr, ich teile Ihre Meinung nicht,
aber ich würde mein Leben dafür einsetzen, dass Sie sie
äußern dürfen.” „Man kann die Menschen zur
Vernunft bringen, indem man sie dazu verleitet, dass sie selbst
denken.” (Voltaire)
Am Freitag,
dem 9.Oktober, fand erstmals in 46-jährigen Geschichte des Club
Voltaire eine Protestdemonstration vor dem Club Voltaire in der Frankfurter
Kleinen Hochstr.5 statt.
Die Demo
richtete sich gegen eine Veranstaltung der Organisation Arbeiterfotografie
im Hause, die, in Zusammenarbeit mit dem Club Voltaire, als Musik- und
Gesprächsrunde unter Mitwirkung der bundesweit bekannten Polit-HipHop-
Band Bandbreite und des wissenschaftlichen Autors Elias Davidsson angelegt
war. Titel der Veranstaltung war: „Medien zwischen Realität und
Scheinwelt”
Das Ziel
der Veranstaltung war einerseits, die Rolle der Medien im Gehalt und in der
Form ihrer Informationsvermittlung kritisch zu untersuchen (auch bezogen
auf den 11.September 2001), andererseits die Wirkungsmöglichkeiten
kultureller Arbeit gegen den Rechtstrend und das Anwachsen von
Neofaschismus und Rassismus zu werten (am Beispiel der Gruppe Bandbreite).
Die
Frankfurter Gruppen „Faites votre jeu!”, „Exzess”
und „Institut für vergleichende Irrelevanz” hatten dazu
aufgerufen, die Veranstaltung zu verhindern. An dem Aufruf beteiligt war
auch der bisherige und mittlerweile zurückgetretene Vorsitzende des
Club Voltaire, Andreas Waibel. Er hatte sich zuvor gegen den gesamten
übrigen Vorstand heftig darum bemüht, die Veranstaltung
abzusetzen.
Der
Versuch, die Veranstaltung zu verhindern, wurde damit begründet, die
Mitwirkenden an der Veranstaltung würden indirekt, aber erkennbar,
antisemitische, faschistische und antiamerikanische
Verschwörungsideologien verbreiten. Ähnliches sei auch in den
Texten der „Bandbreite” enthalten. Dies sei vielen
Veröffentlichungen, vor allem auch den Web- und Blogseiten der
Arbeiterfotografie zu entnehmen.
Der Club-
Vorstand und die CV-Programm-Gruppe versuchten daraufhin in mühevoller
Forschungsarbeit, diesen „Nachweis” aufzuspüren. Das blieb
ohne Ergebnis. Aber die von den Veranstaltungsgegnern zahlreich und schier
pausenlos verbreiteten Behauptungen und freizügigen Interpretationen
verdichteten sich zu einem recht wirksamen Konglomerat, womit vor allem
junge Leute animiert wurden, gegen die inkriminierte Veranstaltung im Club
Voltaire am vergangenen Freitag zu demonstrieren.
Die
Trägerschaft des Club Voltaire hält es mindestens für
merkwürdig, dass gegen die Veranstaltung mit der Arbeiterfotografie,
die bereits im März beschlossen und in der Programmvorschau (auch in
ihrer Zusammensetzung) angekündigt worden war, in den nachfolgenden
Monaten (!) keine Kritik, kein Protest vorgebracht wurde. Erst Anfang
September brach plötzlich eine Protestwelle los, in der fast
gleichlautend immer wieder dieselben Vorwürfe, Unterstellungen und
willkürlich konstruierten Ableitungen enthalten waren. An den Club
Voltaire wurde nachhaltig appelliert, in seinen Räumen dem
Antisemitismus, Faschismus und antiamerikanischen
Verschwörungstheoretikern keine Auftrittsmöglichkeiten zu geben.
Vorstand
und Programmgruppe des Club Voltaire haben mehrfach angeboten, die fatale
Konfliktsituation durch aufklärende Gespräche zu klären. Es
kam allerdings nur zu einem einzigen Gespräch bei einem Besuch von
Abgesandten aus dem „Klapperfeld-Quartier”, bei dem aber im
Wesentlichen — unter Mitwirkung von Andreas Waibel — lediglich
ein weiteres Mal die Behauptungen über die „Rechtsdrift”
der an der Veranstaltung Mitwirkenden wiederholt wurden. Indirekt wurde den
Club-Voltaire-Trägern dabei bescheinigt, sie seien offenbar nicht in
der Lage, den gefährlichen Gehalt der beabsichtigten Veranstaltung zu
erkennen.
Wir vom
Club Voltaire boten dennoch an, einen sachlichen Informations- und
themenbezogenen Meinungsaustausch fortzusetzen. (Übrigens war in der
Bekanntmachung der Veranstaltung im Programmblatt des Club Voltaire
ausdrücklich von einem „Musik- und Gesprächsabend”
die Rede.) Von den Gegnern der Veranstaltung wurde jedoch öffentlich
weiter für die Protestkundgebung geworben. Andreas Waibel schrieb in
einem Rundschreiben: „Wenn es nicht möglich sein sollte, die
Veranstaltung zu verhindern, dann kommt am 9.10. in den Club Voltaire und
tut was nötig ist."
Die
Veranstaltung fand schließlich trotz der Proteste statt, aber sie
konnte ihr Ziel nur sehr eingeschränkt erreichen. Es gelang den
Demonstranten zwar nicht, in den Club Voltaire einzudringen und „das
Nötige zu tun”, aber der Zugang zum Club war zeitweise
blockiert. Clubbesucher und Mitwirkende an der Veranstaltung, die
versuchten, Gespräche mit den „Protestanten” vor der
Tür aufzunehmen, scheiterten an deren verbaler und teilweise auch
körperlicher Aggressivität.
Die
Gelegenheit, im Club mit den Anwesenden über die Vorwürfe zu
sprechen, nutzten drei „Abgesandte”, indem sie, aufgebaut
hinter einem ausgerollten Protesttransparent ("Kein Antisemitismus,
kein Neofaschismus, keine Verschwörungstheorien im Club
Voltaire"), mittels Megafon forderten, im Club Voltaire eine Kundgebung
gegen die Veranstaltung durchzuführen. Dies wurde von den etwa 60
Clubbesuchern, die zur Veranstaltung gekommen waren, keineswegs als
Diskussionsbereitschaft empfunden.
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